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Das Schweigen der Laemmer

Das Schweigen der Laemmer

Titel: Das Schweigen der Laemmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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eine Adresse gegeben, die sich als Pension herausstellte, in der er von Zeit zu Zeit wohnte. Die Polizei stellte dort seine Fingerabdrücke fest und fand eine Kreditkartengasquittung mit seiner Lizenznummer. Er hieß gar nicht John Grant, das hat er uns nur so gesagt. Etwa eine Woche später wartete er vor dem Gebäude hier und stieß Dr. Purvis zu Boden, einfach aus Gehässigkeit.«
    »Wie hieß er, Dr. Danielson.«
    »Ich buchstabiere es lieber für Sie, J-A-M-E G-U-M-B.«

51. Kapitel
    Fredrica Bimmels Haus war drei Stockwerke hoch und mit As-phaltschindeln gedeckt, die dort Rostflecke aufwiesen, wo die Dachrinnen übergelaufen waren. In den Dachrinnen wildwach-sender Ahorn hatte dem Winter gut getrotzt. Die Fenster auf der Nordseite waren mit dünnen Plastikplatten bedeckt. Das Haus sah verlassen aus.
    In einem kleinen Wohnzimmer, sehr warm von einem Raum-strahler, saß eine Frau mittleren Alters auf einem kleinen Teppich und spielte mit einem Säugling.
    »Meine Frau«, sagte Bimmel, als sie durchs Zimmer gingen.
    »Wir haben erst Weihnachten geheiratet.«
    »Hallo«, sagte Starling. Die Frau lächelte vage in ihre Richtung.
    Im Flur wieder kalt und überall die Räume füllende, in Taillenhöhe gestapelte Kisten, Durchgänge dazwischen, Pappkartons mit Lampenschirmen und Konservendeckeln, Picknickkörbe, alte Nummern von Reader's Digest und National Geographie, dicke alte Tennisschläger, Bettlaken, eine Schachtel Dartboards, in einem Plaid aus den 50er Jahren mit dem intensiven Geruch von Mäuse-pisse Fibersitzbezüge fürs Auto.
    »Wir ziehen ziemlich bald um«, erklärte Mr. Bimmel.
    Die Sachen bei den Fenstern waren von der Sonne gebleicht, die Kisten seit Jahren gestapelt und mit dem Alter aufgequollen, die wahllosen Vorleger auf den Pfaden durch die Räume abgeschlis-sen.
    Sonnenlicht tüpfelte das Geländer, als Starling hinter Fredricas Vater die Treppe hochstieg. In der kalten Luft roch seine Kleidung schal. Sie konnte Sonnenlicht durch die durchhängende Decke oben im Treppenschacht kommen sehen. Die auf dem Treppenabsatz aufeinandergestapelten Kisten waren mit Plastik abgedeckt.
    Fredricas Zimmer, unter dem Dachgesims im dritten Stock, war klein.
    »Brauchen Sie mich noch?«
    »Später würde ich mich gern mit Ihnen unterhalten, Mr. Bimmel, Was ist mit Fredricas Mutter?« In der Akte stand verstorben, aber nicht, wann.«
    »Was meinen Sie, was ist mit ihr? Sie starb, als Fredrica zwölf war.«
    »Aha.«
    »Haben Sie geglaubt, das unten sei Fredricas Mutter? Nachdem ich Ihnen gesagt habe, daß wir erst seit Weihnachten verheiratet sind? Haben Sie das gedacht? Ich nehm' an, das Gesetz ist dran ge-wöhnt, mit 'ner anderen Klasse Leute umzugehen, Frolleinchen.
    Sie hat Fredrica nie kennengelernt.«
    »Mr. Bimmel, ist das Zimmer ziemlich so, wie Fredrica es verlassen hat?«
    Der Ärger wanderte an eine andere Stelle in ihm.
    »Ja«, sagte er leise. »Wir haben es einfach in Ruhe gelassen. Keiner konnte ihre Sache so recht tragen. Stecken Sie das Heizgerät ein, wenn Sie wollen. Denken Sie daran, es wieder rauszuziehen, bevor Sie runterkommen.«
    Er wollte das Zimmer nicht sehen. Er ließ sie auf dem Treppenabsatz zurück.
    Mit der Hand auf dem kalten Porzellanknauf stand Starling ei-eine n Augenblick lang da. Sie mußte ihre Gedanken ein wenig ord- nen, ehe sie Fredricas Dinge ganz in sich aufnahm.
    Okay, die Voraussetzung ist, daß Buffalo Bill Fredrica als erste umgebracht, sie mit Gewichten beschwert und gut versteckt hat, in einem Fluß weit weg von zu Hause. Er hat sie besser versteckt als die anderen - sie war die einzige mit Gewichten beschwerte -, da er wollte, daß man die späteren zuerst fand. Er wollte die Vorstellung von willkürlicher Auswahl an Opfern in weit verstreuten Städten fest begründen, ehe man Fredrica aus Belvedere fand. Es war wichtig, die Aufmerksamkeit von Belvedere wegzulenken. Weil er hier, oder vielleicht in Columbus, wohnt. Er fing mit Fredrica an, weil er ihre Haut begehrte. Wir fangen nicht an, eingebildete Dinge zu begehren.
    Begehren ist eine ganz wahrheitsgetreue Sünde. Er hat Fredrica im Verlauf seines täglichen Lebens gesehen. Er hat sie im Verlauf ihres täglichen Lebens gesehen. Wie sah der Verlauf von Fredricas täglichem Leben aus? In Ordng...
    Starling stieß die Tür auf. Hier war es, dieses stille, in der Kälte nach Mehltau riechende Zimmer. An der Wand war der Kalen-der vom letzten Jahr für immer auf April umgeblättert worden.
    Fredrica war seit zehn

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