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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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Dienstmädchen hatten die Kinder nach draußen gebracht, damit sie ihre Stiefmutter begrüßen konnten. Wie üblich hatte Judith nur Augen für Alexander. Sie nahm ihn dem Kindermädchen ab und küsste und streichelte ihn.
    Edward lächelte Audrey und Andrew an ihrer Stelle an und dankte Miss Keene. Dann verabschiedete er sich von seiner Cousine, die ihr Gurren nur kurz unterbrach, um ihm ein Lächeln zuzuwerfen, bevor sie sich wieder ihrem kleinen Sohn zuwandte.
    Edward kehrte in die Bibliothek zurück, um zu sehen, was sein Vater machte. Als er eintrat, stand der Earl am hohen Fenster, das zur Auffahrt hinausging. Er drehte sich nicht um, als Edward hereinkam.
    »Du hast nicht die Absicht, sie zu heiraten, hoffe ich?«
    Edward blieb wie angewurzelt stehen und war sofort auf der Hut. »Warum fragst du das?«
    »Ich habe bemerkt, wie sich eure Beziehung in letzter Zeit … verändert hat. Zumindest von ihrer Seite.«
    Hatte sie sich verändert? War sie ihm gegenüber offener geworden? Er hatte es vermutet, sich aber auch gefragt, ob er es sich nur einbildete.
    »Wenn du an eine Heirat denkst, dann muss ich das wissen.«
    Edward hörte die Besorgnis in der Stimme seines Vaters. »Du heißt es nicht gut?«
    »Ganz und gar nicht.«
    Edward spürte Irritation in sich aufsteigen. »Das überrascht mich, wenn man bedenkt … angesichts der ganzen Geschichte.« War er nicht davon überzeugt, dass Olivia seine eigene Tochter war?
    Der Earl schaute noch einmal aus dem Fenster und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger über die Lippe. »Ich habe meine Gründe.«
    »Selbst wenn sie mit dir verwandt ist, sehe ich nicht, was das für eine Rolle spielen sollte.«
    Der Earl drehte sich mit ernster Miene zu Edward um. »Du siehst es nicht – das trifft es genau. Du musst mir an diesem Punkt vertrauen, Edward. Ich habe das Beste für dich im Sinn. Und für sie.«
    »Das Beste für sie? Wer von uns steht über dem anderen?«
    »Hier geht es nicht um gesellschaftlichen Rang.«
    »Aber du meinst, es ist das Beste für sie, nichts mit mir zu tun zu haben?«
    »In Bezug auf eine Liebesbeziehung, ja.«
    Hatte sein Vater nicht Olivias Mutter geliebt? »Das ist ein starkes Stück, ausgerechnet von dir, Vater. Weil du ja immer so weise in deinen Liebesbeziehungen warst.«
    »Das reicht jetzt, Edward.«
    Aber Edward ließ sich nicht zum Schweigen bringen. »Selbst wenn sie diejenige ist, für die du sie hältst, glaube ich kaum, dass das ihre gesellschaftliche Situation besser macht als meine. Miss Keene ist –«
    »Miss Keene?« Der Earl musterte ihn prüfend und sein Gesichtsausdruck war auf merkwürdige Weise unbewegt.
    »Hast du von jemand anderem gesprochen?«, fragte Edward verwirrt.
    »Ach … nun ja …« Lord Brightwell räusperte sich. »Ich fürchte, du musst mich entschuldigen. Ich habe unbedacht dahergeredet.« Er drehte sich abrupt um und schritt quer durch den Raum.
    An der Tür hielt Lord Brightwell inne. »Und du hast ganz recht, Edward. Ich bin nicht im Mindesten qualifiziert, dich in ehelichen Dingen zu beraten. Du kannst vergessen, was ich gesagt habe.«
    Edward runzelte die Stirn, aber sein Vater – denn dies würde er immer für ihn bleiben – war bereits zur Tür hinaus. Edward hatte deutlich das Empfinden, dass er überhaupt keine Befürchtungen wegen Miss Keene gehabt hatte. Er ging das Gespräch in Gedanken noch einmal durch. Wenn sein Vater nicht von Olivia gesprochen hatte, hatte er sich dann irgendwie auf Miss Harrington bezogen? Aber sie war nicht mit ihnen verwandt. Dann blieb nur noch Judith übrig. Aber warum sollte sein Vater ihretwegen beunruhigt sein?

     
    Nach dem Gespräch mit seinem Vater wurde Edward bewusst, dass er die Sache mit Miss Harrington viel zu lange ungeklärt gelassen hatte. Sie erwartete vielleicht immer noch einen Heiratsantrag von ihm. Wie seltsam, dass eine Verbindung, die er vor nicht allzu langer Zeit mit Freude oder zumindest Zufriedenheit ins Auge gefasst hatte, jetzt lauter ungute Gefühle in ihm weckte.
    Er hatte keine Ruhe mehr. Er wies Ross an, Major zu satteln, und machte sich auf den Weg. Sein Arm steckte noch in einem Verband, aber er brauchte keine Schlinge mehr. Was er nötig hatte, war ein Ritt. Zeit zum Nachdenken.
    Er ritt südwestlich, ließ Major galoppieren und zügelte ihn dann zu einer Geschwindigkeit, die der gut trainierte Rappe eine längere Strecke durchhalten konnte.
    Als er die Allee nach Oldwell Hall entlangtrabte, eilte ihm ein junger Stallbursche

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