Das Schwebebahn-Komplott
Mordkommission gesagt hatte.
»Oh Mann«,
ächzte Stefan und verdrehte die Augen. »Fünf
Minuten?«
»Das hat er
gesagt«, bestätigte Peter und klammerte sich am Griff
über dem Handschuhfach fest, als Stefan eine langgezogene
Kurve etwas zu scharf nahm. Die Reifen des Käfers
quietschten.
»Weiß
Ulbricht eigentlich, wo die Hunde in den nächsten fünf
Minuten sein werden? In schätzungsweise einer Minute haben sie
die Autobahnauffahrt erreicht. Vorausgesetzt, dass es dort keinen
Stau gibt, haben sie gewonnen und uns abgeschüttelt. In
fünf Minuten sind die schon am Sonnborner Kreuz.
Mindestens.«
»Eben.«
Peter seufzte und richtete den Blick nach vorn. Der Verkehr
verdichtete sich, je näher sie dem Briller Kreuz kamen.
Wenigstens lief der Motor jetzt rund. Der Tacho des Käfers
zeigte mehr als neunzig Stundenkilometer an. Es war Wahnsinn, sich
in dieser dichtbewohnten Gegend ein Wettrennen mit den
Entführern zu liefern. Wieder eine Kurve, dann schienen die
Bäume, die die Hochstraße jetzt säumten, zu einem
grünen Dach über dem Käfer zusammenzuwachsen. Eine
Bushaltestelle auf beiden Fahrbahnseiten, Gott sei Dank keine
wartenden oder gar tobenden Kinder an den Haltebuchten. Auf dem
Haltestellenschild erkannte Stefan den Schriftzug Friedhofskirche,
dann standen sie im Stau. Er musste hart bremsen, und prompt wurden
die Insassen des Käfers in die Sicherheitsgurte gepresst. Die
Ampel an der Ecke zur Wiesenstraße stand auf Rot. Im
buchstäblich letzten Moment kam der Käfer zum Stehen - um
ein Haar wäre Stefan auf die Schlange der wartenden Fahrzeuge
aufgefahren. Vom BMW keine Spur.
»Verdammt«, entfuhr es
ihm.
»Du redest wie
Ulbricht«, rügte Peter ihn. Bevor Stefan etwas erwidern
konnte, brach der gesuchte Wagen aus der Kolonne aus. Der Fahrer
zog die Limousine auf die Gegenfahrbahn, und das, obwohl von dort
Fahrzeuge entgegenkamen. Der dunkelhaarige Typ hielt frontal auf
einen Kleinwagen zu, der sich auf die Linksabbiegespur zur
Wiesenstraße eingeordnet hatte. Im letzten Moment
drückte der Fahrer geistesgegenwärtig den
Rückwärtsgang rein und stieß den Wagen
zurück.
»Der ist
wahnsinnig«, murmelte Stefan erschrocken.
»Hinterher!«, rief
Peter.
Als Stefan dem
BMW-Chauffeur folgte, traute der Fahrer des Kleinwagens seinen
Augen nicht und zeigte der Käfer-Besatzung einen Vogel. Da der
Fahrer ausgewichen war, hatte der Käfer keine Beule
abbekommen. Doch dafür hatten Stefan und Peter nun ein anderes
Problem: Der dunkle BMW mit Heike an Bord war hinter der langen
Biegung spurlos verschwunden.
19.
Kapitel
Und
jetzt?«
Ratlos blickte Stefan
zu Peter hinüber, als hinter ihnen das auf- und abschwellende
Geräusch eines Martinshornes ertönte. Stefan reckte sich,
um einen Blick in den Rückspiegel zu werfen.
»Zu
spät«, murmelte er und löste den Sicherheitsgurt.
Als sie fast zeitgleich ausstiegen, stoppte der Streifenwagen neben
dem Käfer. »Die werden diese Verbrecher auch nicht mehr
kriegen. Vermutlich fürchten sie sich vor dem Schreibkram, der
mit einer filmreifen Verfolgungsjagd verbunden
ist.«
Die Ampel war auf
Grün umgesprungen, und die Fahrzeuge um sie herum setzten sich
in Bewegung, nicht ohne dass sich deren Insassen die Hälse
verrenkten. Die Besatzung des Streifenwagens war seelenruhig
ausgestiegen und trat zu den ungleichen Freunden.
»Und?«,
fragte der Streifenführer, ein vierschrötiger Junge mit
breiten Schultern und einer hohen Stirn.
»Was und?«
Stefan hakte die Daumen in die Laschen seiner Jeans ein und lehnte
sich an den runden Kotflügel des Käfers.
»Nun«,
ächzte der Vierschrötige. »Ich meine, Sie haben uns
doch wohl alarmiert, oder etwa nicht?«
Stefan nickte.
»Klar, Herr Kollege. Und wenn ich ein wenig um Eile bitten
dürfte: Hier geht es um eine
Entführung.«
»Wer sagt
das?« Der Vierschrötige wechselte einen Blick mit seinem
jüngeren Kollegen. Er rollte unmerklich mit den
Augen.
»Sie haben
Nerven, Mann«, schimpfte Stefan. »Ich wurde
zufällig Augenzeuge, wie ein BMW mit Vollgas durch die
Fußgängerzone donnerte, im Fond ein nicht gerade
Vertrauen erweckender Mann und meine Kollegin, die als vermisst
gilt.«
»Das hat gar
nichts zu sagen«, mischte sich jetzt der jüngere Kollege
ein. »Wir erleben die schlimmsten Dinger, gerade mit den
vermeintlich Vermissten, guter Mann. Möglicherweise ist Ihre
... Kollegin ja an einer Straftat beteiligt
gewesen.«
»Ich werde mich
beschweren«, fluchte Peter und spuckte auf den
Bürgersteig. Er
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