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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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behalten, um sich in Form des finanziellen Ruins an ihm zu rächen? Es klang logisch, doch Olivia schreckte vor diesem Gedanken zurück.
    »Und Miss Cresswell hat ebenfalls nach Ihnen gesucht. Es war sehr merkwürdig, dass Sie Knall auf Fall das Dorf verlassen haben, ohne Ihrem Vater oder Ihrer Vorgesetzten etwas zu sagen.«
    »Ich … musste schnell aufbrechen.«
    Seine Brauen schossen in die Höhe. »Und was war der Grund dafür?«
    Sie ignorierte ihn und fragte: »Ist meine Mutter … am selben Tag … verschwunden?«
    »Das kann ich nicht sagen, da ich nicht genau weiß, wann Sie und Ihre Mutter weggegangen sind. Ihr Vater hat Sie jedenfalls beide als vermisst gemeldet. Das war am –«, er trat zu einem Schreibtisch in der Ecke und suchte in einem schmuddeligen Notizbuch – »2. November.«
    Olivia war am Abend davor geflohen, wenn sie sich recht erinnerte. »War das morgens oder am Nachmittag?«
    »Am Abend, aber an die genaue Zeit erinnere ich mich nicht. Soweit ich weiß, kam er am Abend vorher nach Hause und ging schlafen, ohne zu wissen, dass das Haus bereits leer war. Er sah keine von Ihnen am nächsten Morgen und nahm an, Sie wären unterwegs. Und da er zurück an seine Arbeit eilen musste, meldete er Ihr Verschwinden erst am Abend. Er war so nüchtern wie ein Puritaner, darüber machte ich noch eine Bemerkung.«
    »Haben Sie das überprüft – dass er den Tag an seinem Arbeitsplatz verbracht hat?«
    Er kniff die Augen zusammen. »Warum fragen Sie danach? Verdächtigen Sie Ihren alten Herrn, etwas mit dem Verschwinden Ihrer Mutter zu tun zu haben?«
    Tat sie nicht genau das? Sie zuckte die Achseln. »Ist nicht der Ehepartner immer verdächtig?«
    Er schüttelte langsam den Kopf und seine dunklen Augen glänzten. »Der Mann liebt Ihre Mutter. Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass er ihr etwas antun würde. Sie hätten sein Gesicht sehen sollen, als er kam und Sie beide vermisst meldete. Er war total blass. Er machte sich Sorgen, dass Ihnen beiden etwas Schlimmes zugestoßen wäre.«
    War Simon Keene erschüttert gewesen, weil seine Frau verschwunden war? Oder weil er ihr etwas angetan hatte?
    »Sie sagen mir also, dass Sie beide nicht zusammen weggegangen sind?«, fragte Smith.
    »Nein, Sir«, erklärte Olivia. »Sie war noch zu Hause, als ich aufbrach.«
    »Sie haben mir immer noch nicht erzählt, warum Sie überhaupt wegmussten.«
    Konnte sie es wagen, ihm die ganze Wahrheit zu sagen? Würde sie Ärger bekommen, wenn sie zugab, ihren Vater angegriffen zu haben, um ihre Mutter zu verteidigen, selbst wenn sie ihn dabei nicht getötet hatte, wie zuerst befürchtet? Ihr Vater wurde bereits gesucht. Wollte sie wirklich dafür verantwortlich sein, dass man ihn noch schlimmerer Dinge verdächtigte? Dass man ihn vielleicht deshalb aufhängte? Obwohl sie nichts weiter bezeugen konnte als einen Angriff? Obwohl Simon Keene sogar bewusstlos auf dem Boden gelegen hatte, als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte?
    »Ich ging wegen einer Anstellung weg, Sir. Meine Mutter dachte, ich könnte einen Posten in einer Schule bekommen, die sie in St. Aldwyns kannte.
    »Und dort sind Sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt?«
    »Nein. Aber nicht weit davon entfernt.«
    »Bei dem Gentleman, der Sie ins Dorf begleitet hat?«
    Offenbar bemerkte er ihre überraschte Miene. »Oh ja. Ich hab meine Augen und Ohren überall, Miss. Das war auch damals in der Nacht so.«
    Was wollte er andeuten? Dass er wusste oder ahnte, welche Rolle sie bei den Gewalttaten jenes Abends gespielt hatte? Oder dass er etwas anderes wusste?
    »Ja, er ist mein Arbeitgeber.«
    Er hielt ihr sein Notizbuch hin. »Würden Sie so gut sein und mir seinen Namen und seine Adresse verraten? Für den Fall, dass ich weitere Fragen habe oder etwas über Mrs Keene in Erfahrung bringe?«
    Olivia schluckte, folgte jedoch seiner Aufforderung. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, nach Withington zurückzukehren? Von nun an wäre allgemein bekannt, wo sie sich aufhielt. Aber spielte das überhaupt noch eine Rolle? Der Wachtmeister war nicht hinter ihr her und ihr Vater offenbar auch nicht.
    »Und wenn Sie von einem Ihrer verehrten Eltern hören, besonders wenn Sie von Mr Keene hören, hoffe ich, Sie sind so freundlich und benachrichtigen mich?«
    Olivias Kehle war wie ausgetrocknet. Sie nickte wortlos und verabschiedete sich.
    Die Rückreise nach Brightwell Court war eine ausgesprochen schweigsame Angelegenheit.

29
     
Wenige Gouvernanten konnten erwarten, einen

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