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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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er Englisch lernte. Seine Leistungen waren glänzend.
    Gemeinsam mit einigen anderen Absolventen wurde er ins angesehene Andropow-Institut, das KGB-Schulungszentrum für Auslandsaufklärung, abkommandiert. Wie Monk auf der anderen Seite der Welt galt er als ein Mann mit Zukunft. Für Leute ohne KGB-Praxis und ohne Fremdsprache gab es am Institut Zwei- und Dreijahreslehrgänge. Turkin verfügte über beides und absolvierte einen einjährigen Lehrgang. Nachdem er mit Auszeichnung bestanden hatte, durfte er in die Verwaltung K der Ersten Hauptverwaltung die Spionageabwehr innerhalb der Abteilung Beschaffung eintreten. Geführt wurde die Verwaltung K von Oleg Kalugin, dem damals jüngsten KGB-General.
    Als Siebenundzwanzigjähriger heiratete Turkin im Jahr 1978; sein Sohn Juri kam im selben Jahr zur Welt. 1982 wurde er nach Nairobi und damit erstmals auf einen Auslandsposten versetzt. Er hatte den Auftrag, die Tätigkeit der CIA-Residentur in Kenia zu beobachten und zu versuchen, dort oder innerhalb des kenianischen Establishments Agenten anzuwerben. Der Auslandseinsatz hatte wegen der Erkrankung seines Sohns vorzeitig geendet.
    Im Oktober 1984 übergab Turkin der CIA seine erste Lieferung. Monk, der wußte, daß das neue geheime Übermittlungssystem noch nicht komplett war, brachte das Päckchen persönlich nach Langley. Sein Inhalt war sensationell. Turkin verriet praktisch alle KGB-Unternehmen in Spanien. Um ihre Quelle zu schützen, gaben die Amerikaner ihr Wissen nur bruchstückweise an die Spanier weiter, wobei sie dafür sorgten, daß die Verhaftungen von Spaniern, die für Moskau spionierten, zufällig oder wie Aufklärungserfolge der spanischen Spionageabwehr wirkten. In jedem einzelnen Fall erfuhr der KGB (durch Turkin), der Agent habe einen dummen Fehler gemacht, durch den er aufgeflogen sei. Moskau schöpfte keinen Verdacht, verlor aber sein ganzes Agentennetz auf der Iberischen Halbinsel.
    In seinen drei Madrider Jahren stieg Turkin zum Stellvertreter des KGB-Residenten auf und hatte nun Zugang zu praktisch allen Geheimakten. Nachdem er das Jahr 1987 in Moskau verbracht hatte, wurde er im Jahr darauf Leiter der Unterverwaltung K innerhalb des riesigen KGB-Apparats in Ostdeutschland – bis zum endgültigen Abzug nach dem Fall der Berliner Mauer, dem Zusammenbruch des Kommunismus und der Wiedervereinigung Deutschlands. Während er in toten Briefkästen Hunderte von Nachrichten und Geheimunterlagen hinterlegte, bestand Turkin in all diesen Jahren darauf, sein Führungsoffizier müsse Jason Monk, sein Freund jenseits der Mauer, bleiben. Das war sehr ungewöhnlich. Die meisten Spione haben in sechsjähriger Arbeit mehrere Führungsoffiziere, aber Turkin beharrte darauf, und Langley mußte sich seinem Wunsch fügen.
    Als Monk im Herbst 1986 nach Langley zurückkam, ließ Carey Jordan ihn zu sich kommen.
    »Ich habe mir das Zeug angesehen«, sagte der neue stellvertretende Direktor. »Es ist gut. Wir haben befürchtet, er könnte ein Doppelagent sein, aber diese Spanier, die er enttarnt hat, sind erstklassige Leute. Ihr Mann ist in Ordnung. Gut gemacht!«
    Monk nickte dankend.
    »Nur noch eines«, sagte Jordan. »Ich spiele dieses Spiel nicht erst seit fünf Minuten. Ihr Bericht über Ihre Anwerbestrategie ist ausreichend, aber Sie haben bewußt etwas ausgespart, stimmt's? Warum hat er sich wirklich freiwillig erboten, für uns zu arbeiten?«
    Monk schilderte, was in seinem Bericht fehlte: die Erkrankung von Turkins Sohn in Nairobi, das Medikament aus dem Walter Reed Army Hospital.
    »Ich sollte Sie rausschmeißen«, knurrte Jordan schließlich. Er stand auf und trat ans Fenster. Der Birken- und Buchenwald, der sich bis zum Potomac hinunterzog, leuchtete rotgolden. Das Laub stand kurz vor dem Abfallen.
    »Jesus«, sagte er nach einiger Zeit. »Ich kenne hier keinen, der ihm als Gegenleistung für das Medikament nicht 'nen Gefallen abgeluchst hätte. Sie hätten ihm nie wieder begegnen können. Madrid ist bloß ein Zufall gewesen. Wissen Sie, was Napoleon über seine Generäle gesagt hat?«
    »Nein, Sir.«
    »Er hat gesagt: ›Ob sie gut sind, ist mir egal; sie sollen Fortune haben.‹ Sie wissen, daß wir Ihren Mann an die Abteilung SO abgeben müssen?«
    Ganz oben an der Spitze der CIA steht immer ein Direktor. Auf der Ebene darunter gibt es die Hauptabteilungen Auswertung und Beschaffung. Erstere untersteht dem stellvertretenden Direktor (Auswertung) und hat den Auftrag, die in Massen hereinkommenden

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