Das Schwarze Weib
nein,« seufzte sie, »ich durfte dich immer dreist anfassen ohne mich an dir zu versengen. Aber jetzt – jetzt tust du ganz fremd mir gegenüber; warum? warum?«
Auf dieses Warum erfolgte keine Antwort.
»Franz, hast du mich gar nicht mehr lieb?«
Er schwieg noch immer. Da schlang sie den runden, weichen Arm um seinen Nacken, schmiegte sich an ihn und girrte: »Früher hast du mich manchmal geküßt, nun schon seit langem nicht mehr. – Franz! Lieber! komm her! versuche ob meine Lippen nicht noch ebenso frisch und mollig sind wie – wie damals.« Und ehe er sich dessen versah, brannte ihr Mund auf dem seinen.
Er konnte sich ihrer nicht erwehren, sie ließ ihn nicht los. Dann hob sie den Becher, nippte daran und bot ihn ihm dar: »Trink! trink auf mein Wohl! trink aus!«
Er tat nach ihrem Geheiß wie unter einem unwiderstehlichen Bann. Ihre Augen waren dicht vor den seinen und blinkten voll Sehnsucht und Verlangen. Fest drückte sie ihn an ihre Brust, die ihm aus dem Ausschnitt des Kleides voll und weiß entgegenschimmerte, und küßte ihn mit einer Inbrunst, die ihn hinriß, ihre Küsse mit gleicher Glut zu erwidern. Er wußte nicht, wie ihm geschah, er sollte sich abkühlen mit dem erquickenden Wein, griff zum Becher und trank ihn aus. Immer wieder füllte ihn Jakobine, und immer wieder leerte ihn Franz. »Recht so!« jubelte sie, »trinke dir Liebe! aus Rebenblut quillt Herzenslust!«
Ja, das Herz schlug ihm ungestüm. Er hielt die üppige Gestalt des Mädchens in seinen Armen, nicht mehr Herr seiner selbst. Nun setzte sie sich ihm aufs Knie, umwand und umstrickte ihn noch enger und fester. Ihre Wange lag an seiner, er hörte ihren fliegenden Atem, fühlte ihre schmeidigen Glieder und wie sie in lodernder Leidenschaft zitterte und bebte.
Plötzlich richtete sie sich auf, packte ihn, sah ihn durchbohrend an und flüsterte: »Franz, versprich mir, schwöre mir, daß du dir die andere – die Würzburgische aus dem Sinn schlagen und mein sein willst wie ich dein mit Leib und Seele, ganz – ganz –«
Da – »Trudi!!« schrie er in Angst und Schrecken auf. Ihm schwindelte der Kopf, ihm perlte die Stirn, und als er sich von der ihn Umklammernden befreien wollte, spürte er, daß er auf dem Sitze wankte und taumelte. Mit einem Ruck schüttelte er sie von sich ab und sprang empor. »Jakobine! was ist das?« rief er mit gewaltsamer Aufbietung seiner ihm fast entschwundenen Denkfähigkeit. »Das geht nicht mit rechten Dingen zu. Unselige, was hast du in den Wein gemischt? Du hast mich berauscht, du willst mich berücken und verführen, zu tun, was mich mein Leben lang reuen würde.« Zorn und Empörung gaben ihm die Geistesgegenwart zurück, und vor Aufregung keuchend schloß er: »Mit uns ist's aus für immer; ich verabscheue dich!«
Jakobine erwiderte kein Wort, und er konnte ihre Züge nicht mehr deutlich erkennen, weil es mittlerweile tief dämmerig in der Laube geworden war. Er sah nur noch, daß sie, wie zu einer Bildsäule erstarrt, bewegungslos an einem Pfosten lehnte. Eilends verließ er sie und schwankte unsicheren Schrittes heimwärts. –
Auf dem väterlichen Gehöft saßen die Seinigen noch im Freien und betrachteten ihn, wie er in so haltlosem Zustande daherkam, sehr erstaunt. Scheu grüßend drückte er sich an ihnen vorbei, und in seiner Kammer schnell entkleidet, warf er sich stöhnend ins Bett, wo ihn ein bleierner Schlaf überfiel und seine quälenden Gedanken mit schneller Betäubung erstickte.
Am Morgen erwachte er mit schwerem Kopf, doch mit klarer Erinnerung. Da machte er sich die bittersten Vorwürfe über das, was er getan, wozu er sich hatte verleiten lassen, und verwünschte den Tag und die Stunde, wo er sich so schmählich vergessen hatte. Als er zum gemeinsamen Frühmahl erschien, fragte ihn sein Vater, der für einen ehrlichen Rausch Nachsicht und Verständnis hatte, mit gemütlichem Ton: »Nun erzähle mal, Fränzel, wo du dir den großen Affen gekauft hast, den du gestern abend auf runde Füß mit nach Hause brachtest.«
Sein Bruder Steffen blinzelte ihm belustigt zu, die Mutter aber schaute ernst und besorgt darein, denn ihr ahnte nichts Gutes.
»Ich will's euch sagen,« erwiderte Franz, noch immer verstört und verbissen. »Die Jakobine hatte mich zu sich bestellt, um sich – um mir einen Verspruch abzulisten. Mit gemanschtem Wein hat sie mich betrunken gemacht und –« Er stützte den Ellenbogen auf den Tisch und preßte die Faust gegen die brennende Stirn.
»Na,
Weitere Kostenlose Bücher