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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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Vergangenheit und sogar über ihren Heimatort … ist es da verwunderlich, dass ich dachte, sie würde irgendwelche Ränke schmieden?« Er schüttelte den Kopf. »Ich werde mich bei ihr entschuldigen. Ich glaube nicht wirklich, dass sie so etwas tun würde. Aber wer weiß sonst davon? Vielleicht irgendjemand, der damals dabei war?«
    »Es ist möglich. Der Vater des Mädchens wusste davon, aber er schwor Geheimhaltung. Miss Peale kümmerte sich um deine Mutter und muss es gewusst haben, obwohl ich mich nicht erinnern kann, dass sie irgendwelche Fragen stellte.«
    »Die treue Miss Peale. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie etwas damit zu tun hat.«
    »Ich auch nicht.«
    »Gab es sonst noch jemanden?«
    »Der Arzt und die Hebamme, die deiner Mutter sagten, dass sie aller Wahrscheinlichkeit nach kein lebendiges Kind zur Welt bringen würde, müssen einen Verdacht gehabt haben, aber keiner von ihnen war tatsächlich hier, als ich dich herbrachte.«
    »Als du eine Totgeburt gegen ein lebendes Baby ausgetauscht hast, meinst du? Und mich als dein eigenes Kind ausgegeben hast?«
    »Ja. Verurteilst du uns dafür?«
    Edward rieb sich mit der unverletzten Hand die Augen und stieß den Atem aus. »Nein. Vergib mir. Ich bin dankbar, dass ihr mich als euren Sohn aufgezogen habt. Aber offensichtlich ist jemand anderes nicht damit einverstanden.«

     
    Edward verbrachte eine unruhige Nacht. Er warf sich in seinem Bett hin und her und wurde von der Erinnerung an die unverzeihlichen Worte gequält, die er Olivia an den Kopf geworfen hatte.
    Am Morgen kleidete er sich achtlos, verzichtete auf ein Halstuch und zwängte sich in seine Stiefel, ohne Osborn zu rufen. Er trottete die Treppe hinunter ins leere Frühstückszimmer. Beim bloßen Gedanken an Essen wurde ihm schlecht und selbst der Kaffee, den er sich eingoss, war zu bitter zum Trinken. Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und stützte den Kopf in die Hände.
    Ein leises Kratzen an der Tür riss Edward aus seiner von Zweifeln erfüllten Versunkenheit.
    Der Pfarrer trat ein, den Hut in der Hand.
    »Hallo Charles«, begrüßte ihn Edward niedergeschlagen und machte sich nicht die Mühe aufzustehen.
    »Ich bin hier, um mich nach Ihrem Befinden zu erkundigen«, begann Tugwell und schloss die Tür hinter sich. »Ich habe mir Sorgen um Sie gemacht, mein Freund, seit dem Brand und« – er senkte die Stimme – »dem Brief. Ich habe natürlich gebetet. Gibt es sonst noch etwas, das ich für Sie tun kann?«
    »Nichts. Es sei denn, Sie könnten die Vergangenheit neu schreiben. Es sei denn, Sie könnten einen Vater aus dem Hut zaubern, der tatsächlich mit der Frau verheiratet war, die mich geboren hat. Er sollte idealerweise die Adelswürde besitzen, damit ich seinen Platz im Parlament einnehmen und meinen lebenslangen Traum verwirklichen kann.«
    Sein Freund betrachtete ihn mit traurigem Hundeblick. »Es ist nicht nötig, einen Vater aus dem Hut zu zaubern. Denn es gibt bereits einen, der Sie sein Kind nennt. Und das ist nicht einfach nur ein Graf oder ein Herzog. Es ist der König, dessen Herrschaft nie endet.«
    Edward seufzte. »Danke, Charles. Ich weiß, Sie meinen es gut, aber ich rede nicht von Religion –«
    Die Stimme des Pfarrers wurde lauter. »Ich auch nicht!«
    »Der Glaube an Gott wird nichts an den Umständen meiner Geburt ändern.«
    »Nein, aber er wird für Ihre Zukunft maßgeblich sein.«
    Edward lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Welche Zukunft?«
    »Also wirklich, Edward, jetzt habe ich aber genug. Sie führen sich auf wie ein verzogenes Kind. Lord Brightwell wird Sie nicht mittellos zurücklassen, oder?
    »Nein, aber –«
    »Wo hat Gott versprochen, jeder Laune von uns nachzugeben und unsere irdischen Wünsche bis ins kleinste Detail zu erfüllen? Wo hat er uns versprochen, uns vor Leid und Enttäuschung zu bewahren – wenn er nicht einmal seinen eigenen Sohn davor bewahrt hat? Sie sind in einem der vornehmsten Herrenhäuser der Gegend aufgewachsen, bei einem Mann und einer Frau, deren Liebe nicht zu überbieten gewesen wäre. Sie haben die beste Erziehung und Bildung erhalten, das Beste von allem. Sie haben einen gesunden Verstand und einen gesunden Körper. Trotzdem wagen Sie es, Gott etwas vorzujammern? Ich persönlich habe genug davon. Jetzt hören Sie auf, sich wie ein kleines Kind zu verhalten und machen Sie etwas aus diesem neuen Leben, das Ihnen geschenkt wurde.«
    Edward war verblüfft. Sein alter Freund, der sanftmütige Charles, war völlig

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