Das Schwarze Weib
Leibeigenschaft! Weißt du was? laß die beiden heiraten, sofort! dann möcht' ich den sehen, der es wagte, mir auf den Hof zu kommen und meines Sohnes Weib zu pfänden.«
»Man würde dich nicht erst fragen, Florian,« erwiderte Christoph. »Dagegen hilft uns kein Stemmen und Sperren und auch nicht der Ring am Finger. Du kennst mich, daß ich nicht einer bin, der allweg fügsam klein beigibt; aber was das Schicksal bringt, muß ich hinnehmen wie Frost und Hagel in meinem Wingert. Es trifft mich hart, doch niederwerfen soll's mich nicht. Ich werde Trudi schützen, so gut ich vermag, und leichten Herzens geb' ich sie nicht her, auch nicht ohne Widerstand, den zu leisten in meiner Macht steht; darauf verlaß dich!«
Hand schlug fest in Hand; so schieden sie.
Florian Gersbacher schaute dem Bürgermeister nach, wie er straff und stramm mit etwas gesenktem Haupt über den Hof dahinschritt, aber nicht wie ein unter schwerer Last Gebeugter, sondern wie ein Wanderer, der gegen den daherbrausenden Sturm auf seinem Wege, ihm die Stirn bietend, mutig ankämpft.
Fünfzehntes Kapitel.
Ein so heiterer Sonnenschein auch in den ersten Septembertagen über der Pfalz gebreitet lag, die Rebengelände vergoldete, unten auf dem Rheine sich spiegelte und oben in den Fenstern der Wachtenburg funkelte und blitzte, als stünden dort Reisige mit blinkendem Stahlhelm und Harnisch – Steineckers Haus, das er wie alle anderen außen umwob, konnte er innen nicht aufhellen und durchwärmen und fand dort keine fröhlichen Gesichter, die ihm sein wohlmeinendes Lächeln erwiderten. Wie hängendes, verstaubtes Spinnweb an nicht gesäuberten Wänden, so nisteten Unzufriedenheit und Verdrossenheit in den Stuben und Kammern und ließen die Gemütsverfassung, den Verkehr untereinander, das ganze Dasein der Bewohner grau in grau erscheinen.
Sie fühlten sich vereinsamt, vernachlässigt, beinah gemieden von so manchen, die sich früher zu ihnen gehalten hatten. Vor allem war das ehemals freundschaftliche Verhältnis zwischen ihnen und den Gersbachers mehr und mehr ein widerhaariges, feindliches geworden, und der Grund davon lag klar auf der Hand. Der einst beiderseitig gefaßte Plan einer Verheiratung von Sohn und Tochter der zwei Familien zerschlug sich oder hatte sich vielmehr bereits zerschlagen. Gersbacher löste sein Wort, das er Adam Steinecker für das Zustandekommen dieses Ehebundes gegeben hatte, nicht ein, denn obgleich er es noch nicht ausdrücklich zurückgenommen hatte, war doch an eine Erfüllung nicht mehr zu denken. Sie müßten ja blind gewesen sein, um nicht zu sehen, daß sich Franz mit Wissen und Billigung seiner Eltern von Jakobinen völlig losgesagt und so zu Armbrusters Trudi hingeneigt hatte, daß die öffentliche Kundgebung des Verspruches täglich zu erwarten war. Und war ihnen bis in die jüngste Zeit noch ein Zweifel daran geblieben, so hatte ihn Gersbachers grobe Abfertigung, die er dem Vater Jakobinens beim Schoppenglase hatte zuteil werden lassen, in nicht mißzuverstehender Weise endgültig beseitigt. Diese in Gegenwart anderer Gäste ihm zugefügte Beleidigung, auf die er die Antwort schuldig geblieben war, konnte Steinecker nicht verwinden.
Die Entstehung des Zerwürfnisses, besonders die Vereitelung des Heiratsplanes schrieb er dem, wie er glaubte, überall ihm entgegenarbeitenden Einflusse des mit Gersbacher sehr vertrauten Bürgermeisters zu, der, wie er behauptete, schon seit Jahren, sein entschiedener Widersacher wäre, weil er die Geschäftsverbindung mit Hammichel nicht abbrechen wollte. Aber auch seine Tochter Jakobine bekam bittere Vorwürfe von ihm zu hören, daß sie sich töricht und ungeschickt benommen, sich den fürsorglich für sie festgemachten reichen Bauernsohn entgehen lassen und nichts getan hätte, ihn festzuhalten, so daß ihn nun Armbrusters für ihre hergelaufene, habelose Niftel geangelt hätten.
Dazu schwieg die Gescholtene, weil sie das besser wußte als ihr Vater, ihn aber nicht darüber aufklären wollte. Außer dem, nicht einmal verdienten, väterlichen Zorn hatte sie aber auch bei vielen Wachenheimern großes Ärgernis dadurch erregt, daß sie sich bei dem Brande leidenschaftlich auf Franz geworfen hatte, um ihn an der Rettung Trudis zu hindern, weil er ja selber dabei verloren, d. h. ihr verloren gehen konnte. Das deuchte ihnen unweiblich und obendrein gefühllos gegen die in Lebensgefahr Schwebende, und manch einer und eine ließ das sie und ihre Familie deutlich
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