Das Schweigen der Tukane
erhalten.
«Möchtest du den Artikel in Ruhe lesen?», riss ihn Monika aus seinen Gedanken.
«Nein, nein! Schon gut.»
«Ich wollte dir nämlich auch gerade davon erzählen. Olivia veranstaltet einen Promilauf mit anschliessendem Bankett, und alles für einen guten Zweck. Sie hat mich gefragt, ob ich ihr bei der Organisation helfe.»
«Und?»
«Ich habe zugesagt, schliesslich ist es eine gute Idee.»
«Das bedeutet, dass Marco an dem Lauf teilnimmt und sicher auch am Bankett.»
«Vermutlich. Du musst dir übrigens keine Ausrede ausdenken. Ich habe Olivia bereits gesagt, dass du solche Events hasst.»
«Also bitte, man kann ja auch einmal eine Ausnahme machen. Es ist ja ein karitativer Anlass und meine Frau sitzt im Organisationskomitee. Da muss ich doch mitkommen.»
«So, so.»
«Was ist denn jetzt schon wieder? Ich möchte dir nur eine Freude machen.»
«Ja, natürlich. In Tat und Wahrheit geht dir der Wohltätigkeitsball am Arsch vorbei. Du kommst nur mit, weil du neben Marco sitzen willst.»
«Also bitte …»
«Gibs doch wenigstens zu. Männer! Das interessiert dich», sie schleuderte ihm die Zeitung vor die Füsse, «aber wie es mir bei diesem Drecksack von Autohändler ergangen ist, ist dir schnuppe.»
«Du warst bei dem Occasionhändler?»
Ferrari füllte nochmals die Gläser.
«Schön, dass du danach fragst. Was grinst du so saudumm? Ich fand es ganz und gar nicht lustig. Der verdammte Kriecher liess uns schön auflaufen. Ich bin gar nicht zum Argumentieren gekommen. Er zeigte mir den Vertrag, in lächelndem, zuvorkommendem Ton, als ob er sich mit einer Siebenjährigen unterhalten würde. Es sieht nicht gut aus für Boris. Im Vertrag, er kopierte ihn mir sogar …», sie rannte ins Wohnzimmer und klatschte Ferrari das dreiseitige Papier auf den Tisch, «steht klipp und klar, dass der Käufer den Wagen so übernimmt, wie er dasteht. Die exakte Formulierung heisst: Wie gesehen. Selbstverständlich ohne Garantie!»
Ferrari las die Zeilen durch.
«Ein Standardvertrag. Der ist meiner Meinung nach in Ordnung.»
«Das meint Walter auch. Er sei sogar niet und nagelfest.»
«Wie gehts unserem Anwalt?»
«Gut. Olga ist wieder schwanger. Sie können bald eine kleine Fussballmannschaft aufstellen.»
«Schon wieder ein Junge?»
«Ja, dabei wünschen sie sich ein Mädchen. Er meint, das komme schon noch. Sie müssten nur noch ein wenig üben.»
«Na dann, viel Spass dabei. Wenn Walter findet, dass der Vertrag in Ordnung ist, dann ist er es auch.»
«Und deine Spezis spielten dabei eine traurige Rolle. Von wegen die Unbestechlichen!»
«Du meinst die Leute von der MFK?»
«Exakt. Die wussten genau, dass das Auto ein Schrotthaufen ist. Aber wen interessiert das schon. Das Arschloch in Kleinhüningen zog ja nur einen Ausländer über den Tisch, der sich nicht wehren kann.»
«Jetzt komm aber wieder runter, Monika. Erstens kann niemand etwas dafür, wenn Boris dumm genug ist, sich ohne fachlichen Rat eine Rostlaube andrehen zu lassen.»
«Und zweitens?»
«Zweitens zu meinen Kollegen, ach was, es sind nicht einmal meine Kollegen, auf jeden Fall lege ich die Hand dafür ins Feuer, dass die kein fahruntaugliches Auto durch die Prüfung lassen.»
«Verbrenn dich nur nicht dabei. Und drittens?»
«Es gibt kein drittens.»
Monika erhob sich abrupt und verschwand im Schlafzimmer. Was war das? Dem Kommissär schwante nichts Gutes.
«So, hier kommt drittens. Du kannst auf dem Sofa schlafen. Schnarch hier draussen vor dich hin. Du bist genau gleich wie dieser Schrotthändler und deine sauberen Kollegen. Immer feste draufhauen auf den kleinen Mann.»
«Aber …»
Monika schlug die Schlafzimmertür hinter sich zu. Na bravo, ausgelagert! Ferrari gab seiner Decke und dem Kissen einen Tritt. Und alles, weil sie mit diesem Idioten in Kleinhüningen nicht klargekommen ist. Und wer badet es aus? Francesco Ferrari höchstpersönlich! Zumindest hat sie mir den Pyjama noch hingeworfen. Das wird eine Nacht! Unruhig wälzte sich der Kommissär zwei Stunden auf dem Sofa herum. Das Genick tat ihm bereits entsetzlich weh und fast wäre er auf den Klubtisch gestürzt. Jetzt habe ich aber genug! Leise schlich er sich mit seiner Decke und dem Kissen ins Schlafzimmer und legte sich vorsichtig neben Monika ins Bett. Geschafft! Die Frau Apothekerin schläft tief und fest und schnarcht!
9. Kapitel
Ferrari sass am Schreibtisch und massierte sich den Nacken. Die halbe Nacht auf dem Sofa ist mir gar nicht bekommen. Immerhin
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