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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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nein.«
    »Wäre ich ein Mitglied des Politbüros…«:, begann Turkin aufgebracht.
    »Aber das sind Sie nicht. Sie sind ein junger Stabsoffizier von zweiunddreißig Jahren, der seiner Heimat mitten in Kenia dient. Ihr Sohn tut mir leid, aber ich kann nichts für ihn tun.«
    Als Nikolai Turkin die Treppe hinunterstapfte, überlegte er sich voller Wut, daß Generalsekretär Juri Andropow durch Medikamente am Leben erhalten wurde, die täglich aus London eingeflogen wurden. Dann ging er los, um sich zu besaufen.
    In die britische Botschaft hineinzukommen, war gar nicht so leicht. Von der anderen Straßenseite aus konnte Saizew das große ockergelbe Gebäude und sogar das Dach der Säulenvorhalle sehen, die sich schützend über den riesigen, prächtig geschnitzten Holzportalen erhob. Aber es war unmöglich, einfach dort drüben hineinzugehen.
    Entlang der Vorderfront des Gebäudes, dessen Jalousien um diese Zeit noch geschlossen waren, verlief eine Stahlblechwand mit zwei breiten Toren – je eines für ein- und ausfahrende Autos. Diese elektrisch betätigten Wellblechtore waren fest geschlossen.
    Rechts neben den Toren befand sich der Fußgängereingang, der jedoch mit zwei Gittertüren gesichert war. Auf dem Bürgersteig waren zwei russische Milizionäre postiert, die jeden Botschaftsbesucher kontrollierten. Der Hase hatte nicht die Absicht, sich von
denen
kontrollieren zu lassen. Hinter dem ersten Sperrgitter folgte nach einem Korridor eine zweite Gittertür. Zwischen ihnen stand das mit zwei von den Briten besoldeten russischen Wachmännern besetzte Wachlokal des Sicherheitsdienstes der Botschaft. Sie ließen sich den Grund jedes Besuchs sagen und fragten dann in der Botschaft nach. Zu viele Russen, die ein Visum wollten, hatten versucht, sich durch diesen Eingang ins Gebäude zu mogeln.
    Saizew schlurfte ziellos zur Rückseite des Botschaftsgebäudes, wo in einer schmalen Straße der Eingang zur Visaabteilung lag. Obwohl die Tür sich erst in drei Stunden öffnen würde, war die Warteschlange schon um sieben Uhr gut hundert Meter lang. Viele hatten offenbar die ganze Nacht hier verbracht. Sich der Schlange erst jetzt anzuschließen, hätte fast zwei Tage Wartezeit bedeutet. Er kehrte gemächlich zur Vorderfront des Gebäudes zurück. Diesmal starrten die Milizionäre ihn lange prüfend an. Saizew bekam es mit der Angst zu tun und schlurfte den Kai entlang davon, um in sicherer Entfernung abzuwarten, bis die Botschaft öffnete und die Diplomaten eintrafen.
    Kurz vor zehn Uhr tauchten die ersten Engländer auf. Sie kamen mit Autos. Jedes Fahrzeug mußte vor der Einfahrt halten und wurde offenbar kontrolliert, bevor das Tor sich rumpelnd öffnete, um sich hinter dem Wagen wieder zu schließen. Saizew, der alles aus einiger Entfernung beobachtete, dachte daran, einen Autofahrer anzusprechen, aber alle hatten ihre Fenster geschlossen, und die Milizionäre waren nur wenige Meter entfernt. Die Leute in den Autos würden glauben, er sei irgendein Bittsteller, und ihre Fenster erst recht geschlossen halten. Dann würde er verhaftet werden. Die Miliz würde herausbekommen, was er angestellt hatte, und Akopow benachrichtigen.
    Leonid Saizew war es nicht gewöhnt, komplexe Probleme zu lösen. Er war verwirrt, aber auch auf seine Idee fixiert. Er wollte das entwendete Schriftstück unbedingt den Leuten mit der komischen Flagge geben. Also blieb er diesen ganzen heißen Vormittag lang auf seinem Posten und beobachtete und wartete.
Nairobi 1983
    Wie alle sowjetischen Diplomaten verfügte Nikolai Turkin nur über wenig Devisen, zu denen auch die kenianische Währung gehörte. Der Ibis Grill, Alan Bobbe's Bistro und das Carnivore waren für seine beschränkten Mittel doch etwas zu teuer. Er ging ins Thorn Tree Cafe im New Stanley Hotel in der Kimathi Street, setzte sich im Garten an einen Tisch in der Nähe der großen, alten Akazie, bestellte einen Wodka und ein Bier zum Nachtrinken und saß in tiefer Verzweiflung da.
    Eine halbe Stunde später stand ein Mann in seinem Alter, der an der Bar ein kleines Bier getrunken hatte, von seinem Hocker auf und ging zu ihm hinüber. Turkin hörte eine Stimme auf englisch sagen: »Hey, nicht unterkriegen lassen, alter Junge, vielleicht wird alles doch nicht so schlimm.«
    Der Russe sah auf. Er kannte den Amerikaner vage. Irgend jemand aus ihrer Botschaft. Turkin arbeitete in der für Spionageabwehr zuständigen Verwaltung K der Ersten Hauptverwaltung. Er hatte nicht nur den Auftrag, alle

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