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Das Schweigen der Schwaene

Das Schweigen der Schwaene

Titel: Das Schweigen der Schwaene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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machen, was ihm auch gelang, aber das durfte er nicht sehen. Er gehörte zu der Art von Mann, die es genoß, andere zittern zu sehen. Mit ruhiger Stimme fragte sie:
    »Sie haben sie vergewaltigt? «
    »Das habe ich nicht gesagt, oder? « Er lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Aber wir haben hier in Ocachobi keine Quartiere für Frauen. Sie müßten eine Pritsche in einem der Männerschlafsäle nehmen.«
    »Dazu bin ich bereit.«
    »Das waren diese Lesben auch. Aber bereits nach der ersten Nacht haben sie es sich anders überlegt.«
    »Das werde ich nicht.« Sie wischte sich die feuchten Hände an der Jeanshose ab. Inzwischen wußte sie nicht mehr genau, schwitzte sie wegen der Hitze oder aus Nervosität? »Warum akzeptieren Sie keine Frauen? Unser Geld ist ebensogut wie das der Männer.«
    »Aber Euer Rückgrat ist es nicht.« Sein Blick verharrte auf ihren Brüsten. »Wir akzeptieren Frauen... dort, wo sie hingehören.
    Eine Frau sollte die Dinge tun, von denen sie was versteht.«
    Nur mit Mühe unterdrückte sie ihre Verärgerung. Es nützte ihr nichts, wenn sie diesem chauvinistischen Bastard zeigte, wie wütend sie war.
    Aber vielleicht wäre es hilfreich, wenn sie ihn wütend machte, dachte sie mit einem Mal.
    »Ich habe draußen auf dem Feld all diese großen, starken Männer gesehen, die versucht haben, über die Holzwand zu klettern. Allzu geschickt haben sie sich nicht gerade angestellt.
    Haben sie vielleicht Angst, eine Frau könnte besser sein? «
    Er erstarrte. »Dies ist erst die erste Trainingswoche. Am Ende des Monats werden sie drüberkommen wie der Blitz.«
    »Vielleicht.«
    Seine Augen blitzten zornig auf. »Wollen Sie damit etwa sagen, ich wäre ein Lügner? «
    »Ich sage lediglich, daß ich bezweifle, daß ein Mann, der unter seinen Männern noch nicht mal für Disziplin sorgen kann, aus ein paar Weichlingen innerhalb weniger Wochen echte Soldaten macht.«
    »Hier in Ocachobi herrscht äußerste Disziplin.«
    »Ach, dann erlauben Sie also, daß die Kerle Frauen vergewaltigen? Das ist keine militärische Disziplin, das ist Barbarei. Was für ein Offizier sind Sie? « Noch ehe er  antworten konnte, fuhr sie fort. »Oder vielleicht sind Sie gar kein Offizier. Haben Sie Ihre Uniform vielleicht in irgendeinem Armeeladen gekauft? «
    »Ich war ein Colonel bei den Rangern, du Hexe.«
    »Wann? « schnauzte sie. »Und warum sind Sie nicht mehr bei der Armee und verstecken sich statt dessen hier im Sumpf? Sind Sie inzwischen zu alt und bringen es einfach nicht mehr? «
    »Ich bin zweiundvierzig Jahre alt, und ich stecke noch jeden Mann in Uniform in die Tasche, wenn ich will«, knurrte er.
    »Das bezweifle ich nicht. Diese armen Kerle schaffen es ja noch nicht mal, die Wand raufzuklettern. Es gibt Ihnen bestimmt ein ungeheures Überlegenheitsgefühl, zu wissen, daß Sie stärker sind.«
    »Ich habe nicht die Auszubildenden gemeint, ich habe...«
    Zornbebend brach er ab. »Sie meinen also, die Holzwand ist leicht? Sie ist zehn Meter hoch. Vielleicht machen Sie es ja besser, kleine Dame.«
    »Wahrscheinlich. Vielleicht probieren wir es einfach mal aus?
    Wenn ich es schaffe, nehmen Sie mich dann hier auf? «
    Sein Lächeln troff vor Boshaftigkeit. »Wenn Sie
    drüberkommen, nehmen wir Sie mit dem größten Vergnügen auf.« Er stand auf und winkte in Richtung der Tür. »Nach Ihnen.«
    Sie zeigte ihm nicht, wie erleichtert sie war, als sie hinter ihm die Treppe zum Übungsplatz hinunterstieg. So weit, so gut.
    Vielleicht.
    Aus der Nähe betrachtet, sah die Holzwand mit einem Mal viel höher aus, und von den Stiefelabdrücken der Männer, die versucht hatten, das Hindernis zu überwinden, rann eine glitschige Spur herab.
    Das Gejohle und Gegrinse der Männer ignorierte sie. Sie packte das Seil und begann zu klettern. Sofort merkte sie, daß dies  etwas ganz anderes war, als das Seil zu erklimmen, das an der Decke des Fitneßraums des Krankenhauses befestigt gewesen war. Wenn sie versuchte, ihre Knie zu benutzen, prallte sie mit dem Seil gegen die hölzerne Wand. Es ging nur, wenn sie sich mit den Füßen abstemmte und sich allein mit den Armen höherzog.
    Anderthalb Meter.
    Ihre Sohlen glitten an der schlammigen Oberfläche ab, und sie krachte gegen die Wand.
    Schmerz.
    Gelächter von den Männern unter ihr.
    Achte nicht auf sie. Halt dich fest. Laß nicht los.
    Sie drückte sich von der Wand ab und stemmte erneut die Füße gegen das Holz.
    Zweieinhalb Meter.
    Wieder rutschte sie aus. Das rauhe Seil

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