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Das Schweigen des Glücks

Das Schweigen des Glücks

Titel: Das Schweigen des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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damit zu tun, dass sie weggezogen ist. Ich habe lange gebraucht, bis ich verstanden habe, dass Entfernung auch die besten Absichten zunichte machen kann.«
    »Das finde ich traurig… «
    »Eigentlich ist es nicht traurig. Es kommt drauf an, wie man es betrachtet. Für mich… na ja, es ist eine Bereicherung, die man sonst nicht hätte. Die Menschen kommen und gehen – sie treten in dein Leben und verlassen es wieder, fast wie Gestalten in einem schönen Buch. Wenn du das Buch zuklappst, haben die Gestalten ihre Geschichte erzählt und du fängst ein neues Buch an, mit neuen Gestalten und neuen Abenteuern. Und dann konzentriert man sich auf die neuen, nicht auf die alten aus der Vergangenheit.«
    Denise überlegte einen Moment, wie sie antworten sollte, und dachte an die Freunde, die sie in Atlanta zurückgelassen hatte.
    »Eine ziemlich philosophische Einstellung«, sagte sie dann.
    »Ich bin alt. Was hast du erwartet?«
    Denise stellte das Glas auf den Tisch.
    »Du hast also nie wieder mit ihr gesprochen, nachdem sie weggezogen ist?«
    »Nein, so war das nicht – wir haben ein paar Jahre lang Kontakt gehabt, aber damals war deine Mutter verliebt, und wenn eine Frau verliebt ist, dann denkt sie nur daran. Deswegen hat sie Edenton ja auch verlassen. Ein junger Mann – Michael Cunningham. Hat sie dir mal von ihm erzählt?«
    Denise schüttelte fasziniert den Kopf.
    »Das wundert mich nicht. Michael war einer von der bösen Sorte, die man nicht unbedingt länger als nötig in Erinnerung behalten möchte. Er hatte nicht gerade einen makellosen Ruf – du weißt, was ich meine –, aber viele Mädchen fanden ihn attraktiv. Wahrscheinlich war er für sie aufregend und gefährlich. Immer dasselbe, heute auch noch. Na, deine Mutter ist ihm nach Atlanta gefolgt, kaum dass sie mit der Schule fertig war.«
    »Aber sie hat mir gesagt, sie sei nach Atlanta gezogen, um aufs College zu gehen… «
    »Oh, das hatte sie vielleicht auch irgendwo im Hinterkopf vor, aber der eigentliche Grund war Michael. Irgendwie stand sie unter seinem Einfluss, das war klar. Er war auch der Grund, warum sie nie zu Besuch nach Edenton kam.«
    »Wieso das?«
    »Na, ihre Eltern – deine Großeltern – konnten ihr nicht verzeihen, dass sie einfach so abgehauen war. Sie hatten Michael durchschaut und sagten, wenn sie nicht sofort wieder nach Hause käme, wollten sie sie nicht mehr sehen. Sie waren alte Schule, störrisch bis zum Letzten, und deine Mom war genauso. Es war, als würden sich ein paar Bullen gegenüberstehen, und jeder wartete darauf, dass der andere nachgab. Aber das hat keiner von ihnen getan, auch nicht, als es mit Michael vorbei war und jemand anders an seine Stelle trat.«
    »War das mein Vater?«
    Judy schüttelte den Kopf. »Nein… ein anderer – dein Vater trat erst in Erscheinung, als mein Kontakt zu ihr abgebrochen war.«
    »Du hast ihn also nicht gekannt?«
    »Nein, aber ich erinnere mich, dass deine Großeltern zu der Hochzeit fuhren und ich ein bisschen verletzt war, weil deine Mutter mir keine Einladung geschickt hatte. Allerdings hätte ich auch nicht fahren können. Ich war verheiratet und wie viele junge Paare hatten wir nicht viel Geld und dann war da das Baby – na, ich hätte es nicht geschafft zu fahren.«
    »Schade eigentlich.«
    Judy stellte ihr Glas auf den Tisch. »Nicht so sehr. Es ging ja nicht um dich und in gewisser Weise ging es auch nicht mehr um deine Mutter – nicht um die Person, die ich gekannt hatte. Dein Vater kam aus einer sehr angesehenen Familie in Atlanta und zu dem Zeitpunkt war deiner Mutter ihre Herkunft etwas peinlich. Deinem Vater hat es offensichtlich nichts ausgemacht, denn er hat sie ja geheiratet. Aber ich erinnere mich, dass deine Großeltern nicht viel erzählten, als sie von der Hochzeit kamen. Ich glaube, ihnen war es auch ein wenig peinlich, obwohl das Unsinn ist. Sie waren wunderbare Menschen, aber ich glaube, sie wussten, dass sie keinen Platz in der Welt ihrer Tochter hatten, auch nachdem dein Vater gestorben war.«
    »Das ist ja schrecklich… «
    »Es ist traurig, aber wie schon gesagt, es ging ja von beiden Seiten aus. Deine Großeltern waren störrisch und deine Mutter war auch störrisch. Und im Laufe der Zeit haben sie sich immer mehr voneinander entfernt.«
    »Ich wusste, dass Mom nicht viel mit ihren Eltern zu tun hatte, aber davon hat sie mir nie erzählt.«
    »Nein, das hätte ich auch nicht erwartet. Aber denk bitte nicht schlecht von deiner Mutter. Das tue ich

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