Das Schwebebahn-Komplott
es war anzunehmen, dass sie nicht freiwillig
bei diesem
Irren im Auto saß. Stefan befürchtete das Schlimmste.
Möglicherweise hatten die Typen sie unter Androhung von Gewalt
entführt. Mit einem eiligen Seitenblick nach rechts stellte er
fest, dass Peter Göbel die Verbindung hergestellt
hatte.
»Göbel mein
Name«, stellte er sich brav vor. Der Kerl hatte die Ruhe weg.
»Es geht um meine Schwester, Heike Göbel. Sie arbeitet
bei der Wupperwelle und ist augenscheinlich entführt worden.
Wir verfolgen sie soeben. Möglicherweise besteht ein
Zusammenhang zum Brand in der Bar von Klaus Gembowsky. Sie hat wohl
schlechte Karten bei ihm.«
Ulbricht wurde
plötzlich munter. Er schien wie elektrisiert. Die Polizei
schlief also doch nicht.
»Eins nach dem
ändern. Wie lautet ihr derzeitiger Standort?«, fragte
der Kommissar am anderen Ende der Leitung.
»Karlstraße,
Fahrtrichtung Nordstadt. Gleich haben wir die Einmündung in
die Hochstraße erreicht. Es sieht aus, als wollten die
Entführer über die Autobahn entkommen.«
»Wer ist wir
«, wollte der Kommissar wissen.
»Am Steuer sitzt
der Radioreporter Stefan Seidler. Er war es auch, der mir ihre
Durchwahl gab.«
»Um welchen
Fahrzeugtyp und um welches Kennzeichen handelt es
sich?«
Peter nannte die
gewünschten Daten und blies hörbar die Luft durch die
Backen aus. »Ich glaube, eine Solinger Nummer erkannt zu
haben.«
Der Käfer hatte
inzwischen auf knapp achtzig Stundenkilometer beschleunigt. Stefan
war stolz auf seinen Clemens. Die Straße beschrieb einen
Bogen, und nachdem er die langgezogene Rechtskurve durchfahren
hatte, erkannte Stefan voraus den dunklen BMW. Sein Kopf ruckte
wieder kurz zu Peter. Der hatte ein Solinger Nummernschild
erwähnt - verdammt, das war ihm vorhin völlig entgangen.
Stefans Hirn arbeitete auf Hochtouren. Er suchte den
Zusammenhang zwischen beiden Geschichten - und
er fand ihn: Gembowsky wohnte in Solingen, und scheinbar verwaltete
er von dort aus das Vermögen seines toten Freundes Rolf
Spielberg. Langsam dämmerte es ihm, in welch teuflisches Spiel
Heike da geraten war. Der Tod des Immobilienmaklers war kein Zufall
gewesen, ebenso wenig wie die Tatsache, dass sie im rechten
Augenblick an der Schwebebahn-Endstation in Vohwinkel gestrandet
war, nachdem sie sich mit Gembowsky im Streit getrennt hatte. Ein
abgekartetes Spiel, und Heike war knallhart zwischen die Fronten
geraten. Stefan hatte sich im journalistischen Übereifer in
ihre Belange eingemischt und war zu einem weiteren Spielball
geworden, als sich Spielbergs Zwillingsbruder vor seinen Augen
getötet hatte. Blieb immer noch das kleine Notizbuch von Rolf
Spielberg, das sich nach wie vor unentdeckt in Stefans Jackentasche
befand. Aber wie um Himmel Willen sollte er diesen Joker einsetzen
können, wenn sich die Ereignisse förmlich
überschlugen? Er fand einfach keine Zeit, seine Trümpfe
auszuspielen.
»Hören
Sie«, rief Peter, nun plötzlich aufgeregt. »Wenn
wir erst mal an den Friedhöfen vorbei sind, dann haben die
Kerle gewonnen. Auf der Autobahn haben wir mit einem Käfer
keine Chance, sie aufzuhalten.«
»Verdammt«, rief
Ulbricht. Jetzt wusste Peter, woher der Spitzname kam. Der
Kommissar fuhr unbeirrt fort. »Machen Sie bloß keine
Experimente. Wenn es sich bei den Fahrern des BMW tatsächlich
um Entführer handelt, dann ist ein Schusswaffengebrauch nicht
auszuschließen. Tote Helden sind schlechte Helden, wenn Sie
verstehen. Wir schicken sofort Verstärkung los. Halten Sie
Distanz zum Verfolgungsobjekt und bleiben Sie nach Möglichkeit
auf Sichtweite.«
Peter wechselte mit
Stefan einen Seitenblick und rollte mit den Augen. Der Blick sprach
Bände. »Ein guter Rat, wirklich«, ächzte er.
»Beeilen Sie sich lieber, unser Käfer hustet schon
wieder.«
»Wir tun alles
Erdenkliche, um Ihre Schwester da rauszuboxen. Ich werde die
Kollegen von der großen Polizeiinspektion am Hofkamp
losschicken, dann können die es in fünf Minuten schaffen,
bei Ihnen zu sein. Aber
...«
»Was
aber?«
»Sollte sich
heraussteilen, dass sie sich entgegen Ihren Vermutungen freiwillig
in dem BMW befindet, dann müssen Sie und Ihre Schwester mit
Konsequenzen rechnen. Mit verdammt harten Konsequenzen
sogar.«
»Jaja«,
Peter seufzte und unterbrach die Verbindung.
Stefan hatte Mühe
gehabt, am Heck des dunklen Wagens zu bleiben und nur die
Hälfte des Gespräches mitbekommen. »Und?«,
fragte er nun. Peter berichtete ihm stichwortartig, was der
Kommissar von der
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