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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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das lederne Halfter über den majestätischen Kopf und die Ohren.
    »Hm …«, überlegte sie. »Wenn ich seine Farbe und Ihr generelles Verhalten in Betracht ziehe, würde ich vermuten … Black .«
    »Sie kränken mich. Halten Sie mich für völlig fantasielos?«
    »Das ist der erste Eindruck.« Was dachte sie sich dabei, ihn aufzuziehen, wie sie es mit Johnny machen würde? Sehnte sie sich so verzweifelt nach einem erwachsenen Gesprächspartner?
    Er beendete seine Arbeit und schaute sie aus zusammengekniffenen Augen an. »Wüssten Sie gern, was ich mir jetzt gerade vorstelle?«
    Mich zu erwürgen? , dachte sie, gab jedoch nur flüsternd zurück: »Nein. Auf keinen Fall.«
    Nach der Reitstunde befand sich Olivia in der unangenehmen Situation, neben Lord Bradley zum Haus zurückzukehren, während die Kinder wie üblich vorneweg rannten. Sie verlangsamte ihre Schritte, um respektvoll ein Stück hinter ihm zurückzufallen, wie es ihrer Stellung angemessen war. Er fing keine weitere Unterhaltung an, und natürlich tat sie es auch nicht.
    Sie erschrak, als Croome plötzlich um die Ecke des Herrenhauses marschierte. Offenbar bekam auch Lord Bradley einen Schrecken, denn er blieb so plötzlich stehen, dass sie fast mit ihm zusammenstieß.
    »Ach … Mr Croome.« Lord Bradleys Stimme klang plötzlich unnatürlich und unsicher. Er drehte sich um und folgte dem strengen Blick des Mannes, und einen Moment lang musterten beide Männer Olivia kritisch. Offenbar fühlte sich Lord Bradley genötigt, die peinliche Stille zu durchbrechen. »Das ist … ich denke, Sie erinnern sich vielleicht noch an Miss Keene.«
    »Ich erinnere mich gut«, murmelte Croome. »Ich erinnere mich, dass ich sie dabei erwischt habe, wie sie sich an einem Ort herumgetrieben hat, an dem sie nichts verloren hatte.«
    »Ja, nun gut. Sie hat jetzt eine Anstellung hier. Sie hilft bei der Betreuung meiner jungen Cousine und ihres Bruders.«
    Croome sandte ihr einen wutglühenden Blick zu, aber sie setzte ihm ein eiskaltes Starren entgegen. Auch sie erinnerte sich gut an ihn und hatte ihn ebenfalls an einem Ort gesehen, an dem er nichts verloren hatte.
    Er schaute als Erster weg und wandte sich an Lord Bradley. »Hier treibt sich irgendwo ein Iltis herum. Ich habe vor, eine Falle für ihn auszulegen, es sei denn, Sie wollten, dass ich ihn in Ruhe lasse. Iltisse sind gut gegen Ratten, aber für das Wild sind sie sehr schädlich.«
    »Ich verstehe. Tun Sie, was Sie für das Beste halten, Mr Croome. Mein Vater hat sich in solchen Dingen immer auf Ihre Erfahrung verlassen.«
    Olivia beobachtete Lord Bradley verblüfft. Er verhielt sich wie ein aufgeregter Schuljunge vor einem strengen Schulleiter.
    Der Wildhüter nickte und schlurfte mit seinem leicht hinkenden Gang weiter. Sie schauten ihm beide nach, wie er im Wald verschwand.
    »Sie haben immer noch Angst vor ihm«, wagte sich Olivia leise vor. »Hat er Ihnen jemals etwas getan?«
    »Nein.« Er stieß den Atem aus. »Albern von mir, nicht wahr? Ich glaube, es hat etwas mit meinem Vater zu tun. Als ich ein Junge war, schien er sich immer näher neben mich zu stellen, wenn Croome in der Gegend war.«
    Wie seltsam , dachte Olivia. Laut sagte sie: »Ich frage mich, ob Lord Brightwell etwas Unangenehmes über den Charakter des Mannes weiß.« Insgeheim fügte sie hinzu: Oder über seine Geschäfte mit Wilderern?
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Lord Bradley. »Aber vielleicht werde ich ihn fragen, wenn er zurückkehrt.«
    Sie war erneut versucht, Lord Bradley zu erzählen, wo sie Croome das erste Mal begegnet war, aber sie zögerte. Sie wusste, dass das zu weiteren Fragen führen würde, die sie nicht beantworten wollte.

     
    Am späten Nachmittag, als Olivia in die Küche hinunterging, um das Tablett mit dem Abendessen für das Kinderzimmer zu holen, saßen die Küchenmädchen auf niedrigen Schemeln und rupften einen Korb voll kleiner Vögel. Als Mrs Moore ihren neugierigen Blick sah, erklärte sie: »Birkhühner vom Wildhüter. Birkhuhnpastete wird eine angenehme Abwechslung sein, nicht wahr? Unser Nachbar George Linton hat unsere Speisekammer mit Rebhühnern von seinem Anwesen gefüllt, und alle haben mittlerweise genug davon.«
    Mrs Moore stellte noch eine Schüssel mit Rindermarkklößen auf das Kinderzimmertablett und hob dann den Blick zu Olivia. »Sind Sie unserem Mr Croome schon begegnet?«
    Olivia nickte kurz und erschauerte.
    »Sie haben Angst vor dem Mann, ja? Das wundert mich nicht. Er sieht die

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