Das Schweigen des Glücks
so.«
Daddy.
Hast du eigentlich vor, diese wunderbare Frau zu
heiraten oder was?
Während Taylor sein Bier trank, gingen ihm diese Worte im Kopf herum.
»He, warum so trübsinnig?«, fragte Mitch und kippte die Reste vom Tisch in einen Müllsack.
Taylor zuckte die Schultern.
»Ich denke nach. Mehr nicht.«
»Worüber?«
»Arbeit. Ich überlege gerade, was ich morgen alles tun muss«, sagte Taylor, was aber nur die halbe Wahrheit war. »Seit ich so viel Zeit mit Denise verbringe, habe ich mein Geschäft vernachlässigt. Ich muss mich wieder mehr drum kümmern.«
»Bist du nicht jeden Tag zur Arbeit gegangen?«
»Doch, aber ich bin nicht immer den ganzen Tag geblieben. Du weißt, wie es ist. Wenn man das lange genug so macht, treten plötzlich kleine Probleme auf.«
»Kann ich irgendwie helfen? Nachsehen, ob deine Bestellungen laufen, oder so?«
Taylor bestellte meistens über den Eisenwarenhandel, der dem Vater von Mitch gehörte.
»Nein, das bringt es nicht, ich muss einfach für Ordnung sorgen. Eine Sache habe ich inzwischen gelernt: Wenn was schief geht, dann gründlich.«
Mitch hielt inne, als er einen Pappbecher in den Beutel tun wollte; es kam ihm vor wie ein Déjàvu-Erlebnis. Das letzte Mal, als Taylor das gesagt hatte, war er mit Lori zusammen.
Eine halbe Stunde später fuhren Taylor und Denise nach Hause, Kyle saß zwischen ihnen – so hatten sie es schon unzählige Male gemacht. Aber zum ersten Mal war eine Spannung zu spüren, für die es keinen Grund gab, den sie leicht hätten erklären können. Aber sie bestand und schaffte ein Schweigen zwischen ihnen, so dass Kyle in der Stille schon eingeschlafen war.
Für Denise war das Gefühl befremdlich. Sie dachte an all die Dinge, die Melissa erzählt hatte. Die Sätze sausten ihr durch den Kopf, als würden die Bälle in einer PinballMaschine verrückt spielen. Sie hatte kein Bedürfnis zu sprechen und Taylor ging es ebenso. Er war seltsam distanziert gewesen und das verstärkte ihre Gefühle noch. Was als fröhlicher Abend mit Freunden begann, hatte plötzlich eine besondere Bedeutung bekommen.
Gut, Taylor hätte sich beinahe verschluckt, als Melissa fragte, ob Heirat im Gespräch sei. Das hätte jeden überrascht, besonders so, wie Melissa es rausposaunt hatte, oder etwa nicht? Auf der Fahrt versuchte sie sich davon zu überzeugen und je mehr sie darüber nachdachte, desto unsicherer wurde sie. Drei Monate ist keine lange Zeit, wenn man jung ist. Aber sie waren keine Teenager. Sie war fast dreißig und Taylor war sechs Jahre älter als sie. Sie hatten schon genug Gelegenheit gehabt, erwachsen zu werden und herauszufinden, wer sie waren und was sie vom Leben wollten. Wenn ihm eine gemeinsame Zukunft weniger wichtig war, als sein Verhalten vermuten ließ, warum hatte er sie dann so heftig umworben?
Gerade war alles noch in bester in Ordnung und im nächsten Moment war alles vorbei. Verstanden habe ich das nie.
Das war auch etwas, das sie beunruhigte. Wenn Melissa nicht verstand, warum Taylors frühere Beziehungen in die Brüche gegangen waren, verstand Mitch es wahrscheinlich ebenfalls nicht. Hieß das, Taylor verstand es auch nicht?
Und wenn das so war, würde es ihr dann wie den anderen Frauen gehen?
Denise spürte, wie sich in ihrem Magen ein Knoten bildete, und sie sah Taylor verunsichert an. Aus dem Augenwinkel bemerkte Taylor ihren Blick und wandte ihr das Gesicht zu; anscheinend hatte er keine Ahnung, was ihr durch den Kopf ging. Draußen glitten die Bäume wie zu einem schwarzen Klumpen zusammengepresst vorbei.
»Hat dir der Abend gefallen?«
»Ja«, sagte Denise leise. »Ich mochte deine Freunde.«
»Und wie hast du dich mit Melissa verstanden?«
»Sehr gut.«
»Du hast wahrscheinlich gemerkt, dass sie immer sagt, was ihr gerade durch den Kopf geht, und wenn es noch so lächerlich ist. Manchmal darf man sie einfach nicht so ernst nehmen.«
Diese Erläuterung beruhigte sie keineswegs. Kyle murmelte etwas vor sich hin, als er sich bewegte und auf seinem Sitz tiefer rutschte. Denise fragte sich, warum plötzlich die Dinge, die Taylor nicht gesagt hatte, wichtiger schienen als die, die er gesagt hatte.
Wer bist du, Taylor McAden?
Wie gut kenne ich dich wirklich?
Und, was am wichtigsten ist – wie geht es jetzt weiter?
Sie wusste, dass er keine dieser Fragen beantworten würde. Stattdessen atmete sie tief ein und bemühte sich, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen.
»Taylor – warum hast du mir nie von deinem Vater
Weitere Kostenlose Bücher