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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Knechtschaft hielten. Falls er aufflog, wurde er gefoltert und dann ohne Gerichtsverfahren hingerichtet oder in ein Arbeitslager deportiert.
    Doch Kruglow hatte Wort gehalten. Bereits dreimal hatte er über tote Briefkästen mit aufschlußreichen Dokumenten hoher Beamter des Außenministeriums zu neuen Strategieansätzen aufwarten können. Nachdem man durch sorgfältige Retuschen die Quelle unkenntlich gemacht und die Dokumente dem State Department zur Verfügung gestellt hatte, war dieses in der Lage gewesen, die Verhandlungspositionen der Sowjets zu analysieren, noch ehe die Delegationen sich zusammensetzten. In den Jahren 1987 und 1988 steuerten die osteuropäischen Satelliten auf eine offene Revolte zu – Polen war bereits weg, in Rumänien, Ungarn und der Tschechoslowakei gärte es. In dieser Situation war es unbedingt erforderlich, in Erfahrung zu bringen, wie die Sowjetunion damit umgehen würde. Allein schon das Wissen darum, wie ausgelaugt und demoralisiert Moskau war, brachte einen unschätzbaren Vorteil. Und der war Kruglow zu verdanken.
    Doch im Mai übermittelte Delphi die Botschaft, daß er dringend ein Treffen brauche. Er habe etwas besonders Wichtiges und wolle seinen Freund Jason sehen. Harry Gaunt war außer sich.
    »Das mit Jalta war schlimm genug. Keiner von uns konnte in der Zeit gut schlafen. Sie sind noch mal davongekommen, aber es hätte genausogut eine Falle sein können. Jetzt laufen wir die gleiche Gefahr. Okay, die Codes sind in Ordnung, aber wer sagt uns denn, daß er nicht erwischt worden ist und ausgepackt hat? Sie wissen einfach zuviel.«
    »Harry, dieser Tage sind hunderttausend amerikanische Touristen in Moskau. Es ist nicht mehr so wie früher. Der KGB kann unmöglich alle durchleuchten. Wenn die Tarnung stimmt, ist man einer unter zigtausend. Da müßten sie einen schon auf frischer Tat ertappen. Und glauben Sie wirklich, die würden einen amerikanischen Staatsbürger foltern? Heute noch? Die Tarnung wird perfekt sein. Außerdem bin ich von Haus aus vorsichtig. Ich spreche russisch, werde aber so tun, als verstünde ich kein Wort. Ich bin ein harmloser Einfaltspinsel aus Amerika mit einem Führer unter dem Arm. Aus meiner Rolle werde ich erst dann schlüpfen, wenn ich sicher bin, daß mich niemand beschattet. Vertrauen Sie mir.«
    Amerika verfügt über ein ungeheures Netzwerk an Stiftungen zur Förderung verschiedenster Formen und Spielarten von Kunst. Eine davon organisierte gerade eine Studienreise nach Moskau, deren Höhepunkt die Besichtigung des berühmten Museums für orientalische Kunst in der Obuchastraße war. Monk trug sich als Teilnehmer ein.
    Als Dr. Philip Peters mit den übrigen Mitgliedern der amerikanischen Reisegruppe Mitte Juni in Moskau eintraf, waren Monks Biographie und seine Papiere nicht nur absolut stimmig, sondern authentisch. Kruglow war in Kenntnis gesetzt worden.
    Der zwingend vorgeschriebene Führer von Intourist nahm die Amerikaner am Flughafen in Empfang und brachte sie zum Hotel Rossija, einem häßlichen Bau, der mindestens so groß wie das Gefängnis von Alcatraz war, nur nicht mit dem gleichen Komfort ausgestattet. Den Bildungsurlaubern wurde das übliche Programm geboten, und am dritten Tag besuchten sie das Museum für die Kunst der Völker des Orients. Monk hatte sich bereits in den Staaten eingehendst informiert. Das Museum war großzügig angelegt und bot zwischen den einzelnen Vitrinen ausreichend Platz, so daß er getrost davon ausgehen konnte, daß er einen Geheimpolizisten auch in größeren Menschentrauben erkennen würde.
    Seinen Kontaktmann entdeckte er nach zwanzig Minuten. Pflichtbewußt folgte er weiter seinem Führer, und Kruglow trottete in einigem Abstand hinterher. Beschattet wurden sie nicht; dessen war er sich absolut sicher, als er zum Cafe strebte.
    Cafes in Moskauer Museen waren keine Selbstverständlichkeit. In desem war erst kurz zuvor eines eingerichtet worden. Und in jedem Cafe gibt es auch Toiletten.
    Die zwei Männer tranken ihren Kaffee, jeder für sich, doch Monk stellte Blickkontakt her. Wäre Kruglow dem KGB in die Hände gefallen, hätten sie ihn sich mit Folter gefügig gemacht, und das hätte sich auch in seinen Augen widergespiegelt. Angst. Verzweiflung. Eine Warnung. Kruglows Augen funkelten vor Vergnügen. Folglich war er entweder der größte Doppelagent, den die Welt je gesehen hatte, oder er war sauber. Monk stand auf und verschwand in der Herrentoilette. Kruglow folgte ihm. Sie hatten Glück. Nur ein

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