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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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beiden Antimafiaeinheiten zu verhaften, jene vom nationalen Hauptquartier des MVD am Tschitnyplatz befehligte Bundesabteilung und die Moskauer Abteilung des GUVD, die vom Quartier des Generals Petrowski in der Schabolowkastraße geführt wurde. Beide Einheiten sowie deren Schnelle Eingreiftruppen, die OMON und die SOBR, dürften keinen Zweifel daran haben, daß sie in Grischins Rußland des Jahres 1999 nur die Wahl zwischen Arbeitslager und Exekution hatten. Für den Sieg war es notwendig, daß die Armee im unklaren blieb, daß sie verwirrt, uneins und somit letztlich machtlos war.
    Grischin selbst verfügte über sechstausend Schwarzgardisten und zwanzigtausend Junge Kämpfer im Teenageralter.
    Die Gardisten waren eine Elitetruppe, die er im Lauf der Jahre aufgebaut hatte. Das Offizierkorps bestand ausschließlich aus kampferprobten Soldaten ehemaliger Sondereinheiten, Fallschirmspringer, Marineinfanteristen und MVD-Leute, die in grausamen Aufnahmeritualen ihre Rücksichtslosigkeit und ihre Treue zur extremen Rechten unter Beweis stellen mußten.
    Doch einer der vierzig Offiziere war ein Verräter. Irgend jemand war ganz offensichtlich mit den Behörden und den Medien in Kontakt getreten, um die vier Attentatsversuche vom einundzwanzigsten Dezember als Werk der Schwarzgardisten zu brandmarken. Und die Opfer waren allzu rasch verschwunden, um nicht gewarnt worden zu sein.
    Ihm blieb keine Wahl. Er mußte diese vierzig Offiziere von der Truppe isolieren und einsperren, und der beste Tag hierfür war der achtundzwanzigste Dezember. Intensive Befragung und die Demaskierung des Verräters würden warten müssen. Um die Moral zu wahren, mußte er die jüngeren Offiziere befördern, damit sie die Lücken füllten. Er würde ihnen sagen, daß sich ihre Kommandanten auf einem Lehrgang befänden.
    Grischin beugte sich über einen detaillierten Plan vom Moskauer Oblast und bereitete seinen Schlachtplan für den Silvesterabend vor. Es war sein großer Vorteil, daß die Straßen der Stadt an diesem Abend nahezu leer sein würden.
    Silvester zählt in Rußland zu den bedeutendsten Feiertagen. Am Nachmittag des letzten Tages im Jahr ist fast überhaupt keine Arbeit mehr möglich, da die Moskauer mit entsprechendem Schnapsvorrat auf dem Weg nach Hause oder zu privaten Partys sind, wo sie zumeist auch über Nacht bleiben. Nachmittags gegen halb vier bricht die Dunkelheit an, und danach wagen sich nur noch jene verzweifelten Menschen in die eisige Nacht hinaus, die ihren zur Neige gegangenen Vorrat an Alkohol wieder auffüllen wollen.
    Alle Welt feiert, selbst die unglückseligen Nachtwächter und das Personal, dem nicht freigegeben worden war. Wer arbeiten mußte, der brachte seine flüssigen Vorräte eben zur Arbeit mit.
    Um sechs Uhr, so hatte sich Grischin ausgerechnet, würde er die Straße für sich haben. Um sechs würden alle wichtigen Ministerien und Regierungsgebäude bis auf das Nachtpersonal verlassen sein, und um zehn würden selbst dieses Personal und die Soldaten, die noch in den Kasernen waren, keinen Widerstand mehr leisten können.
    Sobald seine Truppen in der Stadt waren, galt es als erstes, Moskau nach außen abzuriegeln. Diese Aufgabe hatte er den Jungen Kämpfern zugedacht. Zweiundfünfzig Haupt- und Nebenstraßen führten in die Stadt, und um sie alle zu sperren, würde er hundertvier schwere, mit Beton beladene Lkw brauchen.
    Er teilte die Jungen Kämpfer in einhundertvier Gruppen ein, die jeweils unter dem Kommando eines erfahrenen Soldaten der Schwarzen Garde standen. Die Lastwagen würde man sich von Speditionsunternehmen mieten oder am Silvestermorgen mit vorgehaltener Waffe stehlen. Zur festgesetzten Stunde sollten sie dann paarweise an die angegebenen Positionen gebracht und an den Kreuzungen aufeinander zugefahren werden, bis sie Kühler an Kühler quer auf jeder Straße standen; anschließend würde man sie fahruntüchtig machen.
    Die Grenze zwischen dem Moskauer Oblast und dem jeweiligen Nachbarbezirk wird auf jeder größeren Straße nach Moskau durch einen Milizposten des MVD markiert, ein Wachhäuschen mit ein paar gelangweilten Gefreiten, einem Telefon und einem Panzerwagen. An Silvester waren die Panzerwagen wahrscheinlich unbesetzt, da die Mannschaft mit den übrigen Kameraden im Wachhäuschen feiern würde. Nur auf der Straße, auf der Grischin in die Stadt einfallen wollte, würde man den Posten »ausschalten«. In allen übrigen Fällen würden die Jungen Kämpfer mit ihren Blockadelastern

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