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Das Schwarze Weib

Titel: Das Schwarze Weib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Wolff
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sonderlich. Hübsch war sie und von schmeidiger, reizvoller Gestalt, aber sie hatte etwas Vorlautes und Gefallsüchtiges, das Trudi abstieß und ihr zu Franzens gediegener, gradsinniger Art so gar nicht zu passen schien. Das machte es ihr begreiflich, daß er zu einer ehelichen Verbindung mit dem oberflächlichen Mädchen nicht geneigt war. Aber deshalb war es ihr auch weniger peinlich, als es ihr unter anderen Umständen gewesen wäre, daß sich Franz so lebhaft und vorzugsweise mit ihr beschäftigte.
    Als sie sehen wollte, welchen Eindruck sein Verhalten auf Jakobine machte und sich nach der Seite hinwandte, wo jene saß, begegnete sie einem bohrenden, zornigen Blick aus deren braunen Augen, der ihr unangenehm, ja unheimlich war. Was ist das? dachte sie, Eifersucht? Nichts anderes konnte es sein, und um dieses Gefühl in dem beleidigten Mädchen ihrerseits nicht zu nähren, unterhielt sie sich von nun an fast ausschließlich mit der neben ihr sitzenden Ammerie, mußte aber doch dann und wann wieder zu Jakobine hinschauen, die von einer fortwährenden Hast und Unruhe ergriffen schien. Der Faden riß ihr öfter beim Spinnen, und sie mußte das Rad in Stillstand bringen, um ihn wieder anzuknüpfen, wobei ihr, wie Trudi nicht entging, die Hände zitterten. Das konnte reiner Zufall sein oder eine ganz belanglose Ursache haben, aber daß ihre Ahnung sie nicht betrogen hatte und daß sie selber die unbewußte Anstifterin von Jakobinens Verwirrung war, sollte ihr sogleich aus Ammeries Munde bestätigt werden. Diese flüsterte ihr zu: »Du stehst unter scharfer Aufsicht, Trudi, du und der Franz dazu. Jakobine beobachtet euch beide unausgesetzt.«
    »Hast du's auch bemerkt?« fragte Trudi erschrocken.
    Ammerie nickte. »Schadet nichts,« sagte sie, »laß sie nur! mag doch Franz sehen, wie er mit ihr fertig wird. Du hast dir nichts vorzuwerfen, und in den Spinnstuben wird noch anderes gesponnen als Flachs. Das ist nun mal so Brauch und ein Gaudi für alle, vor deren Augen sich das ganz unverhohlen abspielt.« Und nun offenbarte sie Trudi eine Reihe von Techtelmechteln, die sich unter einzelnen Paaren hier angebandelt hatten.
    »Siehst du den hübschen, schlanken Burschen da mit dem schwarzen Schnurrbart?« sprach sie. »Das ist Hubert Lingenfelder, und der er jetzt die Hand auf die Schulter legt, ist gegenwärtig seine Liebste, Gustel Breitinger, ein Teufelsmädel, hat's faustdick hintern Ohren. Die Hellblonde neben ihr ist Lina Buschard, und der stattliche Bub, mit dem sie tuschelt und kichert, ist ihr Schatz, aber nicht ihr erster, Lebrecht Obenauer, der Sohn des Schmiedemeisters. Die da rechts, die sich auf ihrem Schemel zurücklehnt und dem hinter ihr Stehenden so herzenstief in die Augen blickt, ist Sophie Lingenfelder, dem Hubert seine Schwester und ein Ausbund von Durchtriebenheit, und er ist der junge Kernberger, genannt Ludolf der Schöne. Die beiden haben sich jetzt erst zusammengefunden, sind aber schon sehr vertraut miteinander.«
    »Was du nicht alles weißt!« lächelte Trudi. »Hast du auch schon einen Schatz?«
    »Noch nicht,« erwiderte Ammerie, »aber ich schaff mir bald einen an. So jüngferlich einschichtig wird mir's nachgerade zu langweilig; es muß ja nicht gleich geheiratet werden.«
    »Warum denn nicht? worauf denn warten?« fragte Trudi. »Hast dir wohl schon einen ausersehen?«
    »Nein, nein!« sagte Ammerie schnell und ein wenig errötend, »aber denkst du denn, daß sich die alle heiraten wollen, die hier miteinander schäkern und sich nachher auf dem Nachhausewege heimlich küssen? i Gott bewahre! Das ist bloß für diesen Winter, im nächsten hat jeder wieder ein anderes Lieb im Arm, da tauschen die Buben und Mädchen, ohne ein Wort darüber zu verlieren.«
    »Was? da tauschen sie?«
    »Natürlich! man will doch seine Abwechselung haben.«
    »Aber das ist ja schrecklich,« sprach Trudi entrüstet. »Wie kann man denn jeden Winter einen andern lieb haben und sich von einem andern herzen und küssen lassen?«
    »Dazu sind doch die Spinnstuben da,« lachte Ammerie, »und dafür sind wir alleweil die lustigen Pfälzer und nehmen die Dinge nicht so schwer wie ihr da drüben im Reich, weit hinterm Rhein.«
    Trudi schwieg und wurde nachdenklich. Als sie aber hörte, wie Wilm Steinecker, Jakobinens Bruder, ein untersetzter, vierschrötiger Bursch, Franz zurief: »Fränzel, du bist ja wie festgebannt auf deinem Platz; komm doch mal hierher, hier sind auch noch Leute!« bückte sie sich schnell und

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