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Das Schweigen der Toten

Das Schweigen der Toten

Titel: Das Schweigen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todd Ritter
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ripugnante.»
    Er schlurfte ins Schlafzimmer, warf sich erschöpft aufs Bett und starrte auf den Digitalwecker. Zehn nach fünf. Zu früh, um aufzustehen, zu spät, um nochmal zu schlafen. Darauf schien es der Albtraum angelegt zu haben.
    Für gewöhnlich wurde er einmal pro Woche von diesem Traum heimgesucht. Er war immer gleich, bis hin zu dem entsetzten Schrei, von dem er aufwachte.
    «Henry! Pass doch auf!»
    Trotz der Regelmäßigkeit verlor der Traum nichts von seinem Schrecken. In dieser Nacht war er so intensiv, dass Henry noch fünf Minuten später zitterte. Weil an Schlaf nicht mehr zu denken war, stand er auf und beschloss, den Tag zu beginnen.
    Unter der Dusche kam er allmählich wieder zur Besinnung. Der Traum aber hing ihm immer noch nach. Tief im Inneren hatte er die Hoffnung, dass er eines Tages aufhören würde. Aber er glaubte nicht wirklich daran, er fürchtete, bis an sein Lebensende mit der ständigen Wiederholung seiner Vergangenheit geplagt zu werden.
    Nach einer Viertelstunde unter der Dusche fühlte er sich wach genug, um normal funktionieren und zu seiner Routine zurückkehren zu können. Er trocknete sich ab und wischte einen Kreis in den vom Dampf beschlagenen Spiegel. Er rasierte sich, besonders sorgfältig entlang der Narbe.
    Dann zog er sich an und ging in die Küche, um zu frühstücken – wie immer zwei Eier, eine Banane und ein Glas Orangensaft. Anschließend bereitete er sein Mittagessen vor und packte es ein.
    Das war erledigt. Die morgendliche Routine war abgeschlossen. Zeit, zur Arbeit zu gehen.
    Als er die Wohnungstür öffnete, sah er die
Perry Hollow Gazette
auf der Schwelle liegen. Die dicken, schwarzen Lettern der Schlagzeile stachen ihm ins Auge.
    FARMER TOT AUFGEFUNDEN .
    Den dazugehörigen Artikel wollte er nicht lesen. Er wusste, wie Zeitungen arbeiteten. Sie liebten Storys, die drei Gefühle ansprachen: Betroffenheit, Dankbarkeit und Angst. Das garantierte hohe Auflagen. Die Leser waren betroffen, dass so etwas passieren konnte, dankbar, dass es sie nicht selbst erwischt hatte, und verängstigt, weil das doch eines Tages der Fall sein könnte.
    Der Fall Winnick bediente alle drei Affekte, und Henry vermutete, dass die
Gazette
nichts ausgelassen hatte. Martin Swan zitierte in seinem Artikel sicher schockierte Anwohner und führte aus, dass sich die Polizei mit Auskünften zurückhielt. Wahrscheinlich hatte er sich auch über den traurigen Zustand der Menschheit beklagt.
    Doch eines würde fehlen, dessen war sich Henry sicher, und zwar ein Hinweis auf die Todesnachricht, die ihm schon vor der Mordtat zugefaxt worden war. Er hatte Chief Campbell versprochen, kein Wort darüber zu verlieren, und an ein Versprechen hielt er sich.
    Henry wollte gerade die Zeitung mit dem Fuß in die Wohnung schieben, als er einen Schritt neben der Tür einen Pappkarton auf dem Boden liegen sah. Anscheinend war er für ihn bestimmt und nicht für den Nachbarn auf der anderen Seite des Flurs.
    Er ging in die Hocke. Auf dem Karton stand keine Adresse, und er hatte auch keine Briefmarken, konnte also nicht mit der Post gekommen sein. Er war mit einem Klebestreifen verschlossen, der sich leicht lösen ließ. Henry zählte bis drei, öffnete den Karton und schaute hinein.
    Was er sah, war unerwartet, aber es überraschte ihn nicht sonderlich. Nachdem er die Todesnachricht erhalten hatte, war er darauf gefasst gewesen, weiter in das Verbrechen mit hineingezogen zu werden. Und das schien nun der Fall zu sein. Was es mit dem Gegenstand im Karton auf sich hatte, war ihm nicht klar, wohl aber das, was damit bezweckt werden sollte.
    Henry wurde gezwungen, an einem irrsinnigen Spiel teilzunehmen, das sich ein Irrsinniger ausgedacht hatte.
     
    «Der Katze wurde der Hals umgedreht. Wahrscheinlich schon am Tag vor dem Mord an Winnick.»
    Die Art und Weise, in der Rudy Taylor seine Erkenntnisse vortrug – stocksteif, seine Aufzeichnungen dicht vor der Nase –, erinnerte Kat an einen nervösen Schuljungen, der vor der Klasse ein Referat zu halten hatte. Obwohl er so aussah, war Rudy aber ganz und gar kein Schuljunge. Und ein Referat wäre ausführlicher gewesen. Bislang hatte Kat nur schlechte Nachrichten gehört. Keine Abdrücke. Keine DNA . Kein Verdächtiger.
    «Sie wurde am Bauch aufgeschlitzt, mit Sägemehl ausgestopft und zurück in die Scheune gebracht, wo Mr.Winnick sie wahrscheinlich gefunden hat, ehe er selbst verschleppt wurde.»
    «Ist das deine Theorie?», fragte Nick Donnelly. «Dass die

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