Das Schwarze Weib
benommen hat, das ist eine Fremde?« fragte der Freiherr verwundert.
»Ganz recht, Euer Gnaden, dieselbige.«
»Lippert, woher weißt du das?«
»Das, Euer Gnaden, bitte ich mir zu erlassen,« entgegnete Lippert verlegen; »ich soll's verschweigen.«
»Was fällt dir ein, Mensch? komm mir nicht mit so dummen Ausflüchten! Du hast zu antworten, wenn ich frage,« herrschte ihn der Gebieter an. »Von wem weißt du's?«
»Junker Ulrich hat mir's gesagt und darauf gedrungen, den Wildfang als Hörige und Leibeigene für den Herrn Reichsfreiherrn in Anspruch zu nehmen,« mußte der Faut nun gestehen.
»So! – Junker Ulrich!« sprach der Freiherr gedehnt. »Wie lange ist das Mädchen schon hier?«
»Zu Kreuz-Erhöhung wirds ein Jahr; also nur noch wenige Tage fehlen, dann soll ich die Fremde hier aufs Schloß bringen,« erwiderte Lippert.
»Hm!« machte Herr von Remchingen. »Nun, du hast wohlgetan, mich diesmal erst um Erlaubnis zu fragen. Vorläufig läßt du das Mädchen ungeschoren, bis ich dir den Befehl erteile, sie zu fahen. Ich will erst mit dem Bürgermeister Rücksprache nehmen, ob die Sache ihre Richtigkeit hat. Verstanden?«
»Zu Befehl, Euer Gnaden!«
»Gut! Dabei bleibt's. Du kannst abtreten. Und schreib dir's ins Achtbuch: Du hast nur mir zu gehorchen, niemand sonst!«
Der Faut verbeugte sich stumm und ging.
Das Zimmer des Freiherrn war ein gewölbtes, mit allerlei Schmuck und Zierrat reich ausgestattetes Gemach. An den Wänden hingen Waffen und Rüstungen, Jagdtrophäen, Geweihe und Gehörne, auf den Kandelbrettern prunkten Schüsseln und Trinkgeschirre von Silber, von blank gescheuertem Zinn oder bunt gebranntem Ton in den seltsamsten Formen. Dazu war es wohlbestellt mit geschnitzten Schreinen und Truhen, einem großen, schweren Eichentisch und hochlehnigen Armstühlen.
In einen solchen ließ sich Herr Dietrich nieder, schlug ein Bein über das andere und stützte den Kopf in die Hand.
»Verfluchte Geschichte, das mit dem Wildfangrecht!« hub er zu sich selber an. »Wird einen harten Strauß geben mit Chrischtoph Armbruster. Das brave Mädel soll ich ihm bannen lassen, statt es zu ehren und zu feiern für seine beherzte Tat. Was wird der alte Freund sagen, wenn ich ihn mit der Nachricht überfalle und als Friedensbrecher den Arglosen aus seiner stillen Behaglichkeit aufstöre! Aber ich kann's ihm nicht ersparen. – Und Ulrich? hübsch muß die Dirne sein, daß er sie hier aufs Schloß, in seinen Bereich haben will, der Junker Schürzenjäger. Wenn seine gute Mutter noch lebte, würde er auf diesen frechen Gedanken nicht kommen, aber auch so mag er sich hüten, das Mädchen anzurühren; ihm soll sie nicht leibeigen werden. Muß sie denn hörig werden? Ja, sie muß. Der Pfalzgraf befiehlt, und der Vogt hat zu gehorchen.« Unwillig erhob er sich vom Sessel und trat hinaus auf den kleinen Altan, der sich an der Außenwand des Gemaches befand und dort wie ein Schwalbennest hoch über dem Burggraben schwebte.
Ein freier Umblick bot sich ihm von hier oben über das rebengrüne Land vom Gebirge bis zum Rheine hin und noch darüber hinaus. Da hinten, weit rechts, ragte auf einem Bergvorsprunge der Haardt die Maxburg, nur noch die Ruine der einstigen alten Reichsfeste, die später den Bischöfen von Speyer zu eigen war. Dort gradaus schaute ihr herrlicher Dom mit seinen Türmen herüber, wo die mächtigen Kaiser im ewigen Schlafe ruhen. »Ja, Speyer!« sprach der Freiherr vor sich hin. »Unser unruhiger Nachbar, der Bischof, verlangt seinen ihm verbrieften Anteil an den Einkünften des Wildfangrechtes, und stopfen wir ihm nicht den Hals, so geht die Fehde wieder los, denn er lauert ja nur darauf, mit uns wieder anbinden zu können, dieser dreimal Gesiebte – wollte sagen Gesalbte des Herrn. Und da, wo in duftiger Ferne das Schloß von Heidelberg schimmert, da sitzt Herr Karl Ludwig, der Pfalzgraf, und lockt wie ein Vogelsteller die Gimpel arme Wildfänge ins Netz, um mit den Fahegulden und Steuerpfennigen seine Kassen zu füllen. Gern helf' ich ihm nicht dabei, das weiß Gott!« Er stampfte mit dem Fuß auf, daß der Sporn am Stiefel klirrte, ging in das Zimmer zurück und befahl, ihm sein Leibroß zu satteln. –
Als der Reichsfreiherr auf dem Abtshofe einritt, fand er die beiden Unzertrennlichen, Trudi und Ammerie, in der Pergola vor dem Hofe, aus der sie schnell herauskamen, den Ritter zu begrüßen.
Wohlgefällig musterte er Trudis anmutige Gestalt und fragte: »Ist das die Trudi?«
»Jawohl,
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