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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Badeort wäre er als einzelner Ausländer überall aufgefallen. Also informierte Monk sich über den Seeweg und hatte damit mehr Glück.
    Die stets devisenhungrige sowjetische Regierung gestattete der Black Sea Shipping Company, Mittelmeerkreuzfahrten zu veranstalten. Obwohl die Schiffe mit rein sowjetischer Besatzung fuhren, die selbstverständlich mit einigen KGB-Agenten durchsetzt war, kamen die Reiseteilnehmer fast ausschließlich aus dem Westen.
    Weil diese Kreuzfahrten für westliche Ausländer ziemlich billig waren, bestanden die Passagiere überwiegend aus Studenten, Akademikern und Senioren. Im Sommer 1986 waren drei Kreuzfahrtschiffe im Einsatz: die
Litva,
die
Latvia
und die
Armenia.
Ende September würde die
Armenia
in Jalta anlegen.
    Nach Auskunft des Londoner Agenten der Black Sea Shipping Company würde die
Armenia,
weitgehend leer aus Odessa kommend, den griechischen Hafen Piräus anlaufen. Von Griechenland aus würde sie nach Westen laufen, in Barcelona anlegen und auf der Rückreise Marseille, Neapel, Malta, Istanbul, den bulgarischen Schwarzmeerhafen Warna und schließlich Jalta anlaufen, bevor sie wieder Odessa erreichte. Die meisten Passagiere aus dem westlichen Ausland würden in Barcelona, Marseille oder Neapel an Bord gehen.
    Mit Unterstützung des britischen SIS wurde Ende Juli sehr geschickt in die Geschäftsräume der Londoner Agentur der sowjetischen Reederei eingebrochen. Die Einbrecher hinterließen keinerlei Spuren. Sie entwendeten auch nichts, aber die Londoner Buchungen für die
Armenia
wurden fotografiert.
    Wie diese Buchungen zeigten, würden an der Kreuzfahrt im September sechs Mitglieder der American-Soviet Friendship Society teilnehmen. In den USA wurden die sechs überprüft. Alle schienen in mittleren Jahren, aufrichtig, naiv und ehrlich um die Verbesserung der amerikanischsowjetischen Beziehungen bemüht zu sein. Außerdem lebten alle sechs im Nordosten der Vereinigten Staaten.
    Anfang August trat Professor Norman Kelson aus San Antonio, Texas, in die Gesellschaft ein und bekam ihre Broschüren zugeschickt. Daraus »erfuhr« er von der geplanten Kreuzfahrt mit der
Armenia,
die in Marseille beginnen sollte, und meldete sich als siebtes Mitglied der amerikanischen Gruppe an. Das sowjetische Reisebüro Intourist sah keinen Grund, Einwände zu erheben, und die zusätzliche Buchung wurde bestätigt.
    Der echte Norman Kelson war ein früherer CIA-Archivar, der in San Antonio im Ruhestand lebte und Jason Monk einigermaßen ähnlich sah, obwohl er fünfzehn Jahre älter war – ein Altersunterschied, der sich durch graugefärbte Haare und eine getönte Brille kompensieren ließ.
    Mitte August teilte Monk Solomin mit, sein Freund werde in Jalta am Haupteingang des botanischen Gartens auf ihn warten. Der Garten, eine berühmte Sehenswürdigkeit Jaltas, liegt außerhalb der Stadt – ein gutes Stück weit in Richtung Gursuf. Der Freund werde am 27. und 28. September jeweils mittags an den Drehkreuzen warten.
    Inspektor Wolski hatte schon etwas Verspätung, deshalb marschierte er rasch durch die Korridore des großen grauen Gebäudes an der Petrowka, in dem die Zentrale der Moskauer Miliz untergebracht ist. Sein Freund war nicht in seinem Büro, deshalb sah Wolski in den Bereitschaftsraum, wo er ihn im Gespräch mit einigen Kollegen antraf.
    »Tut mir leid, daß ich mich verspätet habe«, sagte Wolski.
    »Kein Problem. Komm, wir hauen gleich ab.«
    Männer mit ihrem Gehalt konnten es sich nicht leisten, zum Essen auszugehen, aber die Miliz betrieb eine sehr preiswerte Kantine, in der es Mahlzeiten auf Essensmarken gab, und das Essen war nicht einmal schlecht. Die beiden wandten sich der Tür zu. Gleich rechts daneben war ein Schwarzes Brett angebracht. Nach einem Blick darauf blieb Wolski wie angenagelt stehen.
    »Los, komm schon!« drängte sein Freund. »Sonst sind alle Tische weg.«
    »Hör mal«, sagte Wolski, als jeder seinen Schmorbraten und einen halben Liter Bier vor sich stehen hatte. »Vorhin im Bereitschaftsraum.«
    »Ja?«
    »An eurem Schwarzen Brett gleich neben der Tür hängt ein Bild. Anscheinend eine Fotokopie einer Zeichnung. Ein alter Kerl mit komischen Zähnen. Was ist mit dem?«
    »Ach, der«, sagte Inspektor Nowikow. »Das ist unser Phantom. Bei einer Angehörigen der englischen Botschaft ist eingebrochen worden. Von zwei Tätern. Sie haben nichts gestohlen, aber die Bude auf den Kopf gestellt. Als die Engländerin sie dabei überrascht hat, ist sie

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