Das Schwarze Weib
Trutz aneinander geschmiegt. Die Größere hatte einen Arm um den Nacken der Kleineren geschlungen, und beide schauten Franz mit blitzenden Augen herausfordernd an und trieben ihn mit neckischen Spitzreden über seine unzeitige Neugier auf den erst kürzlich gekelterten Rebensaft so in die Enge, daß ihm dabei nicht ganz wohl in seiner Haut wurde. Daß sie ihn mit seiner törichten Frage einfach ausgelacht hatten, nahm er ihnen nicht übel, weil er einsah, daß er nichts Besseres darauf verdient hatte. Um jedoch seine Sachkenntnis im Ausbau des Weines den beiden Schlauköpfen gegenüber nicht noch mehr in Mißkredit zu bringen, verabschiedete er sich bald von ihnen, durchaus zufrieden mit seinem Besuche, der ja nur Trudi gegolten hatte.
Eine Begegnung mit ihr war ihm seit der auf die Armbruster'sche bald folgende Lese in den Wingerten seines Vaters, bei der nun die vom Abtshofe geholfen hatten, nicht vergönnt gewesen. Das war schon einige Wochen her, weil in dieser arbeitsreichen Zeit keine Muße zu freundschaftlichem Verkehr übrig blieb und man auch die Sonntage ausnutzen mußte, um nichts zu versäumen, was nur schwer oder überhaupt nicht nachgeholt werden konnte.
Aber der Wunsch, Trudi wiederzusehen, war immer lebhafter in Franzens Seele geworden, denn die Würzburgerin hatte ihm beim Traubenschneiden in den Weinbergen außerordentlich gut gefallen, und nun trieb es ihn mit Macht, sich ihr einmal wieder zu nähern.
Als er weggegangen war und die beiden Mädchen sich wieder allein befanden, sagte Ammerie: »Ich begreife nicht, was der Franz hier bei uns gewollt hat. Seine Frage nach dem Neuen war doch weiter nichts als eine ungeschickte Ausrede, um seinem Erscheinen hier einen gewissen Anstrich zu geben, es gleichsam zu entschuldigen, denn einen Grund, einen ganz bestimmten Grund hatte es. Meinetwegen aber ist er nicht gekommen, also kann es nur deinetwegen geschehen sein.«
»Meinetwegen? aber Ammerie!«
»Ja, weswegen denn sonst?«
»Nein, nein!« stritt Trudi dagegen. »Du selber hast ihn, als er bei unserer Lese so tat, als wollte er – na sagen wir's rund heraus, als wollte er einen Kuß von mir haben, an eine andere erinnert, mit der er doch schon –«
»Ach, damit wollt ich ihm ja nur auf den Zahn fühlen, und nun weiß ich Bescheid,« unterbrach Ammerie ihre Muhme. »Die ungeschliffenen Worte, mit denen er mich dabei abspeiste, bestärken mich noch in meiner Vermutung, daß sich Franz aus der Jakobine nichts macht. Sie ist ihm vielleicht nicht ganz zuwider, weil sie ein hübsches Mädel ist, ihm sehr entgegenkommt und sich gefällig von ihm karessieren und sponseren läßt, aber daß er sie wirklich liebt, glaub ich nun und nimmermehr. Mir scheint es zwischen den beiden Alten, dem Gersbacher und dem Steinecker, eine abgekartete Sache zu sein, daß aus Franz und Jakobine ein Paar werden soll, damit zwei große Batzen Geld in einen Sack kommen. Aber von Liebe ist, wenigstens auf seiner Seite, dabei nicht die Rede; sie sind auch nicht miteinander versprochen, und das müßten sie längst sein, wenn es dem Franz ernstlich um eine Heirat mit ihr zu tun wäre.«
»Dann begeht er ein Unrecht an ihr, wenn er sie mit Lauheit und Halbheit hinhält und es mit ansieht, daß sie sich in Hoffnungen wiegt, die zu erfüllen er nicht gesonnen ist,« sprach Trudi mit einem Eifer, der sie gut kleidete.
»Die Jakobine ist es ja, die ihn nicht losläßt und ihm förmlich nachstellt,« rief Ammerie heftig. »Und er? – teils ist er zu gutmütig, um sie durch eine schroffe Abweisung zu kränken, teils wagt er nicht, sich dem Willen seines Vaters zu widersetzen. Ich tu meinem Vater zu Lieb, was ich nur weiß und kann, aber einen Mann, den ich nicht liebe, ließ' ich mir mit keiner Gewalt aufdrängen.«
»Ammerie, – sieh mir mal grad ins Gesicht!« sagte Trudi. »Möchtest du den Franz vielleicht selber gern haben?«
»Ich?« Ammerie lachte hell auf. »Nein, Trudi, da bist du auf dem Holzwege. Meinetwegen mag er nehmen, wen er Lust hat; ich will ihn nicht und er mich nicht. Aber ein braver Bursch ist's, der das Herz auf dem rechten Fleck hat, und beileibe nicht so einfältig, wie er sich heute hier gestellt hat, nur gestellt hat, um unter diesem Deckmantel der Unschuld zu seinem Ziele zu kommen, das heißt, dich wiederzusehen.«
»Ich bezweifle seine guten Eigenschaften durchaus nicht,« erwiderte Trudi ruhig, »bin aber nicht so eitel, mir einzubilden, daß er um meinetwillen hierher gekommen wäre, und lasse
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