Das Schweigen der Laemmer
vor dem Zeitpunkt, zu dem Chilton sich da hineingemischt hat. Wir werden wahrscheinlich nur nichts mehr von Lecter bekommen. Nehmen Sie die Kenntnisse über Buffalo Bill, die Lecter Ihnen mitgeteilt hat, und behalten Sie sie. Legen Sie das übrige auf Eis. Die Verschwendung, den Verdruß, Ihren Ärger, Chilton. Legen Sie es auf Eis. Wenn wir Zeit haben, werden wir Chiltons Arsch zwischen seinen Schulterblättern hochkicken. Legen Sie es jetzt auf Eis, und schieben Sie es beiseite. Damit Sie daran vorbei zum Preis sehen können, Starling. Catherine Martins Leben. Und Buffalo Bills Haut am Scheunentor. Halten Sie den Blick auf dem Preis. Wenn Sie das können, brauche ich Sie.«
»Um mit den Krankenblättern zu arbeiten?«
Sie waren nun vor dem Drugstore.
»Erst dann, wenn die Kliniken uns blockieren und wir die Krankenblätter nehmen müssen. Ich will Sie in Memphis. Wir müssen hoffen, daß Lector Senatorin Martin etwas Zweckdienliches er-zählt. Ich will Sie jedoch in der Nähe, nur für den Fall - wenn er es müde wird, mit ihr zu spielen, unterhält er sich vielleicht mit Ihnen. In der Zwischenzeit möchte ich, daß Sie versuchen, ein Ge-spür für Catherine zu bekommen, dafür, wie Bill sie möglicherweise entdeckt hat. Sie sind nicht viel älter als Catherine, und ihre Freunde erzählen Ihnen unter Umständen Dinge, die sie keinem erzählen würden, der eher wie ein Bulle aussie ht.
Wir haben noch die anderen Dinge am Laufen. Interpol arbeitet gerade an der Identifizierung von Klaus. Wenn wir Klaus identifiziert haben, können wir seine Freunde in Europa und in Kalifornien, wo er seine Romanze mit Benjamin Raspail hatte, unter die Lupe nehmen. Ich fahre zur University of Minnesota - wir haben die Sache dort oben falsch angepackt, und heute abend bin ich in Washington. Ich hole jetzt den Kaffee. Beordern Sie Jeff und den VW-Bus her. In vierzig Minuten sitzen Sie im Flugzeug.«
Die rote Sonne war drei Viertel des Wegs die Telefonmasten hinuntergekrochen. Die Bürgersteige waren noch violett. Starling konnte ins Licht hochlangen, als sie Jeff heranwinkte.
Sie fühlte sich leichter, besser. Crawford war wirklich sehr gut.
Sie wußte, daß seine bedeutungslose Frage über Sackstoff eine Verbeugung vor ihrem gerichtsmedizinischen Hintergrund war, dazu gedacht, ihr zu gefallen und tiefsitzende Gewohnheiten disziplinierten Denkens auszulösen. Sie fragte sich, ob Männer diese Art Manipulation wirklich für subtil halten. Merkwürdig, wie Dinge auf einen wirken können, wenn man sie erkennt.
Merkwürdig, wie das Talent zur Führung häufig eine rohe Begabung ist.
Auf der anderen Straßenseite kam eine Gestalt die Stufen des Baltimore State Hospital für geistesgestörte Straftäter herunter.
Es war Barney, der in seinem Lumberjack sogar noch größer aussah. Er trug seinen Henkelmann.
Starling formte Jeff, der im VW-Bus wartete, mit den Lippen unhörbar ›Fünf Minuten‹ zu. Sie holte Barney ein, als er gerade seinen alten Studebaker auf schloß.
»Barney.«
Mit ausdruckslosem Gesicht drehte er sich ihr zu.. Seine Augen mochten ein wenig weiter sein als gewöhnlich. Er hatte sein Gewicht auf beiden Füßen verteilt.
»Hat Dr. Chilton Ihnen erklärt, dies würde Sie nicht bela -
sten?«
»Was sollte er mir sonst sagen?«
»Glauben Sie es?«
Sein Mundwinkel verzog sich nach unten. Er sagte weder ja noch nein.
»Ich möchte, daß Sie etwas für mich tun. Ich möchte, daß Sie es jetzt tun, ohne Fragen. Ich werde Sie höflich bitten - wir fangen mit folgendem an. Was ist noch in Lecters Zelle?«
»Ein paar Bücher - Joy of Cooking, Ärztezeitschriften. Sie haben seine Gerichtsunterlagen mitgenommen.«
»Das Zeug an den Wänden, die Zeichnungen?«
»Es ist noch da.«
»Ich will alles, und ich habe es verdammt eilig.«
Er betrachtete sie eine Sekunde lang. »Warten Sie«, sagte er und trabte leichtfüßig für einen derart schweren Mann wieder die Stufen hoch.
Crawford wartete bereits im Überwachungswagen auf sie, als Barney mit den zusammengerollten Zeichnungen und den Papieren und Büchern in einer Einkaufstasche zurückkam.
»Sind Sie überzeugt, daß ich wußte, daß diese Wanze in dem Pult war, das ich Ihnen gebracht habe?«
»Ich muß da noch drüber nachdenken. Hier ist ein Kuli, schrei- ben Sie Ihre Telefonnummern auf die Tasche. Barney, glauben Sie, die können mit Dr. Lecter umgehen?«
»Ich hab' meine Zweifel, und das hab' ich auch Dr.Chilton gesagt. Vergessen Sie nicht, ich hab' Ihnen
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