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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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große Story daraus machen. Und nicht nur sie – die übrige Auslandspresse ebenso. Warum lassen Sie nicht einfach die Botschaft das Ganze regeln? Die Fakten liegen doch auf der Hand. Ein mißglückter Überfall mit tragischem Ende. Mit Sicherheit haben die Verbrecher ihn auf russisch angeschrien, und er hat kein Wort verstanden. Das interpretierten sie wahrscheinlich als Widerstand und schossen sofort. Wirklich tragisch. Meinen Sie nicht auch, daß es genauso gelaufen ist?«
    Lopatin nickte. »Natürlich! Ein mißglückter Überfall.«
    »Das heißt, Sie werden alles daransetzen, die Verbrecher zu fassen. Andererseits wissen wir beide als Profis, daß Sie genausogut eine Nadel im Heuhaufen suchen könnten. Darum schlage ich vor: Überlassen Sie die Überführung der Leiche unseren Leuten vom Konsulat. Und lassen Sie am besten auch uns die britische Presse bedienen. Einverstanden?«
    »Das klingt alles sehr vernünftig.«
    »Dann brauchte ich eigentlich nur noch die persönlichen Besitzgegenstände. Für die Lösung des Falls sind sie ja nicht mehr relevant. Ihnen würde allenfalls die Brieftasche noch etwas nutzen, wenn man sie jemals finden sollte. Und natürlich die Kreditkarten. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand so dumm ist und sie benutzt.«
    Lopatin warf einen Blick auf die nierenförmige Schale mit ihrem kärglichen Inhalt. »Aber ich brauche Ihre Unterschrift.«
    »Selbstverständlich. Listen Sie die Gegenstände auf.«
    Sie trieben einen Umschlag auf, in dem sie nacheinander alles verstauten: einen Siegelring, eine goldene Uhr mit einem Armband aus Krokodilleder, ein zusammengefaltetes Taschentuch sowie eine kleine Tüte mitsamt deren Inhalt. Macdonald bestätigte den Empfang und fuhr mit seiner Ausbeute zur Botschaft zurück.
    Weder Macdonald noch der Inspektor konnten ahnen, daß den Mördern zwei Fehler unterlaufen waren. Sie hatten den Auftrag erhalten, die Brieftasche zusammen mit dem Personalausweis und, koste es, was es wolle, den Kassettenrecorder an sich zu nehmen.
    Freilich wußten sie nicht, daß Briten nicht dazu verpflichtet sind, sich einen Personalausweis ausstellen zu lassen, und einen Paß nur dann benötigen, wenn sie ins Ausland reisen, und diesen in der Regel im Hotel zurücklassen. Und schließlich hatten die Mörder es auch noch versäumt, in der äußeren Brusttasche nachzusehen, in der sich die Plastikkarte für das Hotelzimmer befand. Somit hatten sie die Identifizierung ihres Opfers binnen zwei Stunden nach der Tat ermöglicht.
    Zu ihrem Unvermögen kam auch noch Pech hinzu, für das die Killer allerdings nichts konnten. Eine Kugel war nicht in der Brieftasche steckengeblieben, sondern hatte den Kassettenrecorder getroffen, der sich in der gleichen Tasche befand. Sie hatte nicht nur den gesamten komplizierten Mechanismus zerstört, sondern auch das Band zerfetzt und damit völlig unbrauchbar gemacht.
    Inspektor Nowikow hatte den für das Personalwesen der UPK verantwortlichen Abteilungsleiter, einen gewissen Schilin, um einen Termin gebeten und mußte sich nun am zehnten August um zehn Uhr in der Parteizentrale einfinden. Weil er befürchtete, der Mann würde wenig Verständnis zeigen und ihn kurz abfertigen, ging Nowikow nicht ohne Unbehagen in dieses Gespräch.
    Schilin gab sich sehr exakt, was sich äußerlich in seinem dunkelgrauen Anzug, seinem wie mit einem Lineal gezogenen Schnurrbart und seiner randlosen Brille spiegelte. Mit einem Wort, er vermittelte den Eindruck eines Bürokraten von früher, der er im Grunde auch war.
    »Meine Zeit ist knapp bemessen, Inspektor. Fassen Sie sich also bitte kurz.«
    »Gewiß. Wir untersuchen den Tod eines Mannes, bei dem es sich meiner Meinung nach um einen Einbrecher gehandelt haben könnte. Eine Zeugin glaubt gesehen zu haben, daß er um dieses Gebäude herumschlich. Darum möchte ich nicht ausschließen, daß er hier einsteigen wollte.«
    Schilin bedachte ihn mit einem dünnen Lächeln. »Das bezweifle ich. Wir leben in einer unsicheren Zeit, Inspektor. Gezwungenermaßen haben wir daher alle erdenklichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen.«
    »Das beruhigt mich. Aber haben Sie diesen Mann schon einmal gesehen?«
    Schilin warf einen Blick auf das Foto in Nowikows Hand.
    »Mein Gott, das ist ja Saizew!«
    »Wer?«
    »Saizew, der alte Raumpfleger. Ein Einbrecher, sagen Sie? Unmöglich!«
    »Könnten Sie mich bitte über diesen Saizew aufklären?«
    »Da gibt es nichts Erwähnenswertes. Wurde vor etwa einem Jahr eingestellt.

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