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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Mann war Ausländer, auch wenn sein Russisch sehr gut war.
    »Wer spricht da bitte?«
    »Eure Heiligkeit, wir kennen uns noch nicht. Ich bin lediglich der Dolmetscher des Herrn, den ich hierher begleitet habe. Vor einigen Tagen waren Sie so freundlich und empfingen einen Pater aus London.«
    »Ich erinnere mich.«
    »Er kündigte Ihnen für die nächsten Tage einen hochrangigen Besucher an. Nun, er steht jetzt neben mir und läßt fragen, ob Sie bereit sind, ihn zu empfangen.«
    »Heute nacht noch?«
    »Eile ist dringend geboten, Eure Heiligkeit.«
    »Warum?«
    »Es gibt in Moskau Kräfte, die diesen Herrn bald erkennen werden. Man könnte ihn unter Bewachung stellen. Darum ist äußerste Diskretion erforderlich.«
    »Nun gut. Wo sind Sie jetzt?«
    »Nur wenige Autominuten von Ihnen entfernt. Wir könnten jederzeit losfahren.«
    »In einer halben Stunde dann.«
    Diesmal war der Kosake vorgewarnt. Er ließ die Besucher sofort und ohne Fragen zu stellen herein. Ein nervöser, doch überaus neugieriger Pater Maxim nahm die Fremden in Empfang und führte sie ins private Büro des Patriarchen. Das National hatte Sir Nigel die hoteleigene Limousine zur Verfügung gestellt, und er hatte den Chauffeur gebeten, vor dem Haus auf ihn zu warten.
    Wieder trug Patriarch Alexei eine blaßgraue Soutane mit einem schlichten Kreuz um den Hals. Er hieß seine Besucher willkommen und forderte sie auf, sich zu setzen.
    »Erlauben Sie mir bitte, daß ich mich als erstes bei Ihnen entschuldige«, fing Sir Nigel an. »Mein Russisch ist so dürftig, daß wir nur über einen Dolmetscher miteinander sprechen können.«
    Vincent übersetzte, ohne zu stocken.
    Der Patriarch nickte lächelnd. »Und leider spreche ich kein Englisch«, erwiderte er. »Ah, Pater Maxim, bitte stellen Sie den Kaffee auf den Tisch. Wir bedienen uns selbst. Sie dürfen gehen.«
    Sir Nigel stellte sich vor, wobei er allerdings vermied, darauf hinzuweisen, daß er früher ein hoher Geheimdienstoffizier gewesen war und Rußland bekämpft hatte. Er erwähnte nur, daß er ein Veteran im Auswärtigen Amt sei (fast richtig), jetzt eigentlich in Pension lebe, aber für diese Verhandlungen noch einmal reaktiviert worden sei.
    Den Council of Lincoln streifte er mit keinem Wort. Um so ausführlicher erklärte er, daß das Schwarze Manifest hochstehenden Männern und Frauen gezeigt worden war, die ausnahmslos zutiefst entsetzt reagiert hatten.
    »Zweifelsohne nicht minder entsetzt als Sie, Eure Heiligkeit.«
    Alexei nickte düster, als der Übersetzer endete.
    »Darum bin ich gekommen, um Ihnen unser Angebot zu unterbreiten. Die gegenwärtige Situation betrifft alle, die guten Willens sind, ob inner- oder außerhalb von Rußland. In England gab es einmal einen Dichter, der sagte: Kein Mensch ist eine Insel. Wir alle sind Teil des Ganzen. Wenn Rußland, eines der größten Länder dieser Erde, wieder in die Hände eines grausamen Diktators fiele, wäre das nicht nur für Ihr Land eine Tragödie, sondern auch für uns im Westen und vor allem für die heilige Kirche.«
    »Ich gebe Ihnen voll und ganz recht«, sagte der Patriarch, »aber die Kirche kann sich nicht in die Politik einmischen.«
    »Offen mit Sicherheit nicht. Aber die Kirche muß sich doch gegen das Böse wehren. Die Kirche stand doch immer auf der Seite der Moral, nicht wahr?«
    » Selbstverständlich.«
    »Und die Kirche hat auch das Recht, sich vor Zerstörungen zu schützen. Und vor denen, die darauf aus sind, sie und ihre Mission auf dieser Erde zu vernichten.«
    »Ohne Zweifel.«
    »Darf die Kirche dann nicht auch die Gläubigen vor einer Entwicklung warnen, die das Böse begünstigen und der Kirche schaden würde?«
    »Wenn die Kirche sich öffentlich gegen Igor Komarow wendet und er dennoch zum Präsidenten gewählt wird, hat sie ihre eigene Zerstörung herbeigeführt«, entgegnete Alexei II. »So werden es jedenfalls die hundert Bischöfe sehen, und die überwältigende Mehrheit wird für Stillhalten plädieren. Ich fürchte, ich komme gegen ihr Votum nicht an.«
    »Vielleicht gibt es aber noch einen dritten Weg«, sagte Sir Nigel und setzte dem Patriarchen mehrere Minuten lang die Möglichkeit einer Verfassungsreform auseinander. Alexei II. brachte vor Staunen den Mund nicht mehr zu.
    »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Sir Nigel«, murmelte er schließlich. »Die Monarchie wiederherstellen und den Zaren zurückholen. Das könnte niemand dem Volk vermitteln.«
    »Sehen wir uns doch mal die Realität an«,

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