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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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erstarrte. »Oliver …«, hauchte ihre Mutter.
    Olivia drehte sich um und entdeckte, dass Lord Brightwell sichtbar erschüttert auf der Schwelle stand.
    »Es war wirklich Mama, die ich gehört habe«, erklärte Olivia atemlos. »Habe ich es Ihnen nicht gesagt?«
    »Ja …«, murmelte der Earl, ohne die Augen von Dorotheas Gesicht zu nehmen. »Hallo … Mrs Keene.«
    »Mylord.« Ihre Mutter machte einen ruckhaften Knicks, dem die übliche Anmut fehlte. »Ich habe in Arlington nach Olivia gefragt, aber der einzige Neuankömmling, von dem mir erzählt wurde, war eine Taubstumme.«
    Olivia blickte zu Lord Brightwell und kicherte verlegen. »Das ist eine lange Geschichte, Mama …«

     
    Miss Kirby servierte ihnen Tee im Salon. Sie entschuldigte sich und erklärte, dass sie Anweisung gehabt hätten, Mrs Keenes Anwesenheit nur ihrer Tochter zu offenbaren, und auch nur dann, wenn die Tochter allein wäre.
    »Es tut mir leid, dass ich nicht früher kommen konnte, Olivia«, sagte ihre Mutter. »Nachdem du weg warst, nahm Muriel mich mit zu ihrer Schwester aufs Land. Ich wollte ursprünglich nur ein paar Tage bleiben, um mich von … um mich zu erholen …« Sie warf den anderen einen Blick zu und wandte sich dann wieder an Olivia. »Aber ich fürchte, ich wurde gefährlich krank. Deswegen und dann aufgrund der unpassierbaren Straßen war ich gezwungen, ihre Gastfreundschaft einige Monate in Anspruch zu nehmen. Mir gelang es erst Anfang März, nach St. Aldwyns zu kommen. Dort hängte ich dann die Suchmeldung nach dir aus.« Sie lächelte Miss Kirby an, die ihnen Tee eingoss. »Als ich dich nicht fand, boten mir die Miss Kirbys freundlicherweise hier eine Anstellung an.«
    Olivia hielt es für eine gerechte Fügung, dass ihre Mutter die Stelle bekommen hatte, die sie selbst gern gehabt hätte. Es gab niemand, der besser dafür geeignet wäre oder sie mehr verdient hätte.
    »Hast du eine Kopie der Suchmeldung an Lord Brightwell geschickt?«, fragte sie.
    Dorothea Keene schüttelte den Kopf. »Ich hatte keinen Grund zu der Annahme, dass du nach Brightwell Court gehen würdest, statt hierher zu kommen.«
    Höflich fragte Olivia Miss Kirby, ob sie sich an den Brief erinnerte, den sie geschickt hatte und in dem sie nach einer Stelle gefragt und ihren Aufenthaltsort genannt hatte, falls ihre Mutter nach ihr fragen sollte.
    Die ältere Frau überlegte. »Ich erinnere mich vage, dass meine Schwester vor einigen Monaten einen Brief von Brightwell Court erwähnt hat, aber nichts über Dorotheas Tochter – das wüsste ich! Haben Sie Ihre Mutter nicht namentlich genannt?«
    »Ich bin sicher, dass ich Mrs Keene erwähnte.«
    »Aha. Aber wissen Sie, wir kannten sie nur als Miss Hawthorn. Meine Schwester hat zweifellos keinen Zusammenhang hergestellt. Den Namen Keene erfuhren wir erst, als Ihre Mutter zu uns kam. Ich vermute, dass meine Schwester den Brief bis dahin völlig vergessen hatte – ihr Gedächtnis ist nicht mehr das, was es einmal war. Meins auch nicht, fürchte ich.« Sie zuckte nervös zusammen. »Ich hoffe, Sie vergeben uns, meine Liebe.«
    »Natürlich vergebe ich Ihnen.«
    Als Miss Kirby sie allein ließ, sprang das Gespräch wild zwischen allen dreien hin und her, während sie versuchten, die Lücken zu füllen.
    »Vor ein paar Monaten schickte ich einen Mann nach Withington«, erklärte Lord Brightwell. »Aber Ihre Nachbarn redeten ihm ein oder ließen ihn zumindest in dem Glauben, dass Sie mit großer Wahrscheinlichkeit das neue Grab auf dem Friedhof belegten.«
    Dorothea nickte beschämt. »Das war Muriels Idee. Aber ich war damit einverstanden. Mir fiel nichts anderes ein, um ihm zu entkommen. Ich wusste, dass er sonst nach mir suchen würde.«
    Olivia platzte heraus: »Vater ist verhaftet worden. Du bist in Sicherheit.«
    Statt Erleichterung zu zeigen, war das Gesicht ihrer Mutter wie versteinert. Dann kräuselte sie die Stirn. »Dein Vater?«
    »Ja. Zuerst dachten wir, man hätte ihn deshalb verhaftet, weil er … dir etwas angetan hätte, aber Miss Cresswell –«
    »Olivia, nein«, unterbrach ihre Mutter. »Dein Vater hat nicht … Dachtest du, es wäre dein Vater gewesen, den du an jenem Abend niedergeschlagen hast?«
    Entsetzen und Verwirrung erfüllten Olivia. »Ja.«
    »Liebes, ich leugne nicht, dass dein Vater jähzornig veranlagt ist und viele Fehler hat. Aber er hat nie die Hand gegen mich erhoben. Es kam mir nie in den Sinn, dass du denken könntest, er wäre das.«
    »Ich … ich weiß, es war dunkel,

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