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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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für ziemliche Aufregung gesorgt.«
    General Nikolajew starrte ihn aufmerksam an. »Hat's dir nicht gefallen?«
    »War nur überrascht, sonst nichts.«
    »Hab's ernst gemeint, weißt du.«
    »Ja, glaub' ich dir. Tust du meistens.«
    »Er ist ein Drecksack, Junge.«
    »Wenn du meinst, Onkel. Sieht allerdings so aus, als würde er das Rennen machen. Vielleicht hättest du lieber den Mund gehalten.«
    »Dafür bin ich zu alt. Ich rede, wie mir der Schnabel gewachsen ist.«
    Der alte Mann schien eine Weile in Gedanken versunken zu sein und starrte hinauf zur singenden »Romanow-Prinzessin« auf der Galerie. Die ausländischen Gäste meinten, »Those were the days, my friend« wiedererkennen zu können, das keineswegs ein amerikanischer Song, sondern eine alte russische Ballade ist. Dann legte der General seinem Neffen die Hand auf den Arm.
    »Hör mal, Junge, wenn mir etwas passiert.«
    »Red keinen Unsinn, du wirst uns alle noch überleben.«
    »Ich mein's ernst. Wenn mir was passiert, dann bring mich in Nowodewitschi unter die Erde. Klar? Ich will keine elende Zivilistenaffäre, ich will den Bischof mit allem Pomp, das ganze Register. Verstanden?«
    »Du? Einen Bischof? Ich wußte gar nicht, daß du daran glaubst.«
    »Sei nicht blöd. Wenn sechs Meter neben dir eine deutsche Achtundachtziger landet und nicht explodiert, dann mußt du einfach daran glauben, daß es da oben irgend jemanden gibt. Natürlich hab' ich mich verstellt, haben wir doch alle getan. Parteimitgliedschaft, politische Schulungen, das gehörte zum Beruf, aber war doch alles Mist. Gut, du weißt jetzt wenigstens, was ich will, und nun runter mit dem Kaffee und los. Bist du mit Chauffeur hier?«
    »Ja.«
    »Prima, wir sind nämlich beide blau. Aber du kannst ja fast nach Hause laufen.«
    Der Schlafwagenzug aus Kiew, der Hauptstadt der Ukraine, ratterte durch die eiskalte Dunkelheit auf Moskau zu.
    Im sechsten Wagen, Abteil 28, saßen zwei Engländer und spielten Romme. Brian Vincent schaute auf seine Uhr.
    »Noch eine halbe Stunde bis zur Grenze, Sir Nigel. Sie gehen jetzt besser zu Bett.«
    »Wahrscheinlich haben Sie recht«, sagte Nigel Irvine. Vollständig angezogen stieg er ins obere Bett und zog die Decke hoch bis ans Kinn.
    »Wie sehe ich aus?«
    Der ehemalige Soldat nickte. »Überlassen Sie alles andere nur mir, Sir.«
    An der Grenze hielten sie einen Augenblick an. Die ukrainischen Beamten im Zug hatten die beiden Pässe bereits kontrolliert. Nun stiegen die Russen zu.
    Zehn Minuten später klopfte es an die Tür zum Schlafwagenabteil. Vincent machte auf.
    »Da?«
    »Pasport, poschaluista.«
    Im Abteil brannte nur ein schwaches blaues Licht, und trotz der helleren Beleuchtung auf dem Gang konnte der russische Beamte die Dokumente kaum lesen.
    »Keine Visa?« sagte er.
    »Natürlich nicht. Dies sind Diplomatenpässe. Wir brauchen keine Visa.«
    Der Ukrainer deutete auf das englische Wort auf den Ausweisen.
    »Diplomat«, sagte er.
    Der Russe nickte sichtlich verlegen. Er hatte Anweisung vom FSB in Moskau, eine Eilmeldung für alle Grenzübergänge, nach einem Namen und einem Gesicht oder nach beidem Ausschau zu halten.
    »Der alte Mann«, sagte er und wies auf den zweiten Paß.
    »Der liegt da oben«, sagte der junge Diplomat. »Aber Sie sehen ja, er ist ziemlich alt und fühlt sich nicht besonders gut. Müssen Sie ihn unbedingt stören?«
    »Wer ist er?«
    »Der Vater unseres Botschafters in Moskau. Deshalb soll ich ihn begleiten. Er möchte seinen Sohn besuchen.«
    Der Ukrainer zeigte auf die schlafende Gestalt in der Koje.
    »Vater des Botschafters«, sagte er.
    »Danke, russisch kann ich verstehen«, sagte der Russe. Er war verwirrt. Der rundgesichtige, glatzköpfige Mann auf dem Paßfoto wies keinerlei Ähnlichkeit mit der Beschreibung auf, die man ihm übermittelt hatte. Auch der Name nicht. Kein Trubshaw, kein Irvine. Nur ein Lord Asquith.
    »Da draußen auf dem Gang muß es doch bitterkalt sein«, sagte Vincent. »Kalt bis auf die Knochen. Hier. Ein Freundschaftsgeschenk. Aus dem Sondervorrat unserer Botschaft in Kiew.«
    Der Wodka war von besonderer Qualität, eine Sorte, die man für Geld nicht kaufen konnte. Der Ukrainer nickte, lächelte und stieß seinem russischen Kollegen in die Seite. Der Russe grunzte, stempelte beide Pässe ab und ging weiter.
    »Hab' unter der Decke kaum was verstanden, aber es klang nicht schlecht«, sagte Sir Nigel, sobald die Tür wieder geschlossen war. Er stieg aus dem Bett.
    »Sagen wir einfach, je

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