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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Brüder.«
    »Sind sie aber nicht. Zwischen den beiden Aufnahmen liegen achtzig Jahre. Dies hier ist Nikolaus II., der andere ist der noch lebende englische Prinz. Schauen Sie sich die Gesichter an, Sir Nigel. Es sind keineswegs typisch britische Gesichter – außerdem war der Zar sowieso halb Russe, halb Däne. Es sind auch keine typisch russischen Gesichter; die beiden sehen eher wie Dänen aus. Das Blut der beiden dänischen Schwestern kommt bei ihnen durch.«
    »Ist das alles? Durch Ehe verbunden?«
    »Ganz und gar nicht. Das Beste kommt noch. Sie erinnern sich noch an Prinz Nikolaus?«
    »Den Junggesellen? Prinz von Griechenland, eigentlich jedoch halb Däne und halb Russe?«
    »Eben der. Nikolaus II. hatte eine Cousine, die Großfürstin Elena. Was war mit ihr? Nun, sie machte sich auf nach Athen und heiratete den Prinzen Nikolaus. Er war nur ein halber Romanow, sie aber stammte direkt vom russischen Herrscherhaus ab. Ihre Nachkommen sind also zu drei Vierteln Russen und Romanows. Zudem hieß die Cousine noch Prinzessin Marina.«
    »Die nach England kam…«
    »Und Prinz Georg von Windsor heiratete. Diese beiden noch lebenden Männer, seine Söhne, sind also zu drei Achteln Romanows, und mehr kann man heutzutage wirklich kaum verlangen. Das soll allerdings nicht heißen, daß einer der beiden einen Thronanspruch hat – zu viele Frauen, die laut Paulschem Gesetz nicht in Frage kommen. Doch sie sind auf väterlicher Seite durch Ehe mit dem Herrscherhaus verbunden und mütterlicherseits mit den Romanows blutsverwandt.«
    »Das gilt für beide Brüder?«
    »Ja, und noch etwas. Ihre Mutter Marina gehörte bei ihrer beider Geburt der orthodoxen Kirche an, eine wesentliche Voraussetzung für ihre Anerkennung durch die oberen Zehntausend Rußlands.«
    »Das gilt ebenfalls für beide Brüder?«
    »Natürlich. Und beide dienten in der britischen Armee und stiegen zum Rang eines Majors auf.«
    »Was ist also mit dem älteren Bruder?«
    »Nun, Sie sprachen vom richtigen Alter, Sir Nigel. Der ältere Bruder ist vierundsechzig, scheidet also aus. Der jüngere wurde dieses Jahr siebenundfünfzig. Damit sind fast alle Ihre Bedingungen erfüllt. Gebürtiger Prinz eines Herrscherhauses, Vetter der Königin, verheiratet, ein zwanzigjähriger Sohn, die Frau eine österreichische Gräfin, an Zeremonien gewöhnt, noch recht rüstig, ein ehemaliger Soldat. Aber das Beste ist, daß er früher beim Nachrichtendienst war und den Kurs für Russisch belegt hat. Er beherrscht die Sprache nahezu perfekt.«
    Mit strahlendem Gesicht trat Dr. Probyn von seinem vielfarbigen Diagramm zurück. Sir Nigel starrte auf das Foto.
    »Wo wohnt er?«
    »Wochentags hier in London, am Wochenende in seinem Haus auf dem Land. Irgendwo in Debrett.«
    »Vielleicht sollte ich mal mit ihm reden«, überlegte Sir Nigel. »Ach, Dr. Probyn, gibt es noch einen Mann, der all diese Bedingungen gleichermaßen erfüllen würde?«
    »Nicht auf dieser Welt«, sagte der Heraldiker.
    Sir Nigel Irvine vereinbarte ein Treffen für das kommende Wochenende und fuhr bald darauf nach Westengland, um den jüngeren der beiden Prinzen in seinem Landhaus aufzusuchen. Er wurde herzlich empfangen und aufmerksam angehört. Schließlich brachte ihn der Prinz zu seinem Wagen.
    »Wenn auch nur die Hälfte von dem stimmt, was Sie sagen, Sir Nigel, ist das wirklich eine ganz außerordentliche Geschichte. Natürlich habe ich die Ereignisse in Rußland in den Medien verfolgt. Aber so etwas. Ich werde sorgfältig darüber nachdenken, mich ausführlich mit meiner Familie beraten und natürlich um eine Privataudienz bei Ihrer Majestät nachsuchen.«
    »Vielleicht wird es nie soweit kommen, Sir, vielleicht kommt es nie zu einer Volksabstimmung, vielleicht entscheidet das Volk sich auch ganz anders.«
    »Dann werden wir bis zu diesem Tag warten müssen. Gute Fahrt, Sir Nigel.«
    Im dritten Stock des Hotel Metropol befindet sich eines der besten traditionellen Restaurants Moskaus. Die Bojarski Sal oder Bojarenhalle ist nach der Gefolgschaft jener Adligen benannt, die einst dem Zaren zur Seite standen und – wenn er ein schwacher Herrscher war – an seiner Statt regierten. Es ist ein mit Holzpaneelen verkleideter und mit herrlichen Ornamenten verzierter Gewölbesaal, der an lang vergangene Zeiten erinnert. Ausgezeichnete Weine wetteifern mit eisgekühltem Wodka; Forelle, Lachs und Stör kommen frisch aus den Flüssen, Hase, Reh und Wildschwein aus den Steppen Rußlands.
    In dieses Restaurant

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