Das Schwebebahn-Komplott
dar?«
»Unter den
gegebenen Umständen schon«, bedauerte Müller, einer
der jüngsten Kommissare im Wuppertaler Polizeipräsidium.
»Der Erpresser hat von einem beweglichen Objekt aus
telefoniert, um die Lokalisierung seines Standortes zu
verhindern.«
»Er ... er hat
vom Auto aus angerufen?« Eckhardt entsann sich des monotonen
Hintergrundgeräuschs während des Gesprächs.
»Also doch«, murmelte er enttäuscht. »Ein
Auto.«
»Beispielsweise,
ja«, nickte Müller und zupfte unbehaglich an seiner
modischen Krawatte. »Auto, Flugzeug, Zug oder Bus - von mir
aus auch aus einer fahrenden Schwebebahn heraus.«
»Dann ist er
schlauer, als wir dachten«, resümierte Eckhardt seufzend
und rang seine Hände.
»Auch wenn ich
es nicht gerne zugebe: Es sieht ganz danach aus.« Müller
ließ Eckhardt alleine. Doch er kehrte zurück, steckte
erneut den Kopf durch den Türspalt. »Tut mir
Leid«, entschuldigte er sich.
»Ja«,
entgegnete Eckhardt. »Mir auch.«
*
»Erzähl mir
einfach, was ich hier soll!« Heikes Augen versprühten
Funken. Ihr schmerzten sämtliche Knochen. Die blutigen
Striemen an den Handgelenken, die die Fesseln verursacht hatten,
waren inzwischen blau angelaufen. »Ich bin eingesperrt. Was
soll das? Ich kenne niemanden, der über genügend Geld
verfügt, um ein Lösegeld für eine kleine Reporterin
wie mich hinzublättern.«
Heike rappelte sich
mühselig hoch, um dem Mann in die verlogenen Augen blicken zu
können. »In diesem Rattenloch habe ich keine Chance
abzuhauen. Ich weiß ja nicht einmal, wo ich
bin.«
»Das ist auch
gut so«, belehrte der Hüne sie und stemmte die
fleischigen Hände in die Hüften. »Wer weiß,
wozu du in der Lage bist ...« Bevor der Bärtige noch
etwas hinzufügen konnte, wurde die feuerfeste Tür des
Kellers auf gestoßen.
Heike hoffte im
Unterbewusstsein, dass ihr Retter gekommen sei, um sie aus diesem
Verließ zu befreien.
Retter?
Etwa Stefan?
Vermutlich ahnte der nicht im Entferntesten, was mit ihr geschehen
war. Vielleicht suchte er aber auch schon nach ihr.
Hoffentlich.
Hart schlug die
Metalltür gegen die Wand. Es erschien -sehr zu Heikes Bedauern
- kein treuer Held, sondern eine finstere Gestalt im Raum, die
hektisch in der feuchten Luft herumfuchtelte.
Der junge Bud Spencer
fuhr sichtlich erschrocken zu ihm herum. »Komm, Otto!«,
rief die hagere Gestalt. »Raus hier!«
Erst bei näherem
Hinsehen erkannte Heike das Pockengesicht, das bei ihr geblieben
war, als sie wieder zu sich gekommen war: dieser hochgewachsene
Zuhältertyp mit Designerklamotten und fettigem
Pferdeschwanz.
»Erik?«,
murmelte der Hüne sichtlich verdutzt. »Der Alte hat
gesagt, ich soll dem Täubchen das Essen bringen. Was will er
denn jetzt schon wieder?«
»Das ist es
nicht«, erwiderte Erik.
»Aber
...«
»Kein aber,
Mann, - komm, schwing die Hufe. Kümmer dich um die Tussi, pack
sie in eine Decke, wir haben ein anderes Problem.«
Otto starrte den
Komplizen an und machte keinen Hehl daraus, dass er die
plötzliche Hektik nicht verstand. »Was soll der
Mist?«, fragte er.
Heike indes kroch ein
beißender Geruch in die Atemwege und legte sich schwer auf
ihre Lunge. Sie atmete ein-, zweimal tief durch, dann ergriff sie
eine blinde Panik. Ihre Kopfhaut zog sich zusammen. Schon einmal,
als kleines Kind, hatte sie diesen beißenden Gestank
gerochen. Damals hatte es in der Wohnung ihrer Eltern gebrannt. Sie
war aufgewacht und hatte das halbe Haus zusammengeschrien. Noch
heute wachte sie oft schweißgebadet auf, wenn sie an das
traumatische Erlebnis dachte. Ihr Vater war mit Verbrennungen ins
Krankenhaus eingeliefert worden, nachdem er die Kinder - sie und
Peter - vor den Flammen gerettet hatte. Seine Haut war für
immer zerstört worden. Auch ihre Mutter war mit
Rauchvergiftung in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Heike war
damals sieben Jahre alt gewesen. Sie hatte tagelang um das Leben
der Eltern gebangt und eine ausgemachte Phobie gegen Feuer
entwickelt, die ihr auch heute noch zu schaffen machte. Nie
würde sie das Bild der von den Flammen verwüsteten
Wohnung aus ihrem Gedächtnis verdrängen können. Erst
vor zwei Jahren war ihr Vater gestorben - an Hautkrebs. Heike
hätte schwören können, dass es sich bei der
teuflischen Krankheit um eine Spätauswirkung der
Brandverletzung
handelte.
Es bestand kein
Zweifel: Wie in der Halle war es dieser Geruch, der sich jetzt
schwer wie Blei auf ihre Atemwege legte. »Feuer«,
murmelte sie leise und erzitterte.
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