Das Schweigen des Glücks
so dass er gleich nach dem Essen einschlief. Taylor und Denise unterhielten sich in der Küche fast bis Mitternacht. Auf dem Treppenabsatz küssten sie sich wieder und Taylor legte seinen Arm um sie.
Ein paar Tage später lieh Taylor Denise seinen Truck, damit sie ein paar Besorgungen in der Stadt machen konnte. Als sie zurückkam, hatte er die schief hängenden Türen an ihren Küchenschränken begradigt. »Ich hoffe, du hast nichts dagegen«, sagte er und wusste nicht, ob er eine unsichtbare Linie überschritten hatte. »Gar nicht«, rief sie begeistert und klatschte in die Hände, »aber kannst du auch was gegen den tropfenden Wasserhahn tun?« Eine halbe Stunde später war auch das in Ordnung gebracht.
In den stillen Momenten war Taylor immer wieder von ihrer schlichten Schönheit und ihrer Anmut fasziniert. Aber es gab auch Momente, da konnte er in ihren Zügen erkennen, welche Opfer sie für ihren Sohn gebracht hatte. Es war ein Ausdruck von Erschöpfung, wie bei einem Krieger nach einer langen Schlacht; das nötigte ihm Bewunderung ab, die er nicht in Worte fassen konnte. Sie kam ihm vor wie eine der Letzten einer langsam verschwindenden Spezies – im Gegensatz zu denjenigen, die immer hinter etwas herjagten, sich hetzten und keine Ruhe fanden bei der Suche nach persönlicher Erfüllung und Selbstachtung. Es gab so viele Menschen heutzutage, die glaubten, dass nur der Beruf ihnen Erfüllung bringen konnte und nicht das Leben mit Kindern und dass Kinder zu bekommen nichts damit zu tun hatte, sie auch aufzuziehen. Als er ihr gegenüber diese Gedanken äußerte, sah sie aus dem Fenster und sagte nur: »Früher habe ich das auch geglaubt.«
Am Mittwoch der Woche darauf lud Taylor Denise und Kyle zu sich nach Hause ein. In gewisser Weise ähnelte sein Haus dem, in dem Denise wohnte, es war aber älter und stand auf einem großen Stück Land. Es war über die Jahre umgebaut und renoviert worden, sowohl von den Vorbesitzern als auch von Taylor. Kyle fand großen Gefallen an dem Werkzeugschuppen hinter dem Haus und zeigte auf den »Trecker«, der in Wirklichkeit ein Rasenmäher war. Taylor fuhr mit ihm eine Runde durch den Garten, ohne das Schneidmesser anzustellen, und Kyle strahlte wie damals in Taylors Truck, als er den Rasenmäher im Zickzackkurs durch den Garten lenkte.
Als Denise die beiden zusammen beobachtete, wurde ihr klar, dass ihr anfänglicher Eindruck nicht ganz richtig war: Taylor war nicht regelrecht schüchtern, aber er hielt bestimmte Dinge zurück. Obwohl sie über seine Arbeit und seine Einsätze bei der freiwilligen Feuerwehr sprachen, war er merkwürdig schweigsam, was seinen Vater anging, und kam nach dem ersten Gespräch nie mehr auf ihn zu sprechen. Auch über die Frauen, die er früher gekannt hatte, sagte er nichts, auch nicht nebenbei. Es war zwar nicht von Bedeutung, aber sie wunderte sich doch über sein ausgeprägtes Schweigen.
Trotzdem musste sie sich eingestehen, dass sie eine Anziehung spürte. Er war in ihr Leben gestolpert, als sie am wenigsten damit gerechnet hatte, und dazu auf völlig ungewöhnliche Weise. Schon jetzt war er mehr als ein Freund. Und als sie nachts unter ihrer Decke lag und der Ventilator im Hintergrund ratterte, hoffte sie und betete sie plötzlich, dass alles Wirklichkeit sein möge.
»Wie lange noch?«, fragte Denise.
Taylor hatte sie mit einer altmodischen Eismaschine überrascht, einschließlich aller Zutaten. Er drehte die Kurbel und der Schweiß lief ihm über das Gesicht, während die Sahne sich im Kreise drehte und langsam dicker wurde.
»Fünf Minuten, vielleicht zehn. Warum, hast du Hunger?«
»Ich hab noch nie selbst gemachtes Eis gegessen.«
»Möchtest du dich an der Herstellung beteiligen? Du kannst weitermachen, wenn du willst… «
Sie wehrte mit den Händen ab. »Nein, ist schon gut. Es macht mehr Spaß, dir zuzugucken.«
Taylor nickte, als wäre er enttäuscht, dann mimte er den Leidenden und tat so, als müsse er schwer kämpfen. Sie lachte leise. Taylor wischte sich mit dem Handrücken die Stirn ab.
»Hast du Sonntagabend etwas vor?«
Sie hatte gewusst, dass er fragen würde. »Nein, eigentlich nicht.«
»Hast du Lust, essen zu gehen?«
Denise zuckte mit den Schultern. »Gern. Aber du weißt, wie das mit Kyle ist. Die meisten Sachen isst er nicht.«
Taylor schluckte und drehte unermüdlich weiter. Er sah sie an.
»Ich meine, könnten wir zwei allein gehen? Ohne Kyle diesmal? Meine Mom sagt, sie würde kommen und auf ihn
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