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Das Schwarze Weib

Titel: Das Schwarze Weib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Wolff
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Rasendwerden!« rief Christoph mit dröhnender Stimme. »Welcher Mensch auf Gottes Erdboden darf sich vermessen, einen andern mir nichts dir nichts seiner Freiheit zu berauben! das ist ein Verbrechen, eine gewissenlose, Sinn und Verstand empörende Willkür. Man tut seine Pflicht als Untertan, zahlt seine Steuern, steht seinen Mann in Not und Gefahr, und dann soll man auch das Letzte noch hergeben, was man hat, das Beste, was man seinen Kindern vererben kann, seine Freiheit! Wer das vor Jahrhunderten ersonnen hat, der sollte dafür verdammt sein in alle Ewigkeit!«
    Noch niemals hatte Madlen ihren Christoph in einer so furchtbaren, Leib und Seele durchschütternden Erregtheit gesehen. Wie er, der Schweigsame, der Schweres am liebsten in sich allein verarbeitete, seinem Groll und Grimm Luft machte, war es das urwüchsig in ihm lebende Selbstgefühl des sich seiner eigenen Unabhängigkeit bewußten Mannes, was sich stolz dagegen aufbäumte.
    Madlen, selber einer ehrbaren, altangesessenen Pfälzerfamilie entsprossen, war über die ihre Nichte treffende Ächtung ebenso entrüstet wie Christoph, aber das Mitleid mit Trudi überwog in ihr den Abscheu gegen die allgemein verletzende und schädigende Unbill, die in dem Wildfangrechte lag und ihren Mann so in Harnisch brachte. Sie hatte sich schon darauf gefreut, der geliebten Pflegetochter eine gebührliche Ausstattung zu besorgen und eine große, fröhliche Hochzeit auf dem Abtshof auszurichten, und nun – nun sollte die Reine, Schöne, statt den Myrtenkranz auf der jungfräulichen Stirn zu tragen, eine Leibeigene werden, die auf Liebes- und Lebensglück keinen Anspruch mehr erheben durfte.
    Das waren die ihrem echt weiblich und mütterlich empfindenden Herzen nächstliegenden Gedanken, denen sie nach der peinlichen Eröffnung, ebenso wie Christoph den seinigen, schweigend nachging. Dann fragte sie: »Hältst du es nicht für besser, Trudi auf ihr entsagungsvolles Schicksal vorzubereiten, statt es ihr noch länger zu verheimlichen?«
    »Nein,« erwiderte Christoph, »ein Unglück erfährt man immer noch früh genug; es langsam, aber sicher herankommen zu sehen ist eine nutzlose Qual. Trifft sie der vernichtende Schlag unerwartet, so wird Trudi gewiß sehr erschrecken, aber sie muß sich in das Unabänderliche finden, sei es heut, sei es später. Also schieben wir's noch auf und gönnen ihr den kurzen Traum von künftigem Glück.«
    »Du hast mich zwar von der Ersprießlichkeit einer solchen Verzögerung nicht überzeugt, aber es gehe nach deinem Willen, Chrischtoph,« sprach Madlen. »Nun eine andere Frage. Wollen wir nicht Gersbachers von dem unterrichten, was uns bevorsteht und an dem sie doch, nicht bloß der Verwandtschaft wegen, sondern auch aus anderen Gründen beteiligt sind? Ich weiß von Agnete, daß seit geraumer Zeit ein viel besseres Verhältnis zwischen Vater und Sohn, dagegen ein sehr schlechtes, fast feindliches zwischen ihnen und Steineckers eingetreten ist. Es muß da etwas vorgefallen sein, was Gersbachers schwer beleidigt hat, so daß von einer Verbindung Franzens mit Jakobinen keine Rede mehr sein kann.«
    »An eine Verbindung Franzens mit Trudi ist noch weniger zu denken,« flocht Christoph ein.
    »Florian könnte dir doch vielleicht einen Rat geben, seine Unterstützung in Aussicht stellen, wie es Lutz getan hat,« meinte Madlen.
    »Das wäre dann der dritte, dem ich das alles des langen und breiten auseinandersetzen müßte, und das widerstrebt mir,« sprach Christoph.
    »Aber wir sind es ihnen schuldig, sie aufzuklären, damit sie nicht Pläne machen, die nach Lage der Dinge unausführbar sind. Auch find' ich es schicklicher, sie hören die Misere von uns als daß sie ihnen durch ein böswilliges Stadtgeklätsch hinterbracht wird,« hielt Madlen ihrem Mann weiter eindringlich vor. »Und wenn du dich nicht dazu entschließen kannst, so will ich zu Agnete gehen und ihr unsere Sorgen anvertrauen. Sie ist eine verständige Frau, und wir stehen sehr gut miteinander.«
    »Nein, dann muß ich schon selber mit Florian reden,« entschied Christoph. »Ich verspreche dir noch nicht, es zu tun, aber ich will mir's überlegen.«
    »Möge dir eine gute Eingebung kommen, Chrischtoph!« schloß Madlen den gegenseitigen Herzenserguß, erhob sich und verließ das Gemach in Trübsal und Unruh und doch noch nicht völlig verzweifelnd.
    Der Bürgermeister ließ die Kämmereirechnung, die er beim Eintritt seiner Frau zur Seite geschoben hatte, liegen, wo sie lag, blieb

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