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Das Schweigen des Glücks

Das Schweigen des Glücks

Titel: Das Schweigen des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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beobachteten sie Kyle und schwiegen. Judy schien weder überrascht noch schockiert über die Enthüllung, ihre Miene drückte auch keine Verurteilung aus. Denise räusperte sich.
    »Nach Kyles Geburt habe ich mich von der Schule, an der ich Lehrerin war, beurlauben lassen. Meine Mutter war gestorben und ich wollte das erste Jahr oder so bei meinem Kind verbringen. Aber nachdem das alles angefangen hatte, konnte ich nicht wieder in den Beruf gehen. Ich war ständig unterwegs mit ihm, bei Ärzten und zu irgendwelchen Tests und Therapeuten, bis ich endlich ein Therapieprogramm gefunden habe, das ich mit ihm zu Hause machen kann. Während dieser Phase hatte ich nicht die Zeit für eine Ganztagsstelle. Die Arbeit mit Kyle nimmt den ganzen Tag in Anspruch. Ich hatte dieses Haus geerbt und konnte es nicht verkaufen und am Schluss war einfach kein Geld mehr da.«
    Sie warf Judy einen resignierten Blick zu.
    »Also lautet die knappe Antwort auf deine Frage, dass ich hierher kommen musste, um mit Kyle arbeiten zu können.«
    Als Denise aufgehört hatte, blickte Judy einen Moment lang vor sich hin und tätschelte ihr dann wieder das Knie. »Verzeih die Ausdrucksweise, aber du bist eine verdammt bewundernswerte Mutter. Nicht viele Menschen würden diese Opfer bringen.«
    Denise sah zu, wie ihr Sohn auf dem Erdboden spielte. »Ich möchte einfach nur, dass es besser wird mit ihm.«
    »Nach dem, was du erzählst, klingt es, als wäre es schon besser geworden.«
    Sie ließ das erst mal wirken, bevor sie sich zurücklehnte und fortfuhr: »Weißt du, ich habe Kyle immer gesehen, wenn ihr in der Bibliothek im Computerraum wart, und es ist mir nie eingefallen, dass er irgendwelche Probleme haben könnte. Er kam mir vor wie jeder andere kleine Junge, nur dass er sich wahrscheinlich besser aufführte.«
    »Aber er hat immer noch Schwierigkeiten beim Sprechen… «
    »Die hatten Einstein und Teller auch und sie sind die größten Physiker unserer Zeit gewesen.«
    »Woher weißt du, dass sie Sprechprobleme hatten?«
    Denise waren die Fakten bekannt (sie hatte fast alles zu dem Thema gelesen), aber sie war überrascht – und beeindruckt –, dass Judy auch im Bilde war.
    »Oh, du würdest dich wundern, wenn du wüsstest, wie viele überflüssige Informationen ich im Laufe der Jahre angehäuft habe. Ich bin wie ein Staubsauger in diesen Dingen, keine Ahnung, warum.«
    »Du solltest in ›Jeopardy‹ auftreten.«
    »Das würde ich gern tun, aber dieser Alex Trebek ist so süß, dass ich wahrscheinlich alles vergessen würde, wenn er nur hallo sagt. Ich würde ihn die ganze Zeit anstarren und überlegen, wie ich es anstellen könnte, dass er mich küsst. Wie Richard Dawson in ›Family Feud‹!«
    »Was würde dein Mann denken, wenn er dich gerade gehört hätte?«
    »Ich glaube, es würde ihm nichts ausmachen.«
    Sie klang jetzt wieder ernster. »Er ist schon vor langer Zeit gestorben.«
    »Das tut mir Leid«, sagte Denise. »Das wusste ich nicht.«
    »Das macht nichts.«
    In dem plötzlich eingetretenen Schweigen spielte Denise unruhig mit ihren Fingern.
    »Und… du hast nie wieder geheiratet?«
    Judy schüttelte den Kopf. »Nein, irgendwie hatte ich gar keine Zeit, jemanden kennen zu lernen. Taylor hat mich voll in Anspruch genommen – ich hatte alle Mühe, mit ihm Schritt zu halten.«
    »O Mann, das kommt mir so bekannt vor. Manchmal habe ich das Gefühl, ich arbeite den ganzen Tag – entweder mit Kyle oder im Diner.«
    »Du arbeitest im Eights? Bei Ray Toler?«
    »Ja. Ich habe dort angefangen, gleich nachdem wir hierher gezogen sind.«
    »Hat er dir von seinen Kindern erzählt?«
    »Nur ungefähr jeden zweiten Tag«, sagte Denise.
    Von da an plauderten sie unbefangen über die Arbeit im Diner und die endlosen Projekte, mit denen Judy ihre Zeit füllte. Denise hatte schon lange keine Gelegenheit mehr gehabt, sich ganz in Ruhe und entspannt mit jemandem zu unterhalten und sie fand es überraschend besänftigend. Eine halbe Stunde später hatte Kyle genug von seinen Lastautos. Er räumte sie (ohne darum gebeten zu werden, konnte Judy nicht umhin zu bemerken) unter den Vorsprung der Veranda und kam dann zu seiner Mutter. Sein Gesicht war rot von der Hitze, seine Ponyfransen klebten ihm an der Stirn. »Wil Nuln Soß, ja?«
    »Nudeln mit Soße?«
    »Ja.«
    »Sicher, mein Süßer. Ich mach dir welche.«
    Denise und Judy standen auf und gingen in die Küche, Kyle hinterließ eine Staubspur auf dem Boden. Er setzte sich an den Tisch und Denise

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