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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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gegenwärtig noch Ihre Pflichten.« Mrs Howe nickte und verließ das Zimmer.
    Andrew öffnete den Mund für den nächsten Löffel Eis und Olivia beeilte sich, seinen Wunsch zu erfüllen. Er erkundigte sich, als wäre das für ihn ein großes Abenteuer: »Hat Cousin Edward mich wirklich gerettet?«
    »Ja, das hat er«, antwortete Olivia und der kleine Junge sah glücklicher aus als beim Öffnen der Geschenke am Weihnachtsmorgen.

38
     
Die Gouvernante sollte niemals, unter keinen Umständen, zulassen, dass sie die Ursache für eine Auseinandersetzung in der Familie wird. Genauso wenig sollte sie in einem häuslichen Streit Partei ergreifen.
The Guide to Service, 1844
     
    Olivia begegnete Lord Brightwell, als er aus dem Raum neben dem Studierzimmer kam. Sie wartete, bis er die Tür geschlossen hatte, und flüsterte dann: »Mylord, wie geht es Ed- Lord Bradley?«
    Dem Earl stand die Erschöpfung ins Gesicht geschrieben, doch er raffte sich zu einem schwachen Lächeln für sie auf. »Dr. Sutton ist sehr zuversichtlich, dass er wieder vollständig hergestellt wird. Der Balken hat Edward an der Nase und an beiden Augenbrauen getroffen. Er hat kleinere Verbrennungen um die Augen herum, aber Sutton rechnet nicht mit einer längerfristigen Beeinträchtigung des Sehvermögens. Sein linker Arm ist ebenfalls verletzt. Und an zwei Fingern hat er Verbrennungen, aber sie sind nicht dramatisch.«
    »Wie furchtbar.«
    »Es geht ihm nicht schlecht, Olivia.«
    Er deutete mit dem Kinn auf die Tür, aus der er gerade herausgekommen war. »Ich war gerade bei ihm und seine einzige Sorge war, ob es Andrew und Ihnen gut geht.«
    »Es tut mir so leid, Mylord«, brachte Olivia mühsam hervor. Der Kloß in ihrem Hals war groß.
    »Meine Liebe, diese Kinder laufen frei herum, seit sie hier sind. Wenn Judith Ihnen zu verstehen gegeben hat, dass sie vor Ihrer Ankunft unter wachsamen Augen waren, dann hat sie Ihnen einen falschen Eindruck vermittelt.« Er blickte sie voller Zuneigung an und tätschelte ihre Hand. »Sie haben diesen Kindern mehr Aufmerksamkeit und Aufsicht geschenkt als Judith je zuvor. Versichern Sie ihr, dass es nicht wieder vorkommen wird, und alles ist gut.«
    Olivia schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich sollte meinen Abschied nehmen. Ich bin sicher, dass Mrs Howe das lieber wäre, und ich kann es ihr nicht verdenken.«
    »Olivia, Sie tragen an all dem keine Schuld und ich werde Judith zur Vernunft bringen. Aber wenn es hart auf hart kommt, ist sie nur meine Nichte, während Sie meine –«
    Sie drückte seinen Arm. »Sagen Sie es nicht.«
    »Nun gut, aber wenn Judith Sie nicht mehr als Gouvernante haben will, lade ich Sie ein, als mein … Mündel hierzubleiben.«
    Erneut schüttelte Olivia den Kopf. »Ich bin fünfundzwanzig, Mylord, und keineswegs eine Waise; ganz bestimmt kann ich nicht jemandes Mündel sein.«
    »Das werden wir ja sehen.«
    »Ich bin dankbar, dass Sie das immer noch wollen … nach allem, was geschehen ist«, flüsterte sie. »Aber ich bitte Sie, schlagen Sie sich den Gedanken aus dem Kopf.«

     
    Nachdem sie an diesem Abend mit Audrey gebetet und sie auf die Stirn geküsst hatte, ging Olivia nach unten, um noch einmal nach Andrew im Krankenzimmer zu schauen. Er lag so friedlich da, dass sie einen Moment lang fürchtete, er habe aufgehört zu atmen. Sie brachte ihr Ohr dicht an sein Gesicht. Als sie seinen warmen Atem an ihrer Wange spürte und das sanfte Heben und Senken seiner Brust beobachtete, küsste sie ihn und verließ den Raum. Im Gang bemerkte sie, dass eine Tür offen stand – die Tür, aus der Lord Brightwell vor kurzem gekommen war.
    Sie zögerte. Sie wusste, dass sie eigentlich nach oben und zu Bett gehen sollte. Doch sie wusste auch, dass sie nicht würde schlafen können. Nicht, bevor sie Lord Bradley mit eigenen Augen gesehen hatte. Um sich zu vergewissern, dass er alles hatte, was er brauchte, und dass er ihr keine Schuld gab.
    Sicher kümmerte sich Osborn darum, dass er es in jeder Hinsicht angenehm hatte – es war dumm von ihr, sich darüber Gedanken zu machen. Dr. Sutton war vor einer halben Stunde gegangen und er wäre sicher hier geblieben, wenn er Anlass zur Sorge gehabt hätte.
    Warum schlug dann ihr Herz so schnell?
    Olivia blieb nur eines übrig. Sie eilte durch den Gang und konnte kaum glauben, dass sie tatsächlich am späten Abend allein in sein Schlafzimmer ging. Nein, sie würde sicher nicht allein sein. Lord Brightwell würde an seinem Bett sitzen oder zumindest würde

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