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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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gemerkt.
    Auf dem Land sind zwei Schüsse an einem Wintermorgen keine Seltenheit. Ein Bauer, der ein Kaninchen oder eine Krähe schießt. Irgendwann würde jemand aus dem Fenster sehen und über den Hof laufen. Es würde Schreie geben, ungläubige Blicke, Wiederbelebungsversuche: alles Zeitverschwendung. Dann zurück ins Haus, der Anruf bei der Polizei, die verworrene Erklärung, die umständlichen Nachfragen der Beamten. Schließlich würde ein Streifenwagen kommen, dann würde man Straßensperren errichten.
    Zu spät. Eine Viertelstunde später war er an seinem Wagen, zwanzig Minuten später unterwegs. Fünfunddreißig Minuten nach den Schüssen war er auf der nächsten Autobahn, ein Wagen unter vielen. Die Polizei hatte inzwischen ein Protokoll aufgenommen und forderte nun über Funk aus der nächsten Stadt zusätzliche Beamte an.
    Eine Stunde nach der Tat hatte der Mechaniker Gewehr und Futteral über die Brüstung einer Brücke in einen Fluß geschleudert, den er sich vorher ausgesucht hatte, und sah der Waffe nach, wie sie im schwarzen Wasser verschwand. Dann brach er zu seiner langen Heimfahrt auf.
    Die ersten Scheinwerfer tauchten kurz nach sieben auf und bewegten sich langsam durch die Dunkelheit auf den hell erleuchteten Gebäudekomplex zu, in dem das Fernsehzentrum Ostankino untergebracht war. Jason Monk saß am Steuer seines Wagens, der Motor lief, damit die Heizung die Kälte vertreiben konnte.
    Er parkte in einer Nebenstraße des Boulevard Akademika Korolewa, direkt vor ihm das zentrale Bürohaus auf der anderen Seite des Boulevards, der Sendeturm hinter ihm. Als er merkte, daß die Scheinwerfer diesmal nicht zu einem einzelnen Auto gehörten, sondern von einer Wagenkolonne stammten, machte er den Motor aus, und der verräterische Auspuffqualm verflog.
    Es waren etwa dreißig Laster, doch nur drei davon fuhren auf den Parkplatz vor dem Hauptgebäude, einem riesigen Gebilde mit zwei Haupteingängen, dessen untere fünf Stockwerke ziemlich hoch und dreihundert Meter breit waren; darüber erhob sich ein hundert Meter breiter Aufbau mit achtzehn Stockwerken. Normalerweise arbeiteten hier achttausend Leute, aber an Silvester waren kaum fünfhundert im Haus, um den Nachtbetrieb zu gewährleisten.
    Bewaffnete, schwarz gekleidete Männer sprangen von den drei Lastwagen und rannten sofort in die beiden Eingangsbereiche. Mit vorgehaltener Waffe wurde das verängstigte Empfangspersonal innerhalb von Sekunden an die Rückwand getrieben, wo es aus der Dunkelheit heraus für Monk gut sichtbar war. Dann mußte er zusehen, wie die Leute aus seinem Blickfeld gejagt wurden.
    Innerhalb des Hauptgebäudes wurde das Vorauskommando von einem verschreckten Pförtner direkt zur Schaltzentrale geführt, wo es das Personal überwältigte, während einer der Männer, ein ehemaliger Techniker der Telekom, alle Leitungen kappte.
    Ein Schwarzgardist trat aus der Tür, eine Taschenlampe in der Hand, und gab dem restlichen Konvoi ein Signal, woraufhin die Laster sich wieder in Bewegung setzten, auf den Parkplatz rollten und das Bürogebäude mit einem Verteidigungsring umgaben. Zu Hunderten strömten Gardisten aus den Transportern und liefen ins Gebäude.
    Monk konnte zwar nur vage Schatten an den Fenstern der oberen Stockwerke erkennen, doch die Gardisten besetzten planmäßig Stockwerk um Stockwerk, nahmen der entsetzten Nachtschicht alle Handys ab und stopften sie in ihre Segeltuchtaschen.
    Links von Monks Wagen stand ein kleineres Gebäude, das ebenfalls zum Fernsehkomplex gehörte und den Buchhaltern, Programmplanern und leitenden Angestellten vorbehalten war, die jetzt alle zu Hause saßen und Silvester feierten. Das Haus war in Dunkelheit gehüllt.
    Monk griff zum Autotelefon und wählte eine Nummer, die er auswendig kannte.
    »Petrowski.«
    »Ich bin's.«
    »Wo sind Sie?«
    »Ich sitze in einem sehr kalten Auto draußen in Ostankino.«
    »Nun, ich sitze in einer eher warmen Kaserne zusammen mit tausend jungen Männern, die kurz vor einer Meuterei stehen.«
    »Beruhigen Sie Ihre Leute. Ich sehe gerade zu, wie die Schwarze Garde das Fernsehzentrum einnimmt.«
    Am anderen Ende der Leitung herrschte Totenstille.
    »Seien Sie kein verdammter Idiot. Sie müssen sich irren.«
    »Na schön. Also es sind hier tausend Männer in schwarzen Uniformen in dreißig Lastwagen mit abgedunkelten Scheinwerfern vorgefahren, um das Ostankinozentrum zu stürmen und das Personal mit vorgehaltener Waffe in Schach zu halten. Genau das spielt sich

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