Das schwarze Manifest
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Daily Telegraph
nämlich selbst. Was hat der Mann
wirklich
vor? Was wird aus den ethnischen Minderheiten? Die zählen in Rußland zehn Millionen Menschen, und Komarow kämpft für eine russische Vorherrschaft. Wie will er Rußland tatsächlich einer glorreichen Wiedergeburt entgegenführen? Mit anderen Worten: Der Mann trägt eine Maske. Was steckt hinter dieser Maske? Verfolgt er geheime Absichten?«
»Nehmen wir mal an, er hätte welche«, sagte Worthing nachdenklich. »Warum sollte er sie Jefferson verraten?«
»Das weiß man nie. Männer lassen sich zu unüberlegten Äußerungen hinreißen.«
»Wie kommt man an diesen Kusnezow heran?«
»Das weiß Ihr Mann in Moskau. Ein persönliches Schreiben Jeffersons käme wahrscheinlich gut an.«
»Also gut«, sagte Worthing, als sie die breite Treppe ins Erdgeschoß hinabgingen. »Ich sehe schon eine Doppelseite vor mir. Nicht übel – falls der Mann etwas zu sagen hat. Ich setze mich gleich mit unserem Moskauer Büro in Verbindung.«
»Sollte dieses Interview zustande kommen, würde ich danach gern mit Jefferson reden.«
»Sie wollen ihn ausquetschen? Hmmm. Er ist ziemlich reizbar, wissen Sie.«
»Ich packe ihn in Zuckerwatte«, versprach Marchbanks.
Sie verabschiedeten sich auf dem Gehsteig. Worthings Fahrer erkannte ihn und kam mit dem Wagen von seinem illegalen Parkplatz gegenüber der Suntory herangeglitten, um ihn zum Canary Wharf im Dockland zurückzubringen. Der Spionagechef beschloß, den Wein und die Siruptorte abzulaufen.
Washington, September 1985
Noch bevor Ames damals im Jahr 1985 zum Spion geworden war, hatte er sich für den Posten des Leiters der Abteilung Sowjetunion in der großen CIA-Außenstelle Rom beworben. Im September 1985 erfuhr er, daß er den Posten bekommen hatte.
Das brachte ihn in eine Zwickmühle. Er wußte damals noch nicht, daß der KGB ihn wider Willen in äußerste Gefahr bringen würde, indem er alle Männer, die Ames verraten hatte, so blitzschnell aus dem Verkehr zog.
Auf dem Posten in Rom war Ames von Langley ßrt und hatte keinen Zugang mehr zur Akte 301 und der Untergruppe Sowjetunion des Referats Spionageabwehr der Abteilung SO. Andererseits galt Rom als erstklassiger Posten und sehr attraktiver Dienstort. Ames beriet sich mit den Russen.
Sie sprachen sich für diese Versetzung aus, denn vor ihnen lagen Monate voller Ermittlungen, Festnahmen und Verhöre. Das von Ames gelieferte Material war so umfangreich und die Gruppe Kolokol, die es in Moskau auswertete, aus Geheimhaltungsgründen so klein, daß die vollständige Analyse jahrelang dauern würde.
In der Zwischenzeit hatte Ames nämlich noch viel mehr geliefert. Zu seinen sekundären und tertiären Lieferungen an den sowjetischen Diplomaten Tschuwachin gehörte Hintergrundmaterial über praktisch alle einigermaßen wichtigen Führungsoffiziere in Langley. Es enthielt nicht nur die vollständigen Lebensläufe dieser Agenten mit Einsatzorten und Leistungen, sondern auch Fotos. In Zukunft würde der so vorgewarnte KGB diese CIA-Agenten identifizieren können, wann und wo immer sie aufkreuzten.
Außerdem gehörte Rom nach Einschätzung der Russen zu den wichtigsten Zentren der Europaabteilung. Ames würde dort Zugang zu allen CIA-Unternehmen und Einzelheiten der Zusammenarbeit mit den Verbündeten der USA im Mittelmeerraum von Spanien bis Griechenland haben – ein Gebiet, das für Moskau von vitalem Interesse war.
Außerdem wußten sie, daß sie in Rom viel leichter Zugang zu Ames haben würden als in Washington, wo stets die Gefahr bestand, daß das FBI ihre Treffs observierte. Also drängten sie Ames, den Posten anzunehmen.
Deshalb meldete Ames sich noch in diesem September in der Sprachenschule an, um Italienisch zu lernen.
In Langley war das wirkliche Ausmaß des Desasters, das der CIA bevorstand, bisher nicht registriert worden. Die Verbindung zu zwei oder drei ihrer besten Agenten in der Sowjetunion schien abgerissen zu sein, was besorgniserregend, aber noch nicht katastrophal war.
Zu den CIA-Agenten, deren Personalakten Ames dem KGB übergeben hatte, gehörte die eines gerade zur Abteilung SO versetzten jungen Mannes, den Ames wegen dieser Versetzung, die in Langley wie ein Lauffeuer die Runde gemacht hatte, als aufgehenden Stern bezeichnet hatte. Er hieß Jason Monk.
Der alte Gennadi suchte seit Jahren Pilze in diesen Wäldern. Als Ruheständler nutzte er diese kostenlose Gabe der Natur, um seine kleine Rente
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