Das Schwarze Weib
Fortgang nahmen.
Schneckenkaschper hatte ganz aus sich heraus den Argwohn geschöpft, daß der ihm von seinem Großvater erteilte Auftrag, Jakobinen an den Gartenzaun zu bestellen, wo er die beiden schon einmal in einem ihm sehr verdächtigen Geflüster betroffen hatte, einem anderen Zwecke dienen sollte als ihm der Alte aufgebunden hatte. Er wußte, daß Franz und Trudi sich liebten, und witterte in der Zusammenkunft am Zaune einen tückischen Anschlag der eifersüchtigen, auf Franzens Besitz erpichten Jakobine, vor dem er das Paar warnen wollte. Darum hatte der schlaue Junge dem Gersbachersohne sowohl von seiner früheren Überraschung jener zwei als auch von ihrer neuen Verabredung Mitteilung gemacht. Das hatte Franz seiner Mutter berichtet und diese die Geschichte ihrem Manne erzählt.
»So! das sind ja feine Praktiken,« hatte Florian geantwortet. »Was da wieder eingefädelt wird, ist noch nicht zu übersehen, aber es läuft doch nur auf das eine hinaus, daß sich die Jakobine durch eine Hintertür bei uns einschleichen will, und da muß ich mit Franz sagen: Eine, die mit dem alten Schuft, dem Hammichel, unter einer Decke steckt und es durch nichtswürdige Kuppelei versucht, eine Gersbacherin zu werden, die soll mir nicht ins Haus, nun gerade nicht! möcht' nur wissen, ob ihr Alter dabei die Hand im Spiele hat.«
Als sie bald danach einmal beim Schoppen zusammen gesessen hatten und Adam Steinecker mit einer ziemlich plumpen Anspielung auf die hoffentlich bald eintretende Schwägerschaft herausgeplatzt war, hatte ihn Gersbacher so gründlich abgefertigt und so sackgrob angegröhlt, daß sowohl Steinecker wie die übrigen Gäste Mund und Augen aufgesperrt hatten. Von Stund an war es mit der Freundschaft der beiden aus.
Nun erschien eines Nachmittags Christoph Armbruster auf dem Gersbacherhofe, wo ihn Florian warm willkommen hieß. »Was bringst du, Chrischtoph?« fragte er vergnügt, »und was sollen wir trinken?«
»Ich will dir selber reinen Wein einschenken, aber er wird sehr sauer schmecken,« antwortete der Bürgermeister bedrückt.
»Oho, Chrischtoph! das glaub' ich dir nicht,« lachte Gersbacher. »Soll ich Hammichel rufen lassen mit seinen Versüßungsmitteln?«
»Laß den Spaß!« erwiderte Christoph, »es ist verflucht ernst, was ich dir zu sagen habe.«
Und nun zum dritten Male mußte er all sein Leid und seine Not aus seinem Herzen in ein anderes schütten. Er tat es trotz seiner inneren Aufregung mit Ruhe und Gefaßtheit und schloß seine rückhaltlose Darstellung mit den Worten: »Du wirst dir's wohl denken können, warum ich's selber dir mitteile. Gerade euch durften wir's nicht länger verschweigen, weil wir nicht wollten, daß ihr's erst hinten herum von klatschsüchtigen Lästerzungen hörtet.«
Gersbacher reichte dem alten Freunde die Hand und sprach: »Hast recht getan, Chrischtoph, ich danke dir. Von der Hauptsache, die eure arme Niftel allein betrifft, wollen wir nachher reden, jetzt zunächst von dem, was da noch so drum und dran hängt; was ich damit meine, weißt du so gut wie ich. Franz liebt die Trudi und will um sie freien. Ich war anfangs dagegen aus Gründen, die dir nicht verborgen geblieben sein werden. Längst aber bin ich anderen Sinnes geworden und würde den beiden zu ihrem Eheverspruch meinen besten Segen geben, wenn das nicht wäre, was ich soeben mit Schrecken und Abscheu aus deinem Munde vernommen habe. Aber Chrischtoph, ich frage dich auf dein Gewissen: würdest du deinem Sohn erlauben, eine Hörige zu heiraten und damit zugleich selber hörig zu werden?«
»Nein, das würd' ich niemals zugeben, und ich denke nicht daran, dich dazu überreden zu wollen,« erklärte der Bürgermeister.
»Dann sind wir einig, Chrischtoph,« sagte Gersbacher. »Die beiden jungen Menschen tun mir in der Seele leid, oder hast du noch Hoffnung, Trudi frei zu kriegen?«
»Nicht die geringste. Dieses schandbare Unrecht ist stärker als alles Recht auf Freiheit, Lieb und Glück,« sprach Christoph.
»Und das sollen wir mit sehenden Augen und gebundenen Händen über uns ergehen lassen?« brauste Gersbacher auf.
»Was bleibt uns anderes übrig? Ich als Bürgermeister darf den Gesetzen des Landes nicht Trotz bieten.«
»Der Deibel soll's holen, dies Gesetz vom Wildfang, das an den Grenzen unserer Pfalz wie eine Mausefalle aufgestellt wird, daß jeder, der über den Rhein zu uns herein wandert, darin gefangen wird, um zeitlebens hier zu dienen und zu fronen in unlösbarer
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