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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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ihm war, als hätte man ihm eine Ohrfeige verpaßt. Das Gehörte mochte für den dummen Priester keinen Sinn ergeben, aber er wußte, was es zu bedeuten hatte.
    Mit einem Zaren an der Spitze einer konstitutionellen Monarchie würde es keinen Präsidenten geben. Regierungschef und Vorsitzender der Regierungspartei würde ein Premierminister sein, der sich allerdings immer noch der Duma, dem Parlament, zu verantworten haben würde. Dieses Szenario war himmelweit von der Einparteiendiktatur eines Igor Komarow entfernt.
    »Wie sah er aus?« fragte er leise.
    »Mittelgroß, hager, silberfarbenes Haar, Anfang bis Mitte Siebzig.«
    »Keine Ahnung, wo er herkam?«
    »Ach, der war nicht so wie der junge Amerikaner. Er kam mit dem Wagen, und der Fahrer hat auf ihn gewartet. Ich habe sie an die Tür gebracht. Der Wagen stand noch da. Kein Taxi, eine Limousine. Ich habe mir die Nummer aufgeschrieben.«
    Er gab dem Oberst einen Zettel.
    »Gut gemacht, Pater Maxim. Das wird man Ihnen nicht vergessen.«
    Anatoli Grischins Detektive brauchten nicht lange. Ein Anruf beim Melderegister, und eine Stunde später wußte er Bescheid – die Limousine gehörte zum Hotel National.
    Kusnezow spielte den Laufburschen. Sein amerikanisches Englisch war fast perfekt und konnte jeden russischen Angestellten davon überzeugen, daß er tatsächlich Amerikaner war. Gleich nach der Mittagszeit ging er ins National und wandte sich an den Portier.
    »Hi, sorry, sprechen Sie Englisch?«
    »Yes, Sir, natürlich.«
    »Prima. Hören Sie, ich war gestern abend hier in der Nähe in einem Restaurant, und am Nachbartisch saß ein englischer Gentleman. Wir kamen ins Gespräch, aber als er ging, hat er dies hier auf seinem Tisch liegenlassen.«
    Er hielt ein Feuerzeug in die Höhe. Es war aus Gold, teuer, ein Feuerzeug von Cartier. Der Portier blickte verwirrt drein.
    »Ja, und?«
    »Ich bin ihm hinterhergelaufen, aber es war schon zu spät. Er fuhr gerade ab. ein langer schwarzer Mercedes. Der Kellner meinte, der Wagen würde zu Ihrem Hotel gehören. Ich konnte mir die Nummer notieren.«
    »Aha, stimmt, einer von unseren Wagen. Entschuldigen Sie bitte einen Augenblick.«
    Der Portier überprüfte die Eintragungen vom Abend zuvor.
    »Das müßte Herr Trubshaw gewesen sein. Soll ich ihm das Feuerzeug aushändigen?«
    »Kein Problem. Ich geb's einfach an der Rezeption ab, die können es dann in sein Fach legen.«
    Mit einem freundlichen Winken schlenderte Kusnezow zur Rezeption hinüber. Er steckte das Feuerzeug wieder ein.
    »Hi! Könnten Sie mir bitte die Zimmernummer von Herrn Trubshaw sagen?«
    Das russische Mädchen hatte dunkles Haar, sie war hübsch und Amerikanern auf den ersten Blick verfallen. Sie strahlte ihn an.
    »Einen Augenblick bitte.«
    Sie tippte den Namen in ihren Computer und schüttelte den Kopf.
    »Tut mir leid. Herr Trubshaw und sein Begleiter sind heute morgen abgereist.«
    »Ach, verdammt. Ich dachte, ich wirde ihn noch erwischen. Wissen Sie, ob er Moskau bereits verlassen hat?«
    Sie tippte noch einige Zahlen in den Computer.
    »Ja, wir haben seinen Flug heute morgen bestätigt. Er flog mit der Mittagsmaschine nach London.«
    Kusnezow hatte keine Ahnung, warum Oberst Grischin den geheimnisvollen Herrn Trubshaw aufspüren wollte, aber er berichtete, was er herausgefunden hatte. Kaum war er fort, nutzte Grischin seine Kontakte zur Visaabteilung bei der Einwanderungsbehörde des Innenministeriums. Die Unterlagen wurden ihm zugefaxt, und ein Bote brachte ihm das Foto, das für den Visumantrag bei der russischen Botschaft in Kensington Palace Gardens in London abgegeben worden war.
    »Vergrößern Sie das Foto«, befahl er seinen Mitarbeitern. Das Gesicht des ältlichen Engländers sagte ihm nichts.
    Aber er meinte, einen Mann zu kennen, dem das Gesicht vielleicht mehr sagen würde. Fünf Kilometer die Twerskaja hinunter, an einer Stelle, an der die Straße inzwischen bereits zweimal ihren Namen geändert hatte, steht der große Triumphbogen, und genau dort biegt die Marosejkastraße ab.
    Zwei große Wohnblocks sind in dieser Straße ausschließlich ehemaligen Mitarbeitern des früheren KGB vorbehalten, Pensionären des Staates, die hier ihren Lebensabend in bescheidenem Wohlstand verbringen.
    Zu ihnen gehörte im Winter des Jahres 1999 auch General Juri Drosdow, einer der besten alten Spionagechefs Rußlands. In den Blütezeiten des kalten Kriegs war er für sämtliche KGB-Operationen an der Ostküste der Vereinigten Staaten verantwortlich

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