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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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kennengelernt hatte, als er allein in der Bar des Rock Hotels gesessen und getrunken hatte. Russen trinken gern, aber sie sind auch gesellig, und die Sowjetbürger am Swimmingpool des Hotels bildeten offensichtlich eine geschlossene Gesellschaft. Warum hatte Solomin allein getrunken? Nur zufällig an diesem einen Abend? Oder war er ein Einzelgänger, der lieber allein war?
    Darauf gab es einen möglichen Hinweis. Der Amerikaner hatte ihn als groß und muskulös, mit schwarzem Haar und mandelförmigen Augen geschildert. Wie ein Orientale, aber ohne die flache Nase. Nach Auskunft der Sprachexperten in Langley kam er mit diesem Namen aus dem sowjetischen Fernen Osten. Monk kannte die Russen als unverbesserliche Rassisten, die alle
tschorni,
alle »Schwarzen« nichtrussischer Abstammung, offen verachteten. Vielleicht hatte Solomin die Hänseleien wegen seines orientalischen Aussehens satt.
    Monk trieb sich im Supermarkt – die Russen im Jemen führten alle ein Junggesellendasein –, an den Swimmingpools und abends In den Bars herum. Als er am dritten Tag in seinen Boxershorts und mit einem Badetuch über der Schulter die Abyan Beach entlangging, sah er einen Mann aus dem Wasser kommen.
    Er war ungefähr einsachtzig groß und hatte sehr muskulöse Arme und Schultern; kein junger Mann mehr, aber ein offenbar durchtrainierter Vierziger. Sein Haar war rabenschwarz, aber bis auf die Achselbehaarung, die sichtbar wurde, als er seine Arme hob, um sich das Wasser aus dem Haar zu drücken, war sein Körper unbehaart. Orientalen haben sehr wenig Körperbehaarung; schwarzhaarige Kaukasier im allgemeinen schon.
    Der Mann kam den Strand heraufgeschlendert, fand sein Badetuch und streckte sich auf die Ellbogen gestützt so darauf aus, daß er die Brandung beobachten konnte. Er setzte seine Sonnenbrille auf und war bald in Gedanken verloren.
    Monk zog sich sein T-Shirt über den Kopf und ging wie ein Neuankömmling aufs Wasser zu. Der Strand war ziemlich belebt. So war es nur natürlich, daß er sich für einen freien Platz in der Nähe des Russen entschied. Er zog seine Geldbörse aus der Tasche und wickelte sie in T-Shirt und Handtuch. Danach streifte er seine Sandalen ab und stapelte alles auf einen kleinen Haufen. Nach einem besorgten Blick in die Runde wandte er sich an den Russen.
    »Bitte«, sagte er. Der Russe sah zu ihm auf. »Sie bleiben noch ein paar Minuten hier?«
    Der andere nickte.
    »Daß kein Araber meine Sachen stiehlt, okay?«
    Der Russe nickte erneut und starrte dann wieder aufs Meer hinaus. Monk lief zum Wasser hinunter und schwamm etwa zehn Minuten lang. Als er zurückkam, lächelte er den Schwarzhaarigen dankbar an.
    »Danke«, der Mann nickte zum drittenmal. Monk trocknete sich ab und setzte sich auf sein Badetuch. »Schönes Meer. Schöner Strand, aber schade wegen der Leute, denen er gehört.«
    Der Russe sprach zum erstenmal – auf englisch. »Was für Leute?«
    »Die Araber. Die Jemeniten. Ich bin noch nicht lange hier, aber ich kann sie schon jetzt nicht ausstehen. Wertlose Leute.«
    Der Russe betrachtete ihn durch seine Sonnenbrille, aber der dunklen Gläser wegen konnte Monk seinen Blick nicht deuten. Nach zwei Minuten sprach er weiter.
    »Ich meine, ich versuche, ihnen den Gebrauch einfacher Maschinen und Traktoren beizubringen. Um ihre Ernteerträge zu steigern, damit sie sich selbst ernähren können. Aussichtslos! Sie ruinieren und demolieren alles. Ich vergeude nur meine Zeit und das Geld der Vereinten Nationen.«
    Monk sprach gut englisch, aber mit spanischem Akzent.
    »Sie sind Engländer?« fragte der Russe schließlich.
    »Nein, Spanier. Mitarbeiter des FAO-Programms der Vereinten Nationen. Und Sie? Auch Vereinte Nationen?«
    Der Russe grunzte etwas Verneinendes. »Aus der UdSSR«, antwortete er.
    »Ah, dann ist's für Sie hier heißer als zu Hause. Für mich? Ungefähr gleich. Und ich kann's kaum erwarten, wieder heimzukommen.«
    »Ich auch«, sagte der Russe. »Mir ist Kälte lieber.«
    »Sind Sie schon lange hier?«
    »Zwei Jahre. Und noch eines vor mir.«
    Monk lachte. »Großer Gott, wir werden für ein Jahr hergeschickt, aber so lange bleibe ich bestimmt nicht. Dieser Job ist sinnlos. Nun, ich muß weiter. Hören Sie, nach zwei Jahren müssen Sie sich auskennen: Gibt's hier 'ne gute Bar für 'nen Drink nach dem Abendessen? Irgendwelche Nachtclubs?«
    Der Russe lachte sarkastisch. »Nein, keine
diskoteki.
Die Bar im Rock Hotel ist ruhig.«
    »Danke. Oh, ich bin übrigens Esteban.

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