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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Erpressung, Drogen, Prostitution und Mord waren ihre Spezialität, aber einen
coup d'état
fanden sie wirklich verdammt hoch gegriffen.
    »Ein Staatsstreich ist einfach nur der größte Diebstahl, den es gibt, der Diebstahl der Republik«, sagte Grischin. »Halten Sie sich raus, dann können Sie sich wieder vom MVD, dem VSD und all den anderen jagen lassen. Machen Sie mit, und das Land gehört uns.«
    Er benutzte das Wort
semlia,
was Land, aber auch Erde bedeutet, und alles, was sie enthält.
    Am Kopf der Tafel saß der oberste Mafiosi, ein alter
wor wi sakone,
ein »amtlicher Dieb«, der wie sein Vater und sein gesamter Clan in die Unterwelt hineingeboren worden war und für die Dolgoruki so etwas wie der Pate aller Paten war. Er starrte Grischin lange an, während alle übrigen Anwesenden warteten. Dann nickte der alte Gangster, sein faltiger Schädel hob und senkte sich wie der Kopf einer alten Echse, die ihre Zustimmung verkündete. Die nötigen Geldmittel waren genehmigt worden.
    Und damit konnte Grischin auch über seine dritte bewaffnete Macht verfügen. Zweihundert der etwa achthundert privaten »Sicherheitsfirmen« in Moskau waren Tarngesellschaften der Dolgoruki. Sie konnten ihm über zweitausend Mann zur Verfügung stellen, allesamt ehemalige Soldaten oder schwerbewaffnete KGB-Ganoven; achthundert, um das leere Weiße Haus, die Stätte der Duma, zu stürmen und zu halten, und eintausendzweihundert für das Präsidentenbüro und die angrenzenden Ministerien am Starajaplatz, die an Silvester ebenfalls leerstehen würden.
    Am selben Tag rief Jason Monk General Petrowski an, der immer noch in den SOBR-Kasernen wohnte.
    »Ja?«
    »Ich bin's wieder. Was machen Sie?«
    »Was geht Sie das an?«
    »Packen Sie?«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Alle Russen wollen Silvester bei ihren Familien verbringen.«
    »Hören Sie, mein Flug geht in einer Stunde.«
    »Ich glaube, den sollten Sie stornieren lassen. Es wird andere Silvesterabende geben.«
    »Wovon reden Sie eigentlich, Amerikaner?«
    »Haben Sie die Morgenausgaben gelesen?«
    »Ein paar. Warum?«
    »Die letzten Meinungsumfragen. Diejenigen, die die Presseverlautbarungen über die UPK und Komarows Pressekonferenz vom Vortag berücksichtigen. Demzufolge bekommt er nur vierzig Prozent, und sein Stimmenanteil fällt weiter.«
    »Prima, dann verliert er die Wahl, und wir kriegen statt dessen Sjuganow, diesen Neokommunisten. Was hat das mit mir zu tun?«
    »Glauben Sie, Komarow wird das einfach so hinnehmen? Ich habe Ihnen doch schon mal gesagt, daß er nicht ganz normal ist.«
    »Er wird sich damit abfinden müssen. Wenn er in vierzehn Tagen verliert, dann hat er eben verloren. Das war's dann.«
    »An jenem Abend damals, da haben Sie mir auch etwas gesagt.«
    »Was meinen Sie?«
    »Sie sagten, wenn der russische Staat angegriffen wird, dann wird er sich zu verteidigen wissen.«
    »Verdammt, wissen Sie etwas, das ich nicht weiß?«
    »Ich
weiß
überhaupt nichts. Ich bin nur mißtrauisch. Wußten Sie nicht, daß Mißtrauen ein russischer Charakterzug ist?«
    Petrowski starrte den Hörer an und dann seinen halb gepackten Koffer auf der schmalen Pritsche des Kasernenzimmers.
    »Das würde er nicht wagen«, sagte er tonlos. »Das würde niemand wagen.«
    »Jasow und Krjutschkow haben es gewagt.«
    »Das war 1991. Das war was anderes.«
    »Nur weil sie es verpatzt haben. Warum bleiben Sie über die Feiertage nicht in der Stadt? Nur für alle Fälle.«
    General Petrowski legte auf und packte den Koffer wieder aus.
    Mit seinem letzten Verbündeten wurde Grischin sich am dreißigsten Dezember in einer Bar einig. Sein Gesprächspartner war ein bierbäuchiger Kretin, doch wohl der einzige, der sich mit einiger Berechtigung Chef der Straßenbanden der Bewegung Neues Rußland nennen konnte.
    Trotz ihres hochtrabenden Namens war die BNR kaum mehr als eine lockere Gruppierung von tätowierten, glatzköpfigen Schlägern der extremen Rechten, die sich ihren Unterhalt wie ihre Unterhaltung mit Überfällen und Judenpöbeleien verschafften, beides, wie sie zufälligen Passanten gern zubrüllten, im Namen Rußlands.
    Der Stapel Dollarscheine, den Grischin hervorgeholt hatte, lag auf dem Tisch zwischen ihnen, und der BNR-Typ starrte gierig auf das Geld.
    »Ich kann Ihnen jederzeit fünfhundert brauchbare Jungs besorgen«, sagte er. »Worum geht's?«
    »Ich gebe Ihnen fünf Männer meiner eigenen Schwarzen Garde, und Sie befolgen ihre Befehle beim Kampfeinsatz, oder das Geschäft ist

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