Das Schwarze Weib
Euer Gnaden!« antwortete Ammerie. »Das ist meine Muhme, die berühmte Trudi, von Geburt Würzburgerin, von Beruf Lebensretterin und außerdem vorzügliche Tänzerin, weil ich sie diese schöne Kunst gelehrt habe.«
Von Geburt Würzburgerin, – also wirklich eine Fremde! »Ich habe von deiner Tat gehört, du liebes Mädchen,« wandte er sich an sie, »und bezeuge dir meine größte Achtung und Freude darüber.« Dann stieg er ab und fragte: »Sagt mal, Kinder, ist kein Knecht da, der meinen Gaul in den Stall bringt? ich werde wohl einigen Aufenthalt beim Herrn Bürgermeister haben.«
»Dazu ist kein Knecht nötig, das kann ich auch besorgen,« sprach Ammerie. »Darf ich Euren Schimmel in den Stall reiten , Herr Reichsfreiherr? eins, zwei, drei bin ich oben.«
»In Trab und Galopp!« erwiderte der Freiherr belustigt und half ihr, wie sie sich behend in den Sattel schwang, natürlich quer, wie Frauen reiten.
Trudi erschrak über die Kühnheit, faßte das Pferd am Zügel und führte es, obwohl Ammerie das nicht leiden wollte. So zogen sie, auf dem Wege dahin einen Bogen über den Hof machend, mit dem geduldigen Tiere dem Stalle zu.
Da erschien Christoph Armbruster in der Haustür, übersah mit einem Blicke, was hier vorging, wußte aber auch sofort, was ihm nun bevorstand. »Aber Mädchen!« rief er.
»Laß sie doch!« lachte der Freiherr, »mein alter Pascha geht mit deinem Grashupf nicht durch.« Dann reichten sie sich die Hände.
Ammerie sprang vor dem Stalle vom Pferde und überließ es dem nun herzueilenden Knechte.
Den beiden Mädchen erteilte Christoph den Auftrag, einen Krug Wachenheimer Gerümpel und Gläser in seine Stube zu schaffen.
»Aha! hast's also doch nicht vergessen, Chrischtoph, was ich dir bei meinem vorigen Besuche sagte, als du mich mit meinem pfälzer ›Dorscht‹ ungetränkt abreiten ließest,« sprach Herr Dietrich in absichtlich scherzhaftem Tone, um nicht gleich von vornherein die trübklingende Saite anzuschlagen. »Nun, ich nehm's mit Dank an, und dein köstliches Gerümpel kommt mir sehr gelegen; es weht ein trockner Wind, der einem den Staub in die Kehle treibt. – Ein schönes Mädchen, deine Niftel! hab' ihr schon meine Anerkennung ausgesprochen über das, was sie getan hat,« fuhr er fort, während ihn der Bürgermeister ins Haus und in seine Amtsstube geleitete.
»Da setz' dich in meinen Sorgenstuhl,« sagte Christoph mit gedämpfter Stimme, denn ihm war schwer ums Herz.
»Im Sorgenstuhl hab' ich heut' auch schon gesessen. – deinetwegen,« erwiderte der Freiherr, dem auch nichts weniger als leicht zumute war, und sie nahmen einander gegenüber an dem großen Schreibtische Platz.
Jetzt brachten die Mädchen den Wein, und Ammerie schenkte die Gläser voll. Der Freiherr redete Trudi wieder an: »Also, liebe Trudi, gib mir noch einmal deine Hand, die so tapfer zuzugreifen versteht, wo's not tut. Das will ich dir gedenken, und wenn ich dir mal helfen kann, soll's gern geschehen; kannst auf mich bauen.«
Tief knicksend dankte Trudi und verließ das Zimmer mit Ammerie, die ihr draußen zuflüsterte: »Du, das gibt heut trotz Gerümpel einen Krach zwischen den beiden. Hast du dir ihre Gesichter angesehen? – gräßlich! Woll'n wir mal ein bißchen horchen?«
»Nein, gehorcht wird nicht!« lehnte Trudi ab. »Sind ja gute Freunde; was sollte sie denn entzweien?« –
Schweigend tranken die beiden Alten sich zu und stellten schweigend die Gläser nieder.
»Chrischtoph,« begann endlich Herr von Remchingen ernst, fast feierlich, »wir sind von Kindesbeinen an zusammen durchs Leben gewandert, und unsere Freundschaft hat in Freud' und Leid standgehalten. Drum zweifle auch heut' an der meinigen nicht, wenn ich dir ein Wort sagen muß, das, falls es dir nicht völlig fremd ist, dich ein wenig erschrecken wird. Chrischtoph, das Wildfangrecht klopft an das Tor des Abtshofes.«
»Ich weiß es, Dieter,« sprach Christoph. »Du kommst Trudis wegen und willst sie hörig machen.«
»So ist es. Kennst du das Wildfangrecht?«
»Ja! vom Schultheißen hab' ich's mir erklären lassen. Nun rate du mir, wie ich mich dagegen verhalten soll.«
»Wüßt' ich nur Rat, mein Alter! dann wollt' ich's wahrlich nicht daran fehlen lassen,« versetzte der Freiherr. »Du hast gehört, was ich eben Trudi gesagt habe.«
»Gerade aus deinen Worten schöpft' ich die Hoffnung, daß du das Mädchen mit der Hörigkeit verschonen könntest, wenn ich – wenn ich dich darum bitte.«
»Bitten, Chrischtoph!
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