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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Kriegsveteran. Kam von Montag bis Samstag jeden Abend nach Dienstschluß und putzte die Büros.«
    »Aber doch nicht mehr in der letzten Zeit?«
    »Nein. Erschien einfach nicht mehr zur Arbeit. Nach zwei Tagen mußte ich ihn ersetzen. Durch eine Kriegswitwe. Sehr gründliche Frau.«
    »Ab wann erschien er nicht mehr zur Arbeit?«
    Schilin zog einen Ordner aus einem Aktenschrank. Der Mann vermittelte den Eindruck, als werde in seinem Büro jeder Vorgang in den Akten festgehalten.
    »Da haben wir's. Er kam wie gewöhnlich am Abend des fünfzehnten Juli. Putzte wie immer und ging kurz vor Tagesanbruch. Trat allerdings am Abend darauf nicht mehr zum Dienst an und wurde seither nicht mehr gesehen. Ihre Zeugin muß ihn im Morgengrauen bemerkt haben, als er das Haus verließ. Er beging aber keinen Einbruch, er war nur der Raumpfleger.«
    Nowikow verneigte sich. »Damit sind alle Fragen geklärt.«
    »Nicht ganz!« bellte Schilin. »Sie haben ihn als Einbrecher bezeichnet.«
    »Zwei Abende nach seinem Verschwinden war er offenbar an einem Einbruch am Kutusowskiprospekt beteiligt. Die Bewohnerin des Hauses hat ihn identifiziert. Eine Woche später wurde er tot aufgefunden.«
    »Eine Schande!« knurrte Schilin. »Diese Flut von Verbrechen ist ein Skandal! Sie sollten endlich was dagegen tun!«
    »Wir versuchen es ja«, meinte Nowikow mit einem Achselzucken. »Aber wir haben zuwenig Personal. Was nutzen uns unsere guten Absichten, wenn wir von oben keine Unterstützung bekommen?«
    »Das wird sich ändern, Inspektor.« Schilin bekam auf einmal leuchtende Augen. »In einem halben Jahr wird Komarow unser Präsident sein. Dann werden Sie schon sehen, was sich alles ändert. Haben Sie seine Reden gelesen? Hartes Durchgreifen gegen die Verbrecher – das fordert er immer. Ein großer Mann! Wir können doch hoffentlich auf Ihre Stimme zählen.«
    »Selbstverständlich. Ähm, kennen Sie zufällig die Privatadresse des Raumpflegers?«
    Schilin kritzelte sie auf einen Zettel.
    Saizews Tochter weinte, zeigte sich aber ansonsten gefaßt. Sie sah das Foto nur kurz an und nickte. Dann warf sie einen Blick auf das Feldbett an der Wohnzimmerwand. Wenigstens hatten sie von jetzt an etwas mehr Platz.
    Nowikow ging. Er wollte Wolski Bescheid sagen, doch er wußte jetzt schon, daß kein Geld für die Beerdigung vorhanden sein würde. Sollte sich die Stadt Moskau um die Angelegenheit kümmern. Nicht nur Wohnraum war knapp, auch in der Leichenhalle reichte der Platz nicht.
    Zumindest konnte jetzt Wolski die Akte schließen. Der Mord an Saizew würde damit auf dem Stoß der übrigen siebenundneunzig Prozent ungeklärter Fälle landen.
Langley, September 1988
    Vor internationalen Konferenzen reichte das State Department routinemäßig die Listen mit den Namen der sowjetischen Delegationsmitglieder an die CIA weiter. Bei der bevorstehenden Silicon Valley Conference über theoretische Physik wurde das nicht anders gehandhabt. Allerdings hatte im Vorfeld der Tagung niemand damit gerechnet, daß die UdSSR der Einladung folgen würde. Doch Ende 1987 zeichnete sich ein Erfolg von Gorbatschows Reformpolitik ab, und Moskau lockerte sichtlich die Zügel. So entsandte es zur Überraschung der Organisatoren eine kleine Abordnung ins Silicon Valley.
    Zuallererst mußte das Immigration Office die Teilnehmer durchleuchten, konnte aber mit den Namen nichts anfangen, so daß es das State Department um Hilfe bat. Forschung und Wissenschaft waren in der Sowjetunion ein streng gehütetes Geheimnis. Allenfalls eine Handvoll Topleute war auch im Westen bekannt.
    Als die Liste in Langley eintraf, wanderte sie sogleich zur Abteilung Sowjetunion/Osteuropa und landete schließlich bei Monk, der zufällig gerade verfügbar war. Seine zwei Moskauer Agenten meldeten sich fleißig über die toten Briefkästen, und aus Ostberlin berichtete Oberst Turkin vom Kollaps des KGB in Westdeutschland.
    Monk ging die Liste mit den Namen der acht Leute durch, die im November in Kalifornien eintreffen sollten, vermochte jedoch nichts damit anzufangen. Die Wissenschaftler waren für die CIA samt und sonders unbeschriebene Blätter.
    Aber sobald Monk ein Problem witterte, entwickelte er den Eifer eines Jagdhunds. So versuchte er es auch in diesem Fall mit einer letzten Fährte. Obwohl das Klima zwischen der CIA und ihrem für das Inland zuständigen Äquivalent, der Abteilung Gegenspionage beim FBI, seit jeher als frostig und bisweilen sogar als vergiftet galt, vor allem seit der Affäre

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