Das schwarze Manifest
orthodoxen Kirche bekehren lassen wollen.«
»Das dürfte kein unüberwindbares Hindernis bedeuten«, sagte Probyn. »Aber jetzt kommt ein echtes Problem. Seine Mutter müßte bei der Geburt der orthodoxen Kirche angehört haben.«
»Okay. Sonst noch etwas?«
»Königliches Blut in beiden Elternteilen, bei einem von beiden vorzugsweise auch etwas russisches Blut in den Adern…«
»Dann sollte er außerdem noch ein höherer Offizier der Armee sein, vielleicht auch ein Reserveoffizier. Die Unterstützung des russischen Offizierskorps könnte entscheidend sein. Ich weiß nicht, was die von einem Bilanzbuchhalter halten würden.«
»Eines haben Sie vergessen«, sagte Probyn.
»Er müßte fließend russisch sprechen können. Als Georg I. in England ankam, sprach er nur deutsch, und Bernadotte sprach nur französisch. Aber die Zeiten sind vorbei. Heutzutage muß ein Monarch eine Rede an sein Volk halten können. Die Russen wären bestimmt nicht begeistert, wenn der Zar einen italienischen Redeschwall loslassen würde.«
Sir Nigel erhob sich und zog ein Stück Papier aus seiner Brusttasche. Es war ein Scheck, und zwar ein Scheck über eine ziemlich großzügige Summe.
»Wirklich, schrecklich anständig von Ihnen«, sagte der Heraldiker.
»Ich schätze, das College hat so seine Unkosten, mein lieber Doktor. Würden Sie mir einen Gefallen tun?«
»Wenn ich kann?«
»Schauen Sie sich um. Überprüfen Sie die Herrscherhäuser Europas. Suchen Sie mir einen Mann, der all den Anforderungen genügt.«
Sieben Kilometer nördlich vom Kreml liegt im Vorort Kaschenkin Lug der Gebäudekomplex der Fernsehzentren, von dem aus alle TV-Programme über Rußland ausgestrahlt werden.
Links und rechts des Akademika-Korolewa-Boulevards liegen das nationale und das internationale Fernsehzentrum. Dreihundert Schritte weiter ragt die Nadelspitze des Ostankino-Fernsehturms in den Himmel, des höchsten Bauwerks der Stadt.
Das staatliche Fernsehen, das weitgehend der Kontrolle der amtierenden Regierung unterliegt, wird ebenso von hier ausgestrahlt wie die Programme der beiden unabhängigen oder kommerziellen Sender, die sich über Werbung finanzieren. Die Gebäude werden von allen Sendern gemeinsam genutzt, allerdings sind sie in unterschiedlichen Stockwerken untergebracht.
Boris Kusnezow wurde von einem Chauffeur in einem Mercedes der UPK hergebracht. Er hatte den Videofilm mit den Aufnahmen von der überwältigenden Kundgebung in Wladimir dabei, die Igor Komarow am Vortag abgehalten hatte.
Der Film, der unter dem jungen, genialen Regisseur Litwinow montiert und geschnitten worden war, erwies sich als exzellentes Meisterwerk. Vor einer wild jubelnden Menge hatte Komarow jenen Wanderprediger lächerlich gemacht, der eine Rückkehr zu Gott und Zar forderte, um dann mit kaum verhülltem Sarkasmus in scheinbar bedauerndem Tonfall das Geschwafel des alten Generals zu kommentieren.
»Männer von gestern mit den Hoffnungen von gestern«, schrie er seinen Anhängern entgegen, »doch wir, meine Freunde, ihr und ich, wir müssen an morgen denken, denn das Morgen gehört uns!«
Fünftausend Menschen waren auf dieser Versammlung gewesen, eine Menge, die sich unter Litwinows geschickter Kameraführung zu verdreifachen schien. Landesweit ausgestrahlt, und sei es auch zu dem horrenden Preis, den eine ganze Stunde Sendezeit kostete, würde die Ansprache nicht fünftausend, sondern fünfzig Millionen Russen erreichen, ein Drittel der gesamten Nation.
Kusnezow wurde unmittelbar ins Büro des Programmdirektors des größeren der beiden kommerziellen Sender geführt. Er schätzte Anton Gurow als persönlichen Freund und kannte ihn als Unterstützer von Igor Komarow und der UPK. Er warf die Kassette auf den Tisch.
»Es war einfach phantastisch«, sagte er begeistert. »Ich bin dagewesen. Das wird Ihnen gefallen.«
Gurow spielte mit seinem Stift.
»Es kommt noch besser. Ein größerer Auftrag, säckeweise Geld. Bis zum Wahltag möchte Präsident Komarow jeden Abend eine Ansprache an die Nation halten. Mensch, Anton, das ist der größte Auftrag, den dieser Sender je erhalten hat. Darauf können Sie sich einiges zugute halten.«
»Ich bin froh, Boris, daß Sie persönlich vorbeikommen. Es hat sich da leider ein Problem ergeben.«
»Nicht doch schon wieder irgendwelche technischen Schwierigkeiten. Werdet ihr hier denn niemals damit fertig?«
»Nein, technische Schwierigkeiten nicht gerade. Sie wissen doch, daß ich voll und ganz hinter Präsident
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