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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Tests unter dem Motto: »Wer nimmt die Bestechung an?« Schlug jemand das Angebot aus und forderte den Agenten auf zu verschwinden, wurde er befördert und bekam eine Gehaltserhöhung. Sobald Petrowski über eine verläßliche und ehrliche Truppe verfügte, erklärte er dem organisierten Verbrechen den Krieg. Sein Antimafiakommando war in der Unterwelt gefürchtet wie keine andere Polizeieinheit, und man gab ihm den Spitznamen »Molotok« – »der Hammer«.
    Wie jeder ehrliche Polizist konnte er nicht alle auf seine Seite ziehen. Das Geschwür hatte sich zu weit ausgebreitet. Freunde des organisierten Verbrechens saßen auf einflußreichen Posten. Zu viele Gangster kamen vor Gericht und gingen straffrei aus, ein Lächeln auf den Lippen.
    Folglich war Petrowski nicht allzu vorsichtig, wenn es um Verhaftungen ging. Zum Schutz ihrer Männer konnten die Antimafiakommandos von Bund und Stadt auf bewaffnete Truppen zurückgreifen. Die Einheiten der Bundesmiliz hießen OMON, Petrowskis eigene Schnelle Eingreiftruppe hieß SOBR.
    Um Verrat zu vermeiden, führte Petrowski seine Razzien anfangs persönlich an. Kamen die Gangster friedlich mit, erhielten sie ein Verfahren; griff einer von ihnen zur Waffe oder versuchte, Beweismaterial zu vernichten oder zu fliehen, wartete Petrowski, bis alles vorbei war, sagte »na, na« und forderte Leichensäcke an.
    Bis 1988 hatte er begriffen, daß die bei weitem größte und scheinbar unangreifbarste Gruppe der Mafia die in Moskau beheimatete Dolgoruki-Gang war, die einen Großteil Rußlands westlich des Ural kontrollierte, ungeheuer reich war und sich mit diesem Reichtum einen beachtlichen Einfluß erkaufen konnte. Im Winter 1999 führte er bereits seit zwei Jahren einen persönlichen Krieg gegen die Dolgoruki, und sie haßten ihn deshalb bis aufs Blut.
    Umar Gunajew hatte Jason Monk bei ihrem ersten Treffen erzählt, daß er es in Rußland nicht nötig habe, Ausweise zu fälschen, da er sich mit Geld echte Papiere beschaffen könne. Anfang Dezember nahm Monk ihn beim Wort.
    Er plante sein viertes Treffen mit einem einflußreichen Russen, das er mit einer gefälschten Identität zustande bringen wollte. Doch der angebliche Brief vom Metropoliten Anthony der russischorthodoxen Kirche in London war in jener Stadt fabriziert worden. Ebenso der Brief, der angeblich aus dem Hause Rothschild stammte. General Nikolajew hatte keinen Ausweis verlangt, die Uniform eines Generalstabsoffiziers hatte ihm genügt. Doch General Walentin Petrowski, der ständig mit Morddrohungen zu leben hatte, wurde Tag und Nacht bewacht.
    Monk wollte nicht wissen, woher der Tschetschenenführer den Ausweis hatte, aber er sah gut aus. Das Foto zeigte Monk mit kurzgeschorenem blondem Haar, und die Angaben bezeichneten ihn als Oberst der Miliz aus dem persönlichen Stab des stellvertretenden Leiters des Dezernats Organisiertes Verbrechen des Innenministeriums. Petrowski würde ihn daher für einen Kollegen der Bundesmiliz halten und nicht erwarten, ihn persönlich zu kennen.
    Eines der wenigen Dinge, die sich nach dem Ende des Kommunismus nicht geändert hatten, war die russische Angewohnheit, ganze Häuserblocks für höhere Offiziere zu reservieren. Während im Westen Politiker, Beamte und höhere Offiziere gewöhnlich in ihren eigenen Häusern irgendwo in den Vorstädten leben, neigen sie in Moskau dazu, eng beieinander und mietfrei in staatseigenen Häuserblocks zu wohnen, und zwar vor allem deshalb, weil der postkommunistische Staat eben diese Häuser vom alten Zentralkomitee übernommen hatte, um sie nach Leistung und Verdienst vergeben zu können. Viele solcher Siedlungen standen damals wie heute entlang der Nordseite des Kutusowskiprospekts, wo einstmals Breschnew und fast das gesamte Politbüro gelebt hatten. Petrowski hatte dort in einem Häuserblock, den er mit vielen anderen Milizoffizieren teilte, eine Wohnung unter dem Dach.
    Ein Vorteil zumindest hatte es, all diese Männer mit demselben Beruf in ein einziges Gebäude einzuquartieren. Gewöhnliche Menschen hätten die Sicherheitsmaßnahmen zur Verzweiflung getrieben, Milizgeneräle aber begriffen ihre Notwendigkeit.
    Der Wagen, den Monk an diesem Abend fuhr und den Gunajew sich wundersamerweise beschafft oder »geliehen« hatte, war ein echter schwarzer Tschaika der MVD-Miliz. Monk hielt an dem Schlagbaum vor dem Innenhof des Häuserblocks. Ein Wachposten der OMON deutete an, er solle das Fenster herunterkurbeln, während ihn ein zweiter Wachposten mit

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