Das Schweigen der Schwaene
sind wesentlich freundlicher als Sam.«
Peters Miene hellte sich auf. »Darf ich dann eine Weile dort bleiben? «
Er schüttelte den Kopf. »In ein paar Tagen werden die Männer ins Hochland reiten, um die Schafe für den Winter
herunterzuholen.«
»Aber wenn sie zurückkommen, vielleicht? «
»Wenn Jean einverstanden ist.«
Peter wandte sich an Nell und sagte zögernd: »Es ist nicht so, dass ich nicht bei Ihnen bleiben will. Sie sind sehr nett zu mir.
Es ist nur...«
»Hunde.« Sie lächelte. »Ich weiß, Peter.«
»Kommen Sie.« Michaela trat in die Tür. »Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit für Sie. Ich muss Ihnen noch Ihre Zimmer zeigen. In einer Stunde wird es dunkel. Jean kommt heute abend von den Herden zurück, und ich muss nach Hause und sein Abendessen vorbereiten.«
Tanek machte eine spöttische Verbeugung. »Wir kommen sofort. Zeigen Sie bitte nur Peter sein Zimmer. Ich führe dann Nell herum. Wir wollen doch nicht, dass Jean unseretwegen auf sein Essen warten muss.«
»Das muss er auch nicht. Ihnen habe ich einen Schmortopf in den Ofen gestellt. Bedienen Sie sich einfach selbst.« Mit einem
»Komm, Peter« kehrte sie ins Haus zurück, und der Junge trottete folgsam hinterher.
Nell wurde von Nicholas direkt ins Wohnzimmer geführt. »Es ist größer, als es von außen wirkt«, sagte sie. »Irgendwie scheint das Haus ein wenig verschachtelt zu sein.«
»Nachdem ich es gekauft habe, habe ich noch angebaut. Ich sagte ja bereits, dass ich Enge nicht mag.«
Nell sah sich in dem luftigen, mit hellbraunen Ledersesseln bestückten und einem riesigen steinernen Kamin ausgestatteten Wohnzimmer um. Die Tische waren mit Kupfervasen voll üppiger weißer Blumensträuße bestückt, und in einer Ecke fand sich eine große chinesische Urne, in der ein Bund goldener Chrysanthemen angeordnet war. An den Wänden hätte sie Indianerteppiche oder Cowboyutensilien erwartet, keinesfalls die diversen Gemälde, denen sie sich gegenübersah. Mein Gott, diese Gemälde waren der reinste Traum.
Sie trat vor das Bild über dem Kamin. »Delacroix?«
»Halten Sie mich etwa für einen solchen Barbaren, dass ich einen Delacroix hier in der Wildnis verstecke, wo niemand außer mir ihn genießen kann? «
Sie sah ihn an und erinnerte sich an die Leidenschaft, mit der er erst vor wenigen Minuten erklärt hatte, wie wichtig ihm Besitztum war. »Ja.«
Er grinste. »Stimmt. Schätze sind zum Vergnügen derjenigen gedacht, die sie sich nehmen und die an ihnen festzuhalten verstehen.«
»Sich nehmen? Haben Sie es etwa...«
»Nein, ich habe es nicht geklaut. Ich habe es bei einer Auktion gekauft. Heutzutage halte ich mich immer streng an das Gesetz.« Er führte sie einen langen Flur hinab. »In diesem Flügel gibt es fünf Schlafzimmer mit den dazugehörigen Badezimmern, und in dem anderen Flügel finden Sie ein Arbeitszimmer und einen bescheiden eingerichteten
Fitnessraum.« Er öffnete eine Tür. »Dieser Raum gehört Ihnen.
Es gibt im ganzen Haus nur einen einzigen Fernsehapparat, und der steht im Arbeitszimmer, aber dafür gibt es Bücher zuhauf.
Ich hoffe, dass es Ihnen hier gefallen wird.«
Sie hätte nicht gewusst, was dagegen sprach. Die Einrichtung des Zimmers war schlicht, aber sie strahlte Gemütlichkeit aus.
Das Doppelbett war unter der dicken, weißen Daunendecke kaum zu sehen. In der Ecke unter dem Fenster stand ein gepolsterter Schaukelstuhl, und an der gegenüberliegenden Wand befand sich ein Kirschholzregal, das unter zahlreichen Büchern und Pflanzen regelrecht begraben war. »Es ist sehr hübsch. Es überrascht mich, dass Ihre Gäste je wieder gehen.«
»Ich habe nur selten Besuch. Dies ist mein Haus. Und ich teile nicht gern.«
Sie drehte sich zu ihm um. »Dann sind Sie bestimmt doppelt böse, dass ich hier eingedrungen bin. Aber ich verspreche, Ihnen soweit wie möglich aus dem Weg zu gehen.«
»Sie sind hier nicht eingedrungen. Es war meine Entscheidung.
Ich habe Sie hierher gebracht.« Er nickte in Richtung einer Tür am anderen Ende des Raums. »Sie wollen sich sicher frisch machen. Dort drüben ist das Bad.«
»Was in aller Welt macht er da? « fragte Nell mit einem Blick auf Peter, der in einer Ecke des Raums auf dem Fußboden saß.
Er hockte im Schneidersitz und starrte reglos auf Sam, der ein paar Meter von ihm entfernt vor dem Kamin lungerte. »Er erinnert mich an einen Schlangenbeschwörer.«
»Seiner Meinung nach sind Sie die Schlangenbeschwörerin«, war Nicholas' trockene
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