Das Schweigen der Schwaene
bei dieser Frau.
Er wandte sich ab und griff nach der Tasche auf seinem Bett.
»Oh, ich glaube schon, dass man euch beide an Bord lassen wird.« Er wandte sich zum Gehen. »Aber vielleicht gibt euch die Stewardess noch ein Paar Micky-Maus-Ohren und ein Malbuch, damit euch unterwegs nicht langweilig wird.«
10. Kapitel
»Noch ein Zaun? « fragte Nell, als Ta nek aus dem Jeep stieg und in Richtung des Tores ging. »Das ist schon der dritte.
Offenbar haben Sie ein extrem großes Interesse an Sicherheit.«
»Ich habe ein extrem großes Interesse an meinem Leben. Aber das hier ist der letzte.« Er öffnete das Schloss mit einem Zahlencode, und das Tor schwang lautlos auf. »Er ist elektrisch geladen und umgibt das Haus und die Stallungen.« Er sah Peter an, der auf dem Rücksitz saß. »Fass nicht an den Zaun, Peter.
Sonst kriegst du einen Schlag.«
Der Junge runzelte die Stirn. »Tun sich die Hunde an dem Zaun denn nicht weh? «
»Sam kennt sich gut genug aus, um den Zaun nicht zu berühren, und das Vieh und die Wirtschaftsgebäude sind auf einem anderen Teil des Grundstücks außerhalb der Zäune
untergebracht. Dies hier ist nur das Haupthaus. Die richtige Ranch ist die Bar X. Sie liegt ein paar Meilen nördlich von hier.«
»Das ist gut.« Peter wandte den Blick erneut der Umgebung zu.
»Es sieht... komisch aus hier.«
Nell wusste, was er meinte. In der Ferne ragten die majestätischen Saw-Tooth-Berge auf, aber soweit das Auge reichte, erstreckte sich vor ihnen flaches, kahles Land.
Seltsamerweise wirkte die Umgebung nicht öde, sondern sie strahlte irgendetwas aus, was sich nicht in Worte fassen ließ und was einem das Gefühl gab, vielleicht allein, aber nicht einsam zu sein. »Sie haben eine Menge Platz.«
»Richtig. Als Kind in Hongkong habe ich immer von viel Platz geträumt. Die ganzen Leute dort hätten mich fast erdrückt.«
Ich habe ein extrem großes Interesse an meinem Leben.
Sie musterte Tanek, als dieser wieder in den Wagen stieg. Er hatte ohne besondere Betonung, fast beiläufig gesprochen, doch sie dachte an den Moment am Flughafen, als Reardon ihr erklärt hatte, dass er nicht gerne Taxis nahm. Dass Taneks Leben auf das Überleben ausgerichtet war, war ihr nie stärker aufgefallen als bis zu diesem Augenblick, in dem sie die Festung, die er um sich herum errichtet hatte, sah. »Sie müssen sich hier sehr sicher fühlen«, sagte sie leise. »Sie haben sich unerreichbar gemacht.«
»Man ist nie unerreichbar, aber man tut, was man kann.« Er fuhr weiter, drückte auf einen Knopf der Fernbedienung, und hinter ihnen schwang das Tor lautlos wieder zu. »Ich glaube nicht, dass man den Zaun oder das Tor durchbrechen kann, aber ein Hubschrauber mit einem Raketenwerfer käme problemlos an mich heran.«
»Raketenwerfer? « Sie lächelte. »Das klingt ein bisschen paranoid.«
»Vielleicht. Aber es könnte passieren. Irgendjemand müsste nur entschlossen genug sein. Die südamerikanischen Drogenbarone haben mehr als genug davon.«
»Und wie schützen Sie sich vor Angriffen aus der Luft? «
Er zuckte mit den Schultern. »Niemand lebt ewig. Wenn mich keine Rakete erwischt, dann vielleicht ein Tornado. Man sieht eben zu, dass man so gut wie möglich versichert ist.« Er sah sie an. »Und man lebt jeden Augenblick, als ob es der letzte wäre.«
Er parkte den Jeep vor dem Haus und sprang hinaus.
»Michaela.«
»Sie brauchen gar nicht so zu schreien. Ich bin hier.« Eine große, dünne Mittvierzigerin kam aus dem Haus. Sie trug Jeans und ein loses einfarbiges Hemd, aber ihre Haltung verlieh den einfachen Kleidern eine damenhafte Eleganz. »Als Sie das Tor geöffnet haben, habe ich die Klingel gehört.« Sie sah erst Nell und dann Peter an. »Sie haben Gäste. Willkommen auf der Ranch.« Ihr Ton strahlte eine fa st fremdländische Förmlichkeit aus.
Nell starrte sie an. Die Frau hatte ein kräftiges, ausdrucksvolles Gesicht, doch ihre Erhabenheit kam der einer ägyptischen Pharaonin gleich.
»Dies ist Michaela Etchbarras«, sagte Tanek. »Ich könnte sagen, dass sie meine Haushälterin ist, aber eigentlich ist sie viel mehr.
Sie kümmert sich um alles, was im Haus und drumherum passiert.« Er half Nell aus dem Jeep. »Nell Calder. Peter Drake.
Sie bleiben eine Weile hier.«
»Und Sie? «
Als er nickte, sagte sie: »Gut. Sam hat Sie vermisst. Sie sollten sich kein Tier halten, wenn Sie so selten zu Hause sind. Ich lasse ihnen dann jetzt das Essen aus der Küche bringen.« Sie kehrte ins Haus
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