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Das Schweigen der Toten

Das Schweigen der Toten

Titel: Das Schweigen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todd Ritter
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haben. Möglich auch, dass er als Kind sexuell misshandelt wurde. Es zeigt sich immer wieder, dass Serienmörder selbst schwer unter jemandem zu leiden hatten.»
    Kat stand die Verwunderung ins Gesicht geschrieben. «Serienmörder? Glauben Sie, Georges Mörder könnte ein weiteres Mal zuschlagen?»
    «Möglich. Das Fax und die Tat an sich lassen darauf schließen, dass der Mörder sehr clever ist und gut vorbereitet war. Sogar die Pennys auf den Augen des Opfers sind typisch für einen Serientäter, eine Art Visitenkarte. Er will auf sich aufmerksam machen.»
    «Und wenn Sie sich irren?», fragte Kat. «Es wäre doch denkbar, dass der Täter trotz seiner abwegigen Gelüste ein durchaus handfestes Motiv hatte, zum Beispiel Rache.»
    Denkbar, aber so war es nicht, dachte Nick.
    «Wer so ausgeklügelt mordet, tut das nicht nur ein Mal», sagte er.
    Kat legte den Kopf in den Nacken, um auch den letzten Tropfen aus dem Becher zu trinken. Nick reichte ihr seinen.
    «Ist die tote Katze auch so eine Visitenkarte?», fragte sie.
    «Bevor sie sich an Menschen vergreifen, fangen viele Mörder erst mal damit an, Tiere zu töten. Vielleicht verschafft das unserem Täter immer noch einen Kick. Ich habe Ihren Stellvertreter Bauersox gebeten, die Polizeiakten der letzten zwanzig Jahre durchzugehen und festzustellen, ob in Perry Hollow irgendwelche Jugendlichen wegen Tierquälerei auffällig geworden sind. Ich hoffe, Sie verstehen das nicht als Einmischung in Ihre Kompetenzen.»
    «Mischen Sie sich ruhig ein», erwiderte Kat. «Sonst noch was?»
    «Nur eine Frage. Der Mann, der das Fax mit der Todesnachricht erhalten hat –»
    «Henry Goll.»
    «Was wissen Sie über ihn?»
    Kat zuckte die Achseln. «Nicht viel. Ich habe ihn heute erst persönlich kennengelernt. Für die meisten scheint er ein Rätsel zu sein.»
    «Glauben Sie, dass er zu einem solchen Mord fähig wäre?»
    «Nein», antwortete sie leicht pikiert. «Physisch wäre er natürlich dazu in der Lage, aber er ist überhaupt nicht der Typ dafür. Außerdem war er es, der mich auf die Todesnachricht aufmerksam gemacht hat.»
    «Vielleicht, um den Verdacht von sich abzulenken. Wer weiß? Er hätte sich das Fax selbst zuschicken, dann auf die Farm fahren und George Winnick umbringen können.»
    «Ausgeschlossen», erwiderte Kat entschieden. «Ich bin mir sicher, Henry Goll ist ein völlig harmloser Zeitgenosse.»
    «Manchmal sind die scheinbar Harmlosen besonders gefährlich.»
    Plötzlich krachte es in mittlerer Entfernung. Das Echo hallte mehrfach wider, doch für Nick stand schon nach dem ersten Knall fest, dass aus einem Gewehr geschossen worden war.
    Auch Kat hatte schnell geschaltet und war bereits losgerannt. Nick folgte ihr über den Platz. Aufgeschreckte Anwohner steckten ihre Köpfe aus den Fenstern und sahen einen Mann an, der auf der Veranda eines Hauses stand und eine Flinte in den Händen hielt. Er wirkte verdutzt und zufrieden zugleich.
    Unbeeindruckt von der Waffe, steuerte Kat im Laufschritt auf die Veranda zu.
    «Lucas, was soll das?»
    «Ich dachte, das Ding wäre gesichert», antwortete der Mann. «Ehrlich, ich hätte es beschwören können.»
    Nick glaubte seiner Stimme anhören zu können, dass er die Unwahrheit sagte. Der amüsierten Miene nach zu urteilen, hatte er den Schuss wahrscheinlich krachen lassen, um zu sehen, was passieren würde. Im Dach der Veranda klaffte ein tellergroßes Loch, aus dem noch immer Gipsstaub herabrieselte.
    Kat klopfte ihm die Schulter ab und sagte: «Wie ich sehe, hat man Sie aus dem Gefängnis entlassen.»
    «Ich habe meine Zeit abgesessen», erklärte er mit verschlagenem Grinsen. «Jetzt bin ich wieder ein freier Mann.»
    Nick musterte den Mann. Er war groß und massig und hatte den wilden Blick eines Pitbull-Terriers. Rasierter Kopf. Buschige Brauen. Die Nase schien mindestens einmal gebrochen gewesen zu sein.
    Auf den zweiten Blick entdeckte Nick eine Pigmentstörung im Gesicht des Mannes, die so auffällig war, dass er sich wunderte, sie nicht sofort gesehen zu haben. Es schien, als hätte ihm jemand so heftig mit der flachen Hand auf die rechte Wange geschlagen, dass der Abdruck nicht mehr wegging.
    Nick hätte den Mann für einen typischen Schläger gehalten, wenn er nicht so hellwache Augen und dieses gehässige Grinsen gehabt hätte. Wenn er ein typischer Schläger war, dann einer mit einem scharfen Verstand.
    «Wer ist das?», fragte Nick flüsternd, als Kat auf ihn zukam.
    «Lucas Hatcher», antwortete sie.

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