Das Schweigen der Tukane
warum du das mit dem Mord und dem Verschwinden von Nora, Julie und Thuri in Zusammenhang bringst.»
«Am Mittwochmorgen wollte Thuri mit mir reden. Aber weil Nadine dabei war, traute er sich nicht. Er weiss ja, dass sie ihn wegen seiner Beziehung zu Nora ablehnt. Ich bin sicher, dass der Fall längst aufgeklärt wäre, hätte ich nur in Ruhe mit ihm sprechen können. Aber sie weiss immer alles besser. Sie macht ja keine Fehler.»
Nadine rannte hinaus.
«Das ist jetzt aber nicht dein Ernst?!»
«Vollkommen! Sie ist schuld am ganzen Drama. Sie verspottete Thuri, lachte ihn aus und wollte, dass er Nora verlässt. Vielleicht …»
«Wenn du mir jetzt noch sagst, dass Nadine in Thuri verliebt ist, wäre das die Krönung des absoluten Stumpfsinns.»
«Möglich wäre es», antwortete Noldi trotzig.
Ferrari klopfte mit dem Kugelschreiber heftig auf die Tischplatte. Beziehungskiste im Dienst! Nicht unbedingt das, was wir jetzt brauchen. Noldi glaubt tatsächlich den Mist, den er rauslässt. Das wird ein hartes Stück Arbeit, bis die sich wieder vertragen.
«Du … dass du auf Nadines Seite bist, ist ja sonnenklar.»
«Ach ja?»
«Die wickelt dich doch um den kleinen Finger. Wenn nur die Hälfte von dem stimmt …» Noldi hielt inne.
«Nur die Hälfte von was?»
«Nichts … ich sag jetzt nichts mehr. Kann ich gehen?»
«Sicher. Es hält dich niemand auf.»
«Es … Francesco …»
«Danke für deinen Bericht, Noldi. Du hast wie immer ausgezeichnete Arbeit geleistet. Ist noch etwas?»
«Nein … es ist schon gut.»
Noldi schlich wie ein geschlagener Hund davon. Das halbe Kommissariat, nein das ganze lästert demnach über Nadine und mich. Natürlich hinter vorgehaltener Hand, wie es sich gehört.
«Darf ich?»
«Sie fehlen mir gerade noch, Herr Staatsanwalt.»
«Oh, schlecht gelaunt an einem solch schönen Morgen? Schauen Sie nach draussen, Ferrari. Der Frühling ist da. Spüren Sie diese Kraft, diese unbändige Energie? Die Blumen blühen, die Bäume spriessen. Das ist die reinste Poesie. Öffnen Sie Ihr Herz und nehmen Sie die positive Energie in sich auf. Geniessen Sie den Frühling. Sie sollten zu mir hinüberkommen. Ein einziges Blütenmeer. Die Natur ist aus dem Winterschlaf erwacht.»
«Schön für die Natur!»
«Oho! Sorgen?»
«Im Kommissariat kursieren Gerüchte über Nadine und mich.»
«Ach, das! Und, stimmt es?»
«Ich muss doch sehr bitten, Herr Staatsanwalt!»
«War nur eine Frage. Gegen die Gerüchteküche kommen nicht einmal Sie an, mein Lieber. Da müssen Sie durch. Und ehrlich gesagt, so ganz unschuldig sind Sie ja auch nicht. Wieso hängen Sie andauernd wie Kletten zusammen und lassen niemanden dazwischen? Bildlich gesprochen, nur bildlich gesprochen! Wenn ich da an die Geschichte damals im Grossen Saal der Mustermesse denke. Da ist Frau Kupfer wie eine Furie, was heisst wie eine Furie, wie der Teufel in Person, über mich hergefallen. Seither mache ich mir schon auch ab und zu meine Gedanken, ob zwischen Ihnen mehr als nur ein kollegiales Verhältnis besteht … Nun, da dies nun geklärt ist, gehen wir zum Tagesgeschäft über. Gibt es Neuigkeiten im Fall Grauwiler? Ich muss unserem Regierungsrat einen Knochen vorwerfen, damit er Ruhe gibt.»
«Wir sind noch nicht weiter als gestern Abend, obwohl jetzt schon neun Uhr ist.»
«Na, na, nur nicht so schnippisch, Ferrari! Ich kann auch nichts für die Gerüchteküche. Diese Suppe haben Sie sich selbst eingebrockt. In dem Fall werde ich Schneider einfach sagen, dass Sie eine heisse Spur verfolgen. Heisse Spur ist immer gut! Ah, da ist ja auch unsere Frau Kupfer … dann will ich nicht länger stören.»
Nadine hatte geweint.
«Ich will in diesem Fall nicht mehr weiter ermitteln, Francesco. Nimm Stephan dazu und ich übernehme seinen Job für diese Zeit.»
«Kommt nicht infrage.» Ferrari nahm seine Assistentin in den Arm. «Wir sind ein Team, basta! Das stehen wir gemeinsam durch. Noldi ist total verblendet.»
«Es ist nicht nur Noldi. Die anderen zeigen auch mit dem Finger auf mich.»
«Blödsinn! Das bildest du dir nur ein.»
«Sie tuscheln hinter meinem Rücken.»
«Hinter unseren Rücken, Nadine. Es geht nicht nur um den Fall. Sie denken, dass wir mehr als nur ein Team sind. Sogar unser Herr Staatsanwalt beteiligt sich an der Gerüchteküche.»
Nadine erholte sich langsam und setzte sich auf Ferraris Stuhl.
«Noldi … das geht mir voll unter die Haut. Das andere Gerede ist mir egal. Ist ja nichts Neues. Aber Noldi …
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