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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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    Leonid Bernstein war außer Landes, aber die beiden kommerziellen Fernsehsender gaben unausgesprochen zu verstehen, daß die Änderung in ihrer Berichterstattung auf das Bankkonsortium zurückzuführen war, bei dem sie in der Kreide standen.
    General Nikolajew war tot, aber die
Iswestija
brachte Ausschnitte aus seinem früheren Interview unter der Schlagzeile: »Mußte er deshalb sterben?«
    Die sechs Razzien der GUVD in den frühen Morgenstunden auf die Lagerhäuser, die Waffenkammern und das Casino der Dolgoruki waren allgemein bekannt. Nur der Patriarch blieb im Dreifaltigkeitskloster St. Sergius, so daß sich nicht bestätigen ließ, ob die UPK ihn ebenfalls für ihren Feind hielt.
    Am Nachmittag umlagerte die Presse das Hauptquartier von Igor Komarow. Drinnen herrschte eine Stimmung, die schon fast an Panik grenzte.
    Boris Kusnezow, der Propaganda- und Pressechef, saß in Hemdsärmeln in seinem Büro. Schweißflecken unter den Armen, rauchte er eine Zigarette nach der anderen, obwohl er das Rauchen vor zwei Jahren aufgegeben hatte, und versuchte, mit der Reihe von Telefonapparaten vor ihm fertig zu werden, die pausenlos klingelten.
    »Nein, das
stimmt
nicht«, wetterte er bei jeder Nachfrage. »Das ist eine verdammte Lüge, eine üble Verleumdung, und wir werden strafrechtlich gegen jeden vorgehen, der diese Behauptungen wiederholt. Nein, es gibt weder eine finanzielle noch sonst eine Verbindung der Partei zur Mafia. Komarow hat immer wieder klargemacht, daß er der Mann ist, der Rußland endlich säubern wird. Was für Papiere soll die GUVD untersuchen?. Wir haben nichts zu befürchten, ja, General Nikolajew hatte Vorbehalte gegen unsere Politik, aber er war ein sehr alter Mann. Sein Tod ist tragisch, steht aber in keinem Zusammenhang. Das dürfen Sie so nicht sagen. Jeder Vergleich zwischen Komarow und Hitler zieht sofort eine Anklage nach sich. Ein hoher Offizier der Schwarzen Garde.?«
    Oberst Grischin saß ebenfalls in seinem Büro und rang mit seinen eigenen Problemen. Da er zeit seines Lebens Offizier in der Zweiten Hauptabteilung des KGB gewesen war, hatte es schon immer zu seinen Aufgaben gezählt, Spione zu jagen. Monk hatte zweifellos einigen Ärger verursacht, erheblichen Ärger sogar. Doch diese neuen Vorwürfe waren schlimmer als alles andere: ein hoher Offizier seiner eigenen Elite, ein Mann seiner fanatisch treuen Schwarzen Garde ein Überläufer? Er selbst hatte sie persönlich ausgesucht, alle sechstausend Mann. Und einer davon sollte ein praktizierender Christ sein, ein Waschlappen mit Gewissen, gerade jetzt, wo der Gipfel der Macht in Sicht war? Unmöglich.
    Doch er erinnerte sich, einmal gelesen zu haben, was die Jesuiten zu sagen pflegten: Zeig mir den siebenjährigen Jungen, und ich sage dir, wie der Mann sein wird. Konnte einer seiner besten Leute sich wieder in jenen Meßdiener verwandelt haben, der er vor Jahren einmal gewesen war? Er würde das überprüfen müssen. Die Lebensläufe aller hohen Offiziere mußten mit feinem Kamm durchkämmt werden.
    Doch was war ein »hoher« Offizier? Zwei Ränge unter ihm – zehn Männer, drei Ränge – vierzig, fünf Ränge – fast hundert Mann. Sie zu überprüfen wäre ziemlich zeitaufwendig, und Zeit hatte er nicht. Er würde sein gesamtes Offizierskorps kurzfristig säubern müssen, würde seine erfahrensten Kommandanten einzeln an einen sicheren Ort bringen und sie eliminieren müssen. Eines Tages, schwor er sich, eines Tages würden alle zahlen, die für diese Katastrophe verantwortlich waren – und wie sie zahlen würden! Angefangen mit Jason Monk. Allein der Gedanke an den Namen des amerikanischen Agenten sorgte dafür, daß sich die Knöchel seiner um die Schreibtischkante gekrallten Hände weiß färbten.
    Kurz vor fünf gelang es Boris Kusnezow, einen Termin mit Komarow zu vereinbaren. Zwei Stunden lang hatte er um eine Gelegenheit gebeten, den Mann sprechen zu können, den er wie einen Helden verehrte, weil er ihm vorschlagen wollte, was seiner Meinung nach getan werden mußte.
    In Amerika hatte Kusnezow während seines Studiums die Macht einer Öffentlichkeitsarbeit bewundern gelernt, die auf wirksame und raffinierte Weise massenhafte Unterstützung für den offensichtlichsten Unsinn bewirken konnte. Außer seinem Vorbild Igor Komarow schätzte Kusnezow nur noch die Macht der Worte und des beweglichen Bildes, ihre Fähigkeit zu überreden, zu täuschen, zu betören und letztlich alle Widerstände überwinden zu

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