Das Schwarze Weib
sollst du niemals gegen deinen Wunsch und Willen von meinem Hofe gehen.«
Sie sah mit einem innig dankbaren Blick zu ihm auf, war aber keines Wortes fähig.
»Nun wieder an die Arbeit, Kinder!« gebot Madlen mit hausmütterlicher Würde und Entschiedenheit. »Und wenn du mich brauchst, Chrischtoph, so rufe deine Frau!«
Neunzehntes Kapitel.
Hammichel schwankte, ob er von der Anwesenheit des Meiers in der Stadt reden oder schweigen sollte und welches von beiden das Einträglichste für ihn wäre. Schwieg er und bewog auch Ebendorffer dazu, so behielt er diesen fest am Zügel, konnte ihn zu allerhand zeitvertrödelnden Unternehmungen verleiten und für seine aufopferungsvolle Beteiligung daran einen ausgiebigen Lohn fordern. Dann mußte er aber auch Jakobinen gegenüber den Mund halten, konnte ihr nicht weismachen, daß es nur von ihm abhinge, was mit Trudi geschähe und verstopfte sich damit eine Einnahmequelle, aus der er noch weidlich zu schöpfen gedachte. Nun fragte es sich noch, ob der Bürgermeister schweigen oder das anspruchsvolle Begehren des Bronnbachers an die große Glocke hängen würde, und das war für Hammichel ganz unberechenbar. Er kraute sich verzweifelt hinter den Ohren, weil er sich keinen Rat wußte, wie er aus diesem Zwiespalt herauskommen sollte. An den Knöpfen seines Wamses wollte er sich die Entscheidung über sein Tun oder Lassen nicht abzählen, sondern mit seinem alle Möglichkeiten abwägenden Spürsinn das Richtige zu treffen suchen. Aber er verwickelte sich mit seinen unschlüssigen Spekulationen wie in den Maschen eines ihm über den Kopf geworfenen Netzes und hörte dabei fortwährend Jakobinens rheinische Gulden klirren. Das klang ihm sehr lockend, doch ihm war so, als stünde in der Schrift: der Geiz ist die Wurzel alles Übels. Das glaube ich nicht, sprach er vor sich hin; ich bin der Meinung, daß die Dummheit die Wurzel alles Übels ist, die Dummheit. Geiz hin, Geiz her! auch das kleinste Stück Geld soll man nicht verschmähen. Darum sei klug, Hammichel, und geh – und geh zu Jakobinen wegen ihrer schönen rheinischen Gulden!
Also ging er zu Jakobinen und berichtete ihr von der Ankunft des Meiers, dessen Absichten auf Trudi er, je nach Jakobinens Wunsch, fördern oder vereiteln könnte. Sie möchte nur sagen, ob es ihr lieber wäre, daß Trudi hier in der Stadt hörig würde oder daß sie der Meier mit sich fortnähme. Für seine Mitwirkung zur Erreichung des einen wie des andern Zieles stellte er seine bestimmten, aber verschiedenen Preise und überließ ihr die Wahl.
Jakobine erklärte, das eine wäre ihr so gleichgültig wie das andere, denn die Würzburgerin könnte ihr so wie so nicht mehr ins Gehege kommen, ob sie nun hier oder in der Ferne hörig würde.
Hammichel gab ihr zu bedenken, daß es doch das Sicherste wäre (weil das Vorteilhafteste für ihn), wenn Trudi ganz aus Wachenheim verschwände, denn solange sie hier am Orte bliebe, würde Jakobine niemals Ruhe vor ihr haben. Aber heute drang er mit seinen Vorspiegelungen nicht durch und fürchtete schon, daß ihm die Steineckerin mißtraute und sich nicht mehr von ihm betrügen lassen wollte. Sehr verdrießlich über seinen Abfall drückte er sich endlich und wußte nun, daß er diesmal doch eine Dummheit begangen hatte und Schweigen das Gescheitere gewesen wäre. Binnen längstens zwei Tagen würde die Anwesenheit Ebendorffers in ganz Wachenheim bekannt sein, und damit verlor er seinen ausschließlichen Einfluß auf diesen, den wiederzugewinnen es eines angestrengten Nachdenkens bedurfte.
Jakobine dagegen sah bald ein, daß Hammichel recht gehabt hatte und Trudis Entfernung von hier das beste Mittel zu ihrer völligen Beruhigung wäre. Sie bereute die vorschnelle Ablehnung seines Beistandes und beeilte sich sie zurückzunehmen, womit sie ihren Bruder beauftragte, nachdem sie ihm von der Botschaft des alten Unterhändlers Mitteilung gemacht hatte. Wilm ging bereitwillig wie immer auf ihre Wünsche ein und versprach ihr, sich mit Hammichel und durch ihn auch mit Ebendorffer in Verbindung zu setzen, um die Überantwortung der Würzburgerin an letzteren mit den beiden gemeinschaftlich und eifrig zu betreiben.
Dem Bürgermeister lag das trotzige Begehren Ebendorffers schwer im Sinn, und so fest er auch entschlossen war, bei seiner Weigerung zu verharren, verhehlte er sich doch nicht, daß die leidige Angelegenheit mit dem Hinauswerfen des Meiers keineswegs abgetan und erledigt war. Höchst wahrscheinlich würde
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