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Das Schweigen der Schwaene

Das Schweigen der Schwaene

Titel: Das Schweigen der Schwaene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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»Aber  könntest du jetzt vielleicht aufhören mit den Vergleichen? Bei dem Versuch, euch beide gleichzeitig zu verführen, fühle ich mich regelrecht polygam.«
    »Tut mir leid, es hat mich einfach interessiert. Der Gedanke ging mir eben durch den Kopf.« Wieder vergrub sie ihr Gesicht an seiner Brust. »Manchmal fühle ich mich, als wäre ich zweigeteilt. Nicht oft. Mein altes Ich verblasst immer mehr.«
    »Nein, das tut es nicht. Es verschmilzt lediglich mit der Person, die du inzwischen bist.« Er strich mit dem Zeigefinger über ihre Unterlippe. »Ebenso wie ich mit ihr verschmelzen will. Hast du jetzt genug Zeit gehabt? Ich verspreche dir, vorsichtig zu sein.«
    Mit einem Mal merkte sie, dass sein Herz schneller schlug, und spürte die straffen und angespannten Muskeln unter seiner Haut.
    Es war ihm schwer gefallen zu warten, aber er hatte ihr die Zeit und die Worte gegeben, die sie brauchte, um für ihn bereit zu sein.
    Sie hob den Kopf, küsste ihn und flüsterte: »Du brauchst nicht vorsichtig zu sein.«
    »Los, mach dich fertig«, befahl Tania Joel, als er nach Hause kam. Sie setzte ihm einen fuchsienfarbenen Papphut auf und schob das Gummiband unter seinem Kinn zurecht. Er sah müde aus, was kein gutes Zeichen war. »Heute abend feiern wir.«
    »Mit Papphüten sehe ich einfach lächerlich aus.« Sie hielt ihn davon ab, sich das Hütchen vom Kopf zu reißen. »Unsinn. Du siehst wunderbar aus. Die Farbe steht dir hervorragend. Sie passt zu deinem Haar.«
    »Mein Haar ist ja wohl nicht fuchsienrot.« Er blickte auf ihr Kleid aus pfirsichfarbenem Seidenkrepp. »Hübsch. Das Blumenmuster ist schön. Du siehst wie ein Garten aus. Was feiern wir denn? «
    »Ich habe ein A in meiner Englischprüfung bekommen. Das ist  sehr gut, wenn man bedenkt, was für eine grässliche Sprache das Englische ist.« Sie küsste ihn auf die Wange, schob ihn in Richtung der Treppe und setzte einen grünen Papphut auf. »Ich bin sehr klug, ja? «
    Er lächelte. »Sehr klug.«
    »Ich habe Schmorfleisch und Kartoffeln und eine neue Nachspeise mit Zitronensauce gemacht. Extra fettarm für dein Herz. Gesund. Da du dich für so alt hältst, dachte ich, dass du dich sicher darüber freust.«
    »Ich habe nie behauptet, dass ich alt bin«, sagte er verletzt. »Du bist einfach... jung.«
    Sie zuckte mit den Schultern und trat durch die Esszimmertür.
    »Beeil dich.« Sie überprüfte das Blumenarrangement auf dem Tisch, zündete die Kerzen an und ging in die Küche. Als Joel das Esszimmer betrat, kam sie gerade mit der Fleischplatte zurück. »Setz dich. Iß«, sagte sie, froh, dass er immer noch den Papphut trug.
    Die ganze Mahlzeit über und auch noch während des
    anschließenden Kaffees im Salon unterhielten sie sich im Plauderton. »Ich habe es gut gemacht. Wunderbar, ja? «
    Er lächelte. »Wunderbar.«
    Sie hatte sein Lächeln schon immer geliebt. Vom ersten Moment an, in dem er vor so vielen Jahren in ihr
    Krankenzimmer gekommen war. »Ich habe dir sogar
    koffeinierten Kaffee serviert. Du weißt natürlich, dass ich dich zu umgarnen versuche.«
    »Das habe ich mir gedacht. Du hast also kein A in deinem Test?«
    »Doch, aber das wusste ich schon vorher. Das war kein besonderer Triumph.«
    »Warum trage ich dann diesen höchst lächerlichen Hut? «
    Sie grinste. »Weil er dir gut tut.« Ihr Lächeln schwand, als er  durch das Zimmer ging und aus dem Fenster zu starren begann.
    »Und wenn du ein bisschen vernünftiger wärst, gäbe es wirklich einen Grund zum Feiern für uns.«
    Er fuhr zu ihr herum. »Ich hatte einen anstrengenden Tag. Und ich habe wirklich keine Lust, mit dir zu diskutieren. »
    Du diskutierst ja gar nicht. Aus einer Diskussion ginge ich als Siegerin hervor. Bisher hast du einfach immer ne in gesagt.«
    »Und heute sage ich abermals nein. Weshalb hast du gedacht, heute abend wäre es anders als sonst? «
    Sie starrte ihn an und sagte mit zitternder Stimme: »Du bist ein Narr. Du benimmst dich genau wie dieser dämliche Galahad.
    Warum kannst du nicht einfach wie andere Männer sein? «
    »Das lässt mein Selbstschutz nicht zu. Ich wäre viel zu unglücklich, wenn du zu dem Schluss kommen würdest, dass ich was ist los? « Er sah sie an. »Du bist ja ganz fertig.«
    »Natürlich bin ich fertig. Ich habe lange genug versucht, die Sache mit Humor zu nehmen. Jede Minute des Lebens ist so kostbar, und du lässt einfach zu, dass uns die Zeit durch die Finger rinnt.« Sie kreuzte die Arme vor der Brust, damit sie nicht

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